Die Kirche als Klimaschützer? Das klingt auf den ersten Blick absurd – auf den zweiten erscheint die Kirche prädestiniert dafür: Ein global Player, mit einem milliardenstarken Netzwerk engagierter Menschen jeder Profession. Innerhalb der Jugendaktion Klima fairwandeln des Bundes der Deutschen katholischen Jugend BDKJ werden Wissenschaftler des Fraunhofer IAO gemeinsam mit Jugendlich aktiv.

Teilnehmer des Workshops

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart organisierte dazu einen dreitägigen Workshop zu den Themen Klimawandel und Energie. Junge Erwachsene beschäftigten sich darin interaktiv mit Fragestellungen zu aktuellen Herausforderungen aber auch dem Potenzial, das Städte heute weltweit im Bereich Klimaschutz bieten und wie welche Komponenten eine klimaneutrale Stadt der Zukunft beinhalten könnte. Auf diesem Gebiet sind nicht nur Wissenschaftler Experten, sondern auch die Jugendlichen selbst. Sie alle bringen Perspektiven unterschiedlicher Kulturkreise ein – durch Freiwilligenarbeit in Argentinien, Mexico, Uganda, Indien, der Zentralafrikanischen Republik, Brasilien oder Paraguay.

Grenzenlos denken: Lösungen für die Städte der Zukunft
Die intensive Diskussion vieler Fallbeispiele rund um den Globus zeigte schnell: Weltweit ähneln sich die Probleme und Lösungsansätze für die immer schneller wachsenden Städte:

  • Städte kämpfen weltweit mit ähnlichen Problemen, auch wenn sie sich kulturell und bezüglich ihrer Lage stark unterscheiden
  • Alle Stadtsysteme müssen integriert betrachtet werden, wenn man die durch den Klimawandel verursachten Probleme lösen will.

Energiesparende Gebäude, energiesparendes Verhalten, Verkehr, die optimal an die jeweilige Klimazone angepasste Infrastruktur ist und die Verfügbarkeit von Ressourcen sind die Schrittmacher für urbanen Klimaschutz. Hinzu kommen der Umgang mit Müll und der Zugang zu Elektrizität/Mobilität in Entwicklungsländern. Reichtum macht Umweltschutz erst möglich, verleitet aber auch zu Ressourcen-Verschwendung.

Aber nicht nur die »hard facts« einer Stadt wie Gebäude und Infrastruktur sind vom Klimawandel betroffen. Er durchzieht alle gesellschaftlichen Facetten. Gerade die Armen sind zuerst von den Folgen des Klimawandels (Klimakatastrophen, Krankheiten durch Schadstoffe etc.) betroffen. Schnell wurde die soziale Komponente von Städten allgemein diskutiert. Städte bieten viele Vorteile gegenüber dem Land, so zum Beispiel im Bereich Mobilität oder kulturellen Angeboten, bergen aber auch viele Probleme, wie Einsamkeit, Anonymisierung und soziale Segregation.

Neue Mobilität: vom Elefant bis zum Porsche und weiter zum Elektroauto
Mobilität ist eines der zentralen Themen des Klimawandels. Während in Europa das Auto dominiert, sieht man in Entwicklungsländern eine größere Vielfalt an Verkehrsmitteln auf den Straßen – »vom Elefant bis zum Porsche« sei alles dabei, so die Erfahrung eines Workshop-Teilnehmers aus Indien. Was aber die Straßen der Städte aller Welt eint, ist das zunehmende Verkehrschaos, weil die städtische Infrastruktur mit der wachsenden Bevölkerung und der Zunahme des motorisierten Individualverkehrs nicht mehr Schritt halten kann.

Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist der Fuß- und Radverkehr sowie ÖPNV. Umweltfreundliche Individualmobilität kann über Elektroautos, auch in Kombination mit shared mobility Konzepten abgedeckt werden. In Kombination mit regenerativen Energiequellen (und die sind ein Muss!) kann Elektromobilität einen wichtigen Beitrag im Geflecht städtischer Systeme leisten. Eine anschließende Testfahrt mit den Mitsubushi i-Mievs des Fraunhofer IAO machte schnell klar, dass Elektrofahrzeuge keine »Spaßbremse fürs Autofahren« sind. Die Jugendlichen waren überrascht, wie leise, aber auch wie schnell Elektrofahrzeuge sein können.

Mitentwickeln statt Vorsetzen: Innovieren mit Jugendlichen
Für mich als Wissenschaftlerin war eines der spannendsten Ergebnisse dieses Workshops, mit wie viel Kreativität die Jugendlichen mit ihrem vielfältigen kulturellen Kontext interessante Ansätze für die Neuorganisation des globalen Stadtverkehrs erarbeiteten. In der Gruppenarbeit entstanden die unterschiedlichsten Ideen – von der Neuordnung des Zusammenlebens unter ethischen Gesichtspunkten bis hin zur Forderung nach mehr regionaler Versorgung. Beeindruckend waren die vielen Vorschläge nach der Devise »ÖPNV muss Spaß machen«: Konzepte von Stadtrutschen über ein Seilbahnnetz bis hin zu Sesselliften, an deren Endstation man bequem auf Leihfahrräder umsteigen kann, wurden von den Teilnehmern entwickelt. Sogar ein Prototyp der »Siedlung 21« entstand, in dem unterirdische Pumpspeicherkraftwerke und ein intelligentes Verteilersystem die Landschaft so wenig wie möglich beeinträchtigen.

Jugendliche interessieren sich für Zukunftsthemen, wenn man sie abholt und mitnimmt auf den spannenden Weg der Technologien und Entwicklungen von morgen. Nach den Erfahrungen dieses Workshops werden wir die Kreativität und unkonventionelle Denke der potenziellen »Entscheider von morgen« weiter unterstützen und gerne einbeziehen.

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