Wer ist eigentlich Mr. X und was hat er mit Elektromobilität zu tun? Ist er der Kunde, die große Unbekannte? Zufriedene Kunden führen im besten Fall zu treuen Kunden, durch Word-to-Mouth-Effekte im Idealfall zu neuen (zufriedenen) Kunden, am Ende zu hohen Umsätzen und satten Gewinnen. Wenn ein Unternehmen es schafft, diese Kette zu einer Spirale zu formen, die mit jedem Produkt und jeder Dienstleistung weiter nach oben strebt, ist auch der langfristige wirtschaftliche Erfolg gesichert. Das ist die berühmte Wirkungskette der Kundenzufriedenheit. Doch wie weiß man, was Kunden als nächstes wollen, am besten noch vor den Wettbewerbern?
Zwei Fallbeispiele mit unterschiedlichen Ansätzen zeigen Möglichkeiten zur Kundeneinbindung auf: Das dänische Start-up TADAA!, das E-Carsharing in Hausgemeinschaften und damit Elektromobilität auch in ländlichen Gebieten samt Vehicle-to-Grid-Anbindung realisiert, deckte die Nutzerperspektive in fast jeder Phase der Geschäftsmodell- und Dienstleistungsentwicklung ab, vor allem durch Befragungsmethoden. Das estnische Projekt MEKTORY EVDATA konzentrierte sich vor allem auf die frühen Phasen und realisierte Nutzereinbindung zur Optimierung von Ladedienstleistungen über einen Big-Data-Ansatz. Doch wie findet man die »richtigen« Nutzer und was macht man mit den Erkenntnissen, die durch die Datenanalyse und eine enge Integration der Nutzerperspektive entstanden sind? Des Rätsels Lösung ist im Beitrag versteckt und führt durch drei Akte. Fangen wir ausnahmsweise ganz am Ende an:
Akt 3: Sei Mr. X einen Schritt voraus
Einst gab ein erfolgreicher Unternehmer einen eindeutigen Hinweis auf sein Erfolgsrezept: »Get closer than ever to your customers. So close, in fact, that you tell them what they need well before they realize it themselves.« (Steve Jobs). Dementsprechend geht es also darum, die Wünsche von Mr. X vorwegzunehmen und ihm eine Lösung zu präsentieren, die wie angegossen passt. Dabei spielen Empathie und Kreativität eine wichtige Rolle. Möglicherweise denken Sie jetzt wie viele an die bunten Klebezettel und Kreativworkshops – und ertappen sich bei einem Lächeln. Ernsthaft? Kann man seriöse Services auf diese spaßige Weise erarbeiten? Heute gehören genau solche Methoden fest zum Repertoire der Service Designer und Design Thinker. Das wird aus den zahlreichen Büchern in den Verkaufsregalen, Fotos in den sozialen Medien und Artikeln im World Wide Web deutlich. Bei erfolgreicher Anwendung ist Mr. X nicht mehr der Gejagte, sondern derjenige, der freiwillig folgt.
Akt 2: Verfolge Mr. X
Um zu diesem Punkt zu kommen, muss man natürlich erst etwas über diesen Unbekannten lernen. Da Mr. X keine Wachsfigur ist, die starr im Museum steht, sondern sich durch sein Leben, also seinen privaten und beruflichen Alltag hindurchbewegt, macht es wenig Sinn, diesen einen detektivischen Schnappschuss zu machen, der die Antwort auf alle seine Wünsche, Bedürfnisse und Absichten geben soll. Wie man eine Verfolgungsjagd durch einzelne Schritte auf einer Landkarte abtragen kann, lassen sich mit geeigneten Methoden die kundenseitigen Prozesse visualisieren. Mit Hilfe von Prozessdarstellungen, die durch Zusatzinformationen wie Gedanken, Wahrnehmungen, Emotionen und physiologische Reaktionen seitens Kunden angereichert werden, fällt es wesentlich leichter, sich in diese hineinzuversetzen. Bekannte Exemplare dieser Methoden sind etwa die Customer Journey, Emotional Journey, (Service) Experience Maps oder Empathy Maps. Entsprechende Tools und Templates unterscheiden sich teilweise nur marginal. Gerne werden diese Methoden noch mit Techniken wie Storytelling und spielerischen Elementen aufgepeppt. Doch wessen Spuren verfolgen, in wessen Geschichte eintauchen? Wer ist dieser Mr. X und vor allem: wie viele?
Akt 1: Erkenne und benenne Mr. X
Mr. X, nennen wir ihn »Herr Schneider«, ist Industriedesigner im Außendienst, lebt mit seiner Frau in Ulm und mag seinen Alltag unkompliziert. Der 40-Jährige ist überzeugter Elektromobilitätsnutzer – das war aber nicht immer so. Bevor Sie irritiert sind, weil Sie vielleicht selbst Herr Schneider heißen und sich in der Personenbeschreibung wiederfinden (oder seine Frau sind): Natürlich geht es hier um eine fiktive Persönlichkeit, die eine bestimmte Zielgruppe repräsentiert und für die typische Nutzungsszenarien definiert werden. Sogenannte Personas und User Storys helfen dabei, ein besseres Verständnis der Zielgruppen eines Dienstleistungsangebots zu erhalten. Die Methoden sind die kreativen Komplizen der Anforderungsanalyse und erlauben es, sich stärker in Nutzer hineinzuversetzen. So erhält Mr. X ein Gesicht, Eigenschaften, emotionale Zustände – er wird lebendig. Elektromobilitätsanbieter können ihn als Mensch endlich (be-)greifen, seine verborgenen Ängste und Wünsche herausfinden und ihm als Repräsentant seiner Zielgruppe im richtigen Moment die passenden Angebote präsentieren.
Video: Glückliche Nutzer dank innovativer Dienstleistungen für Elektromobilität
Gerne helfen wir Ihnen auch persönlich bei der Entwicklung von Dienstleistungen weiter, nehmen Ihre Kunden genauer unter die Lupe und prüfen Ihre Geschäftsmodelle auf Herz und Nieren.
Leselinks:
- Um herauszufinden, wer eigentlich der Tourist und die Joggerin im Video sind: Besuchen Sie unseren Stand auf der eCarTec Munich 2016:
www.elektromobilitaet-dienstleistungen.de/?page_id=3092 - Machen Sie mit bei unserer Breitenerhebung zu Erfolgsfaktoren für nutzerfreundliche Elektromobilitätsdienstleistungen:
www.befragung.iao.fraunhofer.de/index.php/858925 - Folgen Sie zum Thema »nutzerfreundliche Elektromobilitätdienstleistungen« unseren Meldungen aus dem Projekt DELFIN:
www.elektromobilitaet-dienstleistungen.de/?cat=2 - Die genannten Fallstudien sowie zwei weitere Beispiele können Sie in einer unserer neuen Publikationen nachlesen:
www.elektromobilitaet-dienstleistungen.de/?p=3113 - Twitter: @emobility_serv https://twitter.com/emobility_serv
Das Competence Team »Dienstleistungsentwicklung« am Fraunhofer IAO entwickelt neue Vorgehensweisen und Methoden für die nutzerorientierte Dienstleistungsentwicklung, die sich unter dem Schlagwort »agile Dienstleistungsentwicklung« subsumieren lassen. Unser Team baut dabei auf wissenschaftlich gesicherte und bereits etablierte Modelle und Konzepte auf. Unter anderem unterstützen wir Unternehmen mithilfe fundierter Methoden dabei, Kunden und Mitarbeiter in Dienstleistungsprozessen und Servicescapes besser zu verstehen, den Faktor »Emotionalität« abzubilden und das Dienstleistungserlebnis zu optimieren. Eine neu entwickelte Methode ist in diesem Zusammenhang das »Service Empathy Board«. Die erarbeiteten Vorgehensweisen werden derzeit im Anwendungsfeld Elektromobilität ausgiebig erprobt und weiterentwickelt. Elektromobilität bietet die besondere Herausforderung mangelnder Marktakzeptanz und stellt daher einen guten Prüfstein für die Vorteile der Nutzereinbindung dar. Außerdem bietet das Themenfeld eine anspruchsvolle Kombination aus Technologien und Dienstleistungen und einen großen Raum für Innovationen. Nehmen Sie für weitere Informationen einfach Kontakt zu mir auf.