Grundrezeptur Blended Learning
Fragen Sie mal Laien nach ihrem Verständnis von Blended Learning. Was Sie dann als Antworten erhalten ist entweder »ein Mix aus verschiedenen technologischen Applikationen« oder »eine Mischung aus Präsenz und Distanz sowie aus allein und kollaborativ Lernen«. Möglicherweise erhalten Sie auch eine Antwort, die schon eine Mischung aus organisatorischen und technischen Gestaltungsansätzen einbezieht. Das ist alles richtig, greift aber zu kurz. Diese Definitionsversuche schauen nur noch auf Medien, Sozialform, Lernumgebung zur Umsetzung –ein Hype um das immer höher, größer und bombastischer ausgestaltete »Womit«. Das lernpsychologische »Wie lerne ich?« bleibt dabei zugunsten des didaktischen »Wie bringe ich bei?« auf der Strecke. Das macht die ganze Blended-Learning-Debatte struktur- und orientierungslos.
Ein Prise Weisheit
Letzte Woche bin ich zufällig über ein Zitat von Konfuzius gestolpert. Manchmal ist und bleibt es eben ratsam, alte Lehrmeister zu bemühen. Er wusste schon:
Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln:
erstens durch Nachdenken, das ist der edelste,
zweitens durch Nachahmen, das ist der leichteste,
und drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.
Ich mag diesen Spruch. In der Zeit der Zhou-Dynastie gab es im chinesischen Staat vermutlich noch überhaupt keine Unternehmen – heute könnte Konfuzius mit dieser Einsicht global erfolgreicher Unternehmensberater sein, finden Sie nicht? Tauschen Sie »Menschen« mal durch »Organisationen« aus. Dann wird klar, worauf ich mit dem Verweis auf Konfuzius hinaus will: Unternehmen unterstützen ihre Mitarbeiter herzlich wenig, um diese Wege zu beschreiten. Eine bittere Erkenntnis. Bitter einerseits für die Mitarbeiter, weil ihr Können und Wissen maßgeblich auf ihre persönlichen Erfahrungen zurückgehen, nicht wenig auf eigenes Lernen durch Nachdenken und den Ideen der Kollegen. Bitter aber andererseits auch, weil Unternehmen ihr Potenzial verschenken, auf leichte und edle Art zu lernen und zu handeln.
Eine Würze aus Selbstorganisation, Kollaboration und Erfahrungsweitergabe
Was bedeutet nun die konfuzianische Einsicht für Blended Learning? Wir müssen im innerbetrieblichen Lernen eine Brücke schlagen von den philosophisch klugen Lern- und Handlungswegen hinüber zur betrieblichen Gestaltungspraxis. Diese Brücke lässt sich mit einer Mischung aus Selbstorganisation, Kollaboration und Erfahrungsaustausch bauen.
Selbstorganisation geht im Prinzip von einem eigeninitiativen Menschen aus, der seinen Lernprozess selbstständig gestaltet, durchläuft und bewertet. Da ist Nachdenken und Reflektieren gefragt. Diese »edle« Form des Lernens ist erlernbar und stets verbesserbar. Dazu braucht sie Vorbilder und Hilfestellungen.
Kollaboration heißt zusammen arbeiten. Dabei werden Arbeitsergebnisse ausgetauscht, man gibt sich gegenseitig Feedback oder Hilfestellung. Durch gemeinsame Vereinbarungen und Feedback zu Erwartungen formt sich gleiches Verhalten. In der Zusammenarbeit lassen sich auch Rollen von Vorgesetzten, Experten und Erfahrenen erleben, übernehmen und nachahmen.
Erfahrungsaustausch will »frisch Gelerntes« weitergeben. Das hilft (a) zum eigenen Nachzudenken und (b) andere erfolgreiches Nachahmen zu lassen. Eine bittere Erfahrung reicht doch.
Und weil wir gerade im Internet sind: Im Prinzip funktioniert diese Brücke im Unternehmen genauso wie im Internet: Inhalte werden durch Motivation, Weiterverarbeitung, Kollaboration weitergegeben.
Auch mit kleinen Brötchen Hefekuchen backen
Damit dieses »Virale Lernen« auch im Unternehmen entstehen und gepflegt werden kann, lässt sich viel tun. Lernförderliche Maßnahmen der Selbstorganisation, Kollaboration und des Erfahrungsaustauschs lassen sich für den Alltag in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen, in der Gestaltung der Führung, der IT-Unterstützung, in der Unternehmenskultur ja bis in die Strategieprozesse hinein verankern.
Wenn Sie mich fragen, ist insbesondere die Weiterbildung prädestiniert, dieses Lern- und Handlungsverständnis einzuführen und zu prägen. Mit einem dedizierten Weiterbildungskonzept lassen sich die Katalysatoren Selbstorganisation, Kollaboration und Erfahrungsaustausch ausgestalten. Unter diesem Leitbild setzt Weiterbildung bei Mitarbeitern einen Keim, mit dem Lernen von Mensch zu Mensch im Unternehmen weitergetragen werden kann. Sie werden merken, so kocht die Weiterbildung kein eigenes Süppchen konventioneller Lernformen – mit viralem Lernen wird sie zukunftsfähig zu einer lernförderlichen Unternehmensentwicklung beitragen.
Besuchen Sie uns auf der Professional Learning Europe und diskutieren Sie mit uns am Mittwoch 21. September 2011.