Personalflexibilität ist Trumpf

Mit den richtigen HR-Instrumenten zur richtigen Flexibilität
Mit den richtigen HR-Instrumenten
zur richtigen Flexibilität

Erinnern Sie sich noch an die Zeiten als in Deutschland noch von acht bis 17 Uhr gearbeitet wurde? Als die Mittagspause von zwölf bis 13 Uhr fest vorgegeben war? Nein? Willkommen im flexiblen Deutschland von heute. Nicht erst seit dem letzten Boom nach der Wirtschaftskrise 2008/2009 zeigen die deutschen Produktionsunternehmen, dass sie in Sachen Flexibilität gut für den internationalen Wettbewerb aufgestellt sind. Flexible Arbeitszeiten, Arbeitszeitkonten, Zeitarbeit und eine Vielzahl weitere Personalflexibilisierungsinstrumente sind in Deutschland weit verbreitet. Flexibilität ist für Deutschland damit nichts weniger als ein Garant für die ausgezeichnete Arbeitsproduktivität, mit dem das vergleichsweise hohe Lohniveau im internationalen Wettbewerb kompensiert werden kann. Doch trotz oder gerade wegen der guten Verfassung der deutschen Wirtschaft bleibt keine Zeit, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Der flexible Personaleinsatz mit den richtigen HR-Instrumenten, wird auch zukünftig eine zwingende Voraussetzung bleiben, um den Wettbewerb in den globalen Märkten weiterhin erfolgreich mitzugestalten.

Flexibilitätsanforderungen werden steigen: zeitlich, räumlich und inhaltlich
Die als »Industrie 4.0« bezeichnete Produktion mit intelligenter Sensorik, Aktorik und dem konsequenten Einsatz von interaktiven, kooperativen Kommunikationsmedien macht eine neue Qualität der Flexibilität möglich. Mit ihr werden Daten aus der Produktion in Echtzeit gewonnen, was eine neue Dimension beim flexiblen Personaleinsatz ermöglicht. Wenn frühzeitig bekannt ist, zu welchem Zeitpunkt das anzuliefernde Material vom Lieferanten am Arbeitsplatz ankommt, können Leerlaufzeiten sinnvoll reduziert und damit die Produktivität weiter gesteigert werden. Mit Hilfe vernetzter, mobiler Steuerungssysteme wird die Abstimmung von Arbeits- und Einsatzzeiten in einer neuen Dynamik realisierbar, die dem Work-On-Demand-Prinzip entsprechend erstmals eine weitgehende Orientierung von Mitarbeiterkapazitäten am echten Marktbedarf ermöglicht. Arbeit muss zeitlich nicht mehr im Block geleistet werden, da kurze und bedarfsgerechte Arbeitszeit-Fragmente produktiv nutzbar werden. Möglichweise wird der Produktionsarbeiter der Zukunft nicht mehr acht Stunden in einem Betrieb arbeiten, sondern zwei mal drei Stunden an zwei unterschiedlichen Arbeitsplätzen. Über den Multi-Job-Ansatz können Mitarbeiter nach Bedarf und Qualifikation hochfrequent bei verschiedenen Arbeitgebern tätig werden. Dieses Arbeiten in kleinen Zeiteinheiten an unterschiedlichen Ort und evtl. bei unterschiedlichen Arbeitgebern nennen wir »Patchwork«. Patchwork führt durch die wertschöpfende Nutzung kleiner Arbeitsinkremente und die Eliminierung von unproduktiven Leerlaufzeiten zu einer deutlichen Produktivitätssteigerung in der Produktion.

Selbstorganisation in der Produktion: Einsatzmanagement durch das Personal
Auch der Mitarbeitereinsatz über verschiedene Arbeitssysteme, Linien, Produktionshallen oder gar ganze Standorte wird durch eine echtzeitangebundene flexible Beschäftigungsplanung deutlich besser unterstützt. Das stellt auch inhaltlich neue Anforderungen an den Produktionsarbeiter der Zukunft. Warum sollte er nur an (s)einem Montageplatz arbeiten. Durch die hohe Qualifikationsbreite des zukünftigen Produktionsarbeiters wird es ihm möglich, auch Aufgaben in anderen Arbeitsgruppen, Linien oder gar Umfänge aus dem Produktentstehungsprozess auszuführen. Der bedarfsgerechte Einsatz in Tätigkeiten über das heute mögliche hinaus, wird erforderlich werden. Anforderungen in Richtung Mehrfachqualifizierung werden steigen. Die flexible Beschäftigungsplanung muss ferner durch neue, interaktive Führungsmethoden unterstützt und umgesetzt werden.

Die breite Nutzung von mobiler Informations- und Kommunikationstechnik auch im Shopfloor ist eine Lösungsmöglichkeit für diese Herausforderung. Dabei ist der Mensch nicht nur als Akteur und Ausführender fester Bestandteil der Produktionsarbeit nach dem 4.0-Prinzip. Er trifft zukünftig kooperative Entscheidungen im Betrieb in Abstimmung mit seinen Kollegen. Social Media-Funktionalitäten, wie Gruppenabstimmungen und schnelle Informationsdienste unterstützen hierbei.

Diese Dynamik sollte genutzt werden, um eine neue Balance zwischen den betrieblichen Erfordernissen von Produktivität, Lieferzeiten und Produktvarianz und den Zielen und Bedürfnissen der Beschäftigten hinsichtlich Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zunehmender Gesundheitsorientierung und Selbstverwirklichung im Job zu schaffen.

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Moritz Hämmerle

Moritz Hämmerle leitet seit 2018 den Forschungsbereich Cognitive Engineering and Production am Fraunhofer IAO.

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Kategorien: Advanced Systems Engineering (ASE), New Work / Connected Work
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