Freude am Fahren ist ja das Hauptkriterium für die Anschaffung eines Neuwagens, zumindest wenn man dem ein oder anderen Werbeversprechen glauben mag. Fakt sind jedoch auch stundenlanges Stop and Go, eintönige Autobahnfahrten und knapp bemessene Parklücken. Weniger nervenaufreibend ist es meist nur als Beifahrer eines ortskundigen Chauffeurs. Wer würde sich solch einen Chauffeur nicht leisten wollen, wenn Geld genug da wäre?
Doch bedeutet gefahren zu werden weniger Freude am Fahren? Was macht eigentlich Freude am Fahren aus? Beschleunigung, Kurvenhaftung, ein Gefühl von Sicherheit in jeder Situation? Edle Materialien fürs Auge und für die Haptik? Können Sie das nicht auch als Mitfahrer erleben, wenn Sie von einem Profi oder Ihrem Auto chauffiert werden?

Hochautomatisches Fahren und Freude am Fahren sind kein Widerspruch. Wie die wiedermal automotiv-lastige CES 2014 (Bsp.: BMW, Mercedes-Benz und Valeo) in Las Vegas zeigt, ist der Trend zum hochautomatischen Fahren nicht mehr wegzudiskutieren: Google fährt 500Tkm autonom und erhält jetzt auch die Fahrerlaubnis für Kalifornien (endlich Highway No1-Steilküste gucken, ohne von der Straße abzukommen), Mercedes lässt die Bertha Benz Gedächtnisfahrt von einer seriennahen S-Klasse vollautomatisiert bewältigen und Volvo bringt 2014 einhundert autonome Fahrzeuge auf Stockholms Straßen. Die Technik ist dem Labor entstiegen. Sie ist bereits im Demonstrationsstatus unter echten Bedingungen.

Sicherheit ist das beste Argument

Was bleibt, sind Haftungsbedenken und Technologieskepsis: Was die Haftung für Unfälle angeht, stellt sich der Gesetzgeber der Herausforderung bereits. Im BMVI sucht man nach einer abgestimmten deutschen Position zum Thema automatisiertes Fahren. Die Verantwortlichen sind nicht untätig. Europaweit abgestimmte Gesetze für die neue Art des Fahrens sind durchaus in absehbarer Zeit denkbar. Die BaSt stellte auf unserer Hauskonferenz 2012 eine Klassifizierung für automatisiertes Fahren vor, die sich nun allseits durchsetzt und auch international Bedeutung hat.

Und die Technologieskepsis? Entscheidungskriterium wird die Sicherheit sein. Es liegt an der Automobilindustrie nachzuweisen, dass ihre hochautomatischen Systeme sicherer fahren als die meisten Menschen. Dies kann nur schrittweise und mit ausgereiften Systemen gelingen. Die Revolution wird in Wirklichkeit durch Evolution erreicht.

Wenn man mit den Fachabteilungen der deutschen Autobauer und Zulieferer redet, wird dies mehr als klar. Gelegenheit bietet u.a. der nächste Vehicle Interaction Summit mit Vortragenden aus den Fachabteilungen von VW, Ford, Porsche, Continental und Bosch. Sie werden uns zeigen, wie Einparkassistenten, ACC und Spurhalteassistenten zu vollautomatisierten Komplettassistenten ausgebaut werden können. Und im Unterschied zu google gelingt dies den deutschen Ingenieuren mit bezahlbarer und vollintegrierter Technik aus der Serie und Vorserie. Die Technologie basiert in erster Linie auf hochgenauem Kartenmaterial und Umfelderkennung von dynamischen Umgebungen.

Damit jedoch im Zuge dieser technischen Revolution die Freude am Fahren nicht verloren geht, steht das Fahrerlebnis im Mittelpunkt vieler Zukunftsstrategien. Gibt es Situationen, die lästig sind und automatisiert werden sollen? Und welche Situationen machen den Spaß am Fahren wirklich aus? Diesem Thema widmet sich z.B. Porsche (nicht nur auf dem VI-Summit ganz speziell: Sportwagen und automatisches Fahren, (wie) passt das zusammen?

Der Mensch im Mittelpunkt – Forschung an der Mensch-Maschine-Schnittstelle

Tatsächlich spielt die intensive Forschung an der Mensch-Maschine-Schnittstelle zwischen Fahrer und hochautomatischem System eine wichtige Rolle. Wann wird Automation gewünscht, wann manuelles Fahren? Da automatisiertes Fahren von der Verantwortlichkeit des Fahrers bzw. Fahrzeughalters ausgeht, haben zudem die klassischen Fragestellungen zur Bedienung hochautomatischer Systeme auch hier ihre Berechtigung, wie beispielsweise Überwachung, Übernahmen in manuellen Betrieb, Lösen von Sonderfällen, Situations- und Systembewusstsein. Wichtig ist hierbei, Fahranfänger und Laiennutzer genauso zu berücksichtigen wie abgelenkte, müde und gestresste Fahrzeugführer. Besonders diese Fragen sind es, die uns am Fraunhofer IAO derzeit zur Forschung antreiben, Simulationsumgebungen entwickeln und Konzepte evaluieren lassen.
Am 2. April 2014 diskutieren wir hier am Fraunhofer IAO in Stuttgart aktuelle Forschungsergebnisse im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung, dem Vehicle Interaction Summit, mit Referenten aus den Reihen der Fahrzeughersteller und Tier1 Zulieferer.

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Frederik Diederichs

Maschinenversteher und Fahrsimulant am Fraunhofer IAO. Er erforscht, wie zukünftige Assistenzsysteme und Anzeigen im Auto aussehen müssen, damit sie sich positiv auf unser Erleben und Verhalten auswirken. Spaß an Mobilität kann man schließlich auch in Zukunft nie genug haben.

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Kategorien: Future Mobility, Mensch-Technik-Interaktion
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