IAO-Blogreihe zum Wissenschaftsjahr 2015: »Zukunftstadt«

Wie vielschichtig ein Forschungsthema ist, merken wir manchmal erst, wenn wir uns intensiv damit auseinandersetzen. So ist es auch mit dem »Urbanen Mobilitätskomfort«. In meinen kommenden Blogbeiträgen möchte ich einige Aspekte ausführlicher beleuchten, welche die Diskussion um ein komfortables Mobilitätssystem in ein anderes Licht rücken. Im Folgenden wird der erste Aspekt diskutiert:

Das Red-Bull-Phänomen

In unserer hochindividualisierten, hedonistischen und Action-bedürftigen Superlativ-Gesellschaft möchte jeder das atemberaubendste Urlaubsfoto oder eine immer noch krassere Bergbesteigung erfahren – und damit prahlen. Facebook und Co. ermöglichen es. Ob downhill biken, Harakiri fahren oder Base jumping – jeder möchte einzigartig sein, sich mit einem ausgefallenen Hobby positionieren…und dabei machen doch irgendwie alle das Gleiche. Einzig Felix Baumgartner blieb mit seinem Weltall-Sprung bislang eine Besonderheit. Ansonsten scheinen Claims wie »der jüngste Mensch, der jemals…« mittlerweile inflationär. Im Freizeitbereich lassen sich diese Entwicklungen deutlich veranschaulichen, doch sie ziehen sich durch jegliche Lebensbereiche: Fährt der Banker auf dem Skateboard ins Geschäft, hat das häufig weniger gesundheitliche Gründe oder gar den Umweltschutz zur Ursache – es geht meist darum, sich abzugrenzen gegenüber der Masse. »Auffallen« lautet die Devise. Was bedeutet das für die öffentlichen Nahverkehrsmittel, die ihre Umweltfreundlichkeit und Rentabilität aufgrund der transportierten Massen erreichen?! Der Begriff »Massentransportmittel« geht per se schon gegen den Trend.

Und jetzt alle zusammen: Wir sind individuell!

Für einige wird es cool, sich im Rahmen der oben dargestellten Entwicklungen durch ein bewusstes Entscheiden für vermeintlich nachhaltige Lebensweisen abzugrenzen. Dieses Verhalten ist ganz im Sinne der aufkommenden Ökotrends – und der Begriff Trend an sich zeigt ja schon, wie individuell man hier unterwegs ist! Die Masse wird das allerdings nicht zum Umstieg auf nachhaltige Mobilitätsformen bewegen, insbesondere dann nicht, wenn es nicht-individualisierte Massenverkehrsmittel sind. Ein Fokus könnte zukünftig stattdessen auf der Vielfalt an alternativen nachhaltigen Verkehrsmitteln liegen, die in das Mobilitätssystem integriert werden. Ob Tesla für die gutverdienenden Kundensegmente oder der Elektroroller Scuddy, das e-Mofa elmoto oder der Segway zu einem eher niedrigen Preis. Ganz ohne Zusatzantrieb geht es weiterhin zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Longboard. Lifestyle-Produkte im Mobilitätsbereich sind im Kommen und versorgen fast alle Bevölkerungsgruppen mit umweltschonenden und gesundheitsfördernden Alternativen. Doch unsere Städte sind immer noch autozentriert. Wir werden die Struktur unserer Städte in vielerlei Hinsicht neu denken müssen, wenn wir den Stadtverkehr der Zukunft umsetzen wollen. Unser Verkehr wird vielschichtiger sein, mehr Wege, Transportmittel und mobile Komfortzonen bieten als heute. Gleichzeitig werden sich neue Chancen auftun, wenn man sich von der monolithischen Verkehrsplanung nach dem Motto »Auto über alles« verabschiedet. In meinen nächsten Beiträgen werde ich hier vor allem neue Chancen für Fitness, Barrierefreiheit und Spaß am städtischen Raum durch die urbane Mobilität der Zukunft beleuchten.

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Kategorien: Stadtentwicklung
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