Die Coronakrise fordert von uns allen ganz neue Herangehensweisen und Lösungen im beruflichen Miteinander. Das Fraunhofer IAO hat deshalb eine Blogreihe gestartet, mit der wir schnell anwendbare Praxistipps weitergeben, gut funktionierende Beispiele vorstellen und Lösungswege während und aus der Krise aufzeigen wollen.
Auch zu Beginn des neuen Jahres hat uns die Corona-Krise fest im Griff. Wie organisiere ich die Schließung von Schulen und Kitas und halte gleichzeitig Lernen und Betreuung am Laufen? Wie beantrage ich Überbrückungshilfen? Wie erreiche ich meine Kund*innen bei weitgehend geschlossenen Läden? Wie verteile ich Impfstoff und bekomme Kontaktverfolgung wieder in den Griff? Die Fülle der Fragen auf allen Ebenen fordert uns heraus. Es wurden und werden aber auch vielfältige Innovationskräfte freigesetzt. Wir sehen Pionier*innen und Vorbilder.
Sichtbar machen, wie gearbeitet wird: Visuelle Prozessmodellierung
Das Gesundheitsamt Solingen macht es vor und stellt den Prozess der Corona-Kontaktverfolgung im Austauschnetzwerk eines auf öffentliche Verwaltung spezialisierten Anbieters von Prozessmodellierungssoftware ein. Mit einer Baustein-basierten Modellierungssoftware, die auch wir in unseren Projekten rund um Prozessinnovation, digitale Transformation und Arbeit mit Künstlicher Intelligenz (KI) nutzen, werden übersichtliche Prozessdiagramme und eine strukturierte Beschreibung von Prozessen praxisnah erarbeitet. Ein geschützter, virtueller Raum für Austausch, Lernen und Verbesserung steht zur Verfügung. Netzwerkmitglieder können sehen und verstehen, wie andere Organisationen bestimmte Aufgabe vor Ort lösen, welche Start- und Endpunkte es gibt, welche Tätigkeiten bei welchen Akteuren angesiedelt sind, wie Verbindungen und Schnittstellen aussehen, welche Dokumente und Systeme beteiligt sind. Einfach zu erstellen und auch für Außenstehende leicht lesbar und gut zu verstehen. Der große Vorteil visueller Prozessmodellierung mit systematisch wachsender Dokumentation: eine klare Abbildung zentraler Arbeitsläufe lenkt den Blick, wie eine Landkarte oder ein Navigationssystem. Es wird sichtbar, wie ein Ziel erreicht werden kann aber auch welche Hindernisse den Ablauf bremsen. Die präzise Abbildung von Arbeitsprozessen ist eine gute Basis zur Aufrechterhaltung des Betriebs in der Krise, beispielsweise mit weniger oder zusätzlich aufzugleisendem Personal, aber auch zum Design völlig neuer Abläufe. Nicht nur in Gesundheitsämtern.
Am und im Prozess lernen
Nun denken Sie vielleicht: »So gelungen kann die Prozessgestaltung ja nicht sein. Sonst hätten die das ja anders im Griff«. Ist das Fakt oder Vorurteil? Von außen können wir das nicht wissen. Erst die Betrachtung des abgebildeten Prozesses aus möglichst vielen Perspektiven ermöglicht es uns, die richtigen Fragen zu stellen, an den Prozess, an alle beteiligten Akteure, an den Kontext. Wo dauern Dinge zu lange, wo gibt es unnötige Schritte, zu viele oder zu wenige Entscheidungspunkte, ungünstige Reihenfolgen und Schnittstellen? Wo kann Technik noch besser unterstützen, in Zukunft? Fehlen Ressourcen, Kompetenzen oder Rollen? Und besonders interessant die Fragen: Wie machen es die Anderen? Was können wir lernen und möglicherweise verbessern?
Teilen und profitieren: Netzwerke für Prozessinnovation aufbauen
Sie denken vielleicht »Ich bin doch nicht blöd und lege meine Prozesse, mein Tafelsilber auf den Tisch«. Natürlich gibt es hohe Hürden für das Lernen voneinander, wenn es nicht um öffentliche Prozesse, sondern um interne Prozesse und damit Wettbewerbsvorteile in der Wirtschaft geht. Es muss sehr gut überlegt und gestaltet sein, unter welchen Bedingungen ein Austausch zu Prozessinnovationen Vorteile bringt. Schließlich kann es, wenn Lernprozesse gelingen, sein, dass der Marktbegleiter aufholt oder gar überholt. Aber: Ist das schlecht oder besteht in einem bewusst gestalteten Benchmarking- und Lernraum nicht bei geringem Risiko die gut kalkulierbare Chance, im Zeitablauf zu profitieren, stärker zu werden, über den Tellerrand hinaus besser gewappnet zu sein für neue Prozesse in vernetzte Wertschöpfung der Zukunft? Auf die gute Gestaltung des Settings kommt es an. Ihr Tafelsilber legen Sie ja auch auf den Tisch, für gute Freundinnen und Freunde, für wichtige Partner*innen. Oder?
Aus der Krise den Impuls zur Prozessinnovation ziehen
Aus der Not eine Tugend machen heißt, widrige, krisenhafte Umstände nutzen, um etwas Gutes entstehen zu lassen. Wie kann das in der Corona-Pandemie gelingen? Ein kleiner Baustein kann sein, jetzt die Not, neue Prozesse schnell schaffen und umsetzen zu müssen, in eine dauerhafte Kraft der Prozessinnovation zu verwandeln. Wenn Sie sich befähigen, aufzunehmen, zu visualisieren und zu teilen, wie Ihre Prozesse heute ablaufen, was gut funktioniert, wo es klemmt und was noch völlig fehlt, wird es möglich, durch Verstehen und Austausch zu lernen, und gute, bessere Prozesse nicht nur in der Pandemiebekämpfung, zu gestalten. Nutzen Sie den Impuls über die ad-hoc-Reaktion hinaus, um aus der Krise gezielt und systematisch bessere Prozesse für heute und morgen zu erarbeiten. Lernen Sie in und aus der Krise. Wir helfen Ihnen gern dabei, kommen Sie auf mich zu!
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