Im pionierHUB im Münchner Werksviertel-Mitte erforscht das Fraunhofer IAO die Zukunft von Städten und Quartieren. Im Rahmen verschiedener Forschungsprojekte entstehen urbane Innovationen und Zukunftskonzepte an der Schnittstelle von angewandter Forschung, lösungsorientierter Wirtschaft und kommunaler Entscheidungsebene.
Das Skalieren neuer Ideen, Lösungen und Geschäftsmodelle gleicht in Unternehmen und Start-ups einer Expedition: Gründer, Business Developer und Innovations- und Produktmanager machen sich gemeinsam auf den Weg, um sich ohne sichere Erfolgsaussicht bereitwillig Risiken und Unabwägbarkeiten aussetzen: SCALE OR DIE! Doch wie sinnvoll ist das Abenteuer des rasanten Wachstums wirklich? Und wie können wir sicherstellen, dass wir damit nachhaltig erfolgreich sind?
SCALE TO PREVAIL: Warum Skalierungs-Expeditionen so wichtig sind
»SCALE OR DIE« klingt radikal, beschreibt aber genau, was unsere Kommunen in naher Zukunft brauchen: große und kleine, aber in jedem Fall ambitionierte und kompatible Lösungen für die gesellschaftlichen Herausforderungen in unseren Städten. Dies reicht von Energie und Mobilität bis hin zur Luftqualität oder dem Erhalt von Biodiversität. Skalierung bedeutet hier Dynamik durch Neues, Veränderung in Bestehendem und Innovation durch Ablösung. Skalierung schafft »kopierbare« Erfolgsmodelle und damit wirtschaftliche Perspektiven, weckt Interesse und macht Neues in der Breite zugänglich.
DON’T FAIL TO SCALE: Was die Expedition früh beendet
Skalieren heißt, etwas zu erweitern und zu vergrößern, ohne dafür die grundlegende Funktionsweise zu verändern. Der Weg dorthin und die notwendigen Werkzeuge sind stets individuell, die zu überwindenden Hürden hingegen oft identisch:
- (1) Neues lässt sich nicht skalieren
Offensichtlich und dennoch essenziell ist die Beantwortung der Frage, ob sich die Lösung überhaupt skalieren lässt. Ist der Kern der Leistung unabhängig von einzelnen Personen, einem Ort oder einem sehr spezifischen Anwendungsfall übertragbar? Gelingt beispielsweise der zuverlässige Betrieb und die Wartung eines Bikesharing-Angebots auch außerhalb eines laufenden Förderprojekts oder ohne ehrenamtliches Engagement? Inwieweit sind besondere Standortfaktoren oder Mietkonditionen der entscheidende Faktor, dass ein innovatives Einzelhandelskonzept funktioniert?
- (2) Neues lässt sich skalieren, funktioniert aber dann nicht
In der Forschung betrachten wir die Stadt als System oder Ökosystem, in dem Neuerungen und Änderungen zu Wechselwirkungen führen. Mit der Skalierung können Effekte auftreten, die den eigenen Betrieb negativ beeinflussen oder die Akzeptanz hemmen. Neue Mobilitätsangebote könnten durch die Skalierung zum Beispiel zu mehr Verkehr beitragen, was das Angebot wiederum unattraktiver macht.
Auch funktioniert die Skalierung nur dann, wenn sie mit wachsender Stückzahl oder breiterer Nutzung Kostenvorteile mit sich bringt, also Skaleneffekte erzielt werden können. Insgesamt müssen mit der Skalierung Vorteile beim anbietenden Unternehmen und dem Anwender entstehen, aber auch für Stadt und Stadtgesellschaft. Bei gut funktionierenden Smart-City-Apps oder Plattformen lassen sich schnell entsprechende Effekte erkennen.
- (3) Neues lässt sich skalieren, funktioniert, aber wird dann nicht angenommen
Die Frage ist zudem, ob einer Skalierungsstrategie die richtigen Prämissen über Nutzer, Kunden oder Bürger zugrunde liegen. Wie repräsentativ und aussagekräftig sind die Daten? Wie gut repräsentieren sie die gewünschte Zielgruppe und auch weitere potenzielle Nutzergruppen. Auch stellt sich die Frage nach geeigneten Kommunikationskanälen, damit Neues auch sichtbar und wirksam werden kann.
TRAIL TO SCALE: Wie der eigene Expeditionspfad aussehen kann
Der Weg der urbanen Skalierung ist ein systematischer Lern- und Erkenntnisprozess. Anders zusammengefasst: Skalierung ist Forschung!
Es geht darum, Menschen zu verstehen und äußere sowie innere Rahmenbedingungen kennenzulernen. Daraus lassen sich dann die richtigen Schlüsse ziehen. Dies gelingt über ein aufeinander abgestimmtes Vorgehen, das sich dem kompletten Wertschöpfungsprozess widmet.
Es wird durch Nutzerstudien und Reallabor-Experimente auf den Anwender geblickt, es werden durch Machbarkeitsstudien infrastrukturelle Einflussfaktoren untersucht und diese werden dann Einklang mit betrieblichen und finanziellen Parametern gebracht.
Je nach Lösung, Reifegrad ergeben sich ganz unterschiedliche Forschungsfragen, Skalierungswege und Instrumente, die das eigene Angebot sichtbarer, wirksamer und rentabler machen. Es braucht also einen eigenen Pfad: Sie wollen schließlich auf Expedition gehen und nicht auf Safari. Viel Erfolg dabei!
Leselinks: