Sowohl als Wissenschaftlerin als auch als Stadtbewohnerin habe ich im vergangenen Jahr eines gelernt: E-Scooter können in unseren Städten nur ihr Potenzial entfalten, wenn sich alle gemeinsam für eine nachhaltige Nutzung der Fahrzeuge engagieren. Mit ALLE meine ich: Mobilitätsdienstleister, Kommunen, Nutzer*innen und Forschungseinrichtungen. Es wird bereits an vielen Stellen an einer Verbesserung der Gesamtsituation gearbeitet, dennoch sind einige Fragen noch offen und die Probleme auf deutschen Straßen nach wie vor erkennbar. Mein Sneak Preview der Ergebnisse des Projekts »ScooP« zeigt, welche Möglichkeiten zu einer Verbesserung im Umgang mit E-Scootern beitragen können.
Abstellverhalten und Datenmanagement sind größte Herausforderungen
Herausforderungen im Umgang mit E-Scootern gibt es viele. Zwei stechen in Gesprächen mit kommunalen Vertreter*innen jedoch immer wieder heraus: Zum einen das Abstellverhalten der Nutzer*innen, zum anderen der Umgang mit Daten. Park- und Fahrverbotszonen werden oftmals nicht eingehalten und Roller achtlos abgestellt. Zusätzlich mangelt es den Kommunen an Sanktionierungsmöglichkeiten für ein solches Fehlverhalten. Im Bereich des Datenaustauschs sowie der Datenanalysen gibt es ebenfalls Verbesserungspotenziale. Städtische Vertreter*innen bemängeln, dass die von Sharing-Anbietern bereitgestellten Daten häufig eine differenzierte Weiterverarbeitung nicht ermöglichen. Zudem sind in den städtischen Ämtern die personellen Ressourcen und IT-technischen Voraussetzungen, um Datenschnittstellen einzurichten und gezielte Datenanalysen durchzuführen, oftmals nicht gegeben. Neben den vorangegangenen Problemstellungen sind es oft rechtliche Fragestellungen rund um das Thema E-Scooter-Sharing, die die Kommunen immens beschäftigen. Ein Stichwort, das dabei immer wieder fällt: Sondernutzungsvereinbarungen und die Frage, wie damit umzugehen ist. Auch Vertreter*innen von Sharing-Anbietern bestätigen Unsicherheiten in Bezug auf rechtliche Fragestellungen. Neben der genannten Sondernutzungsvereinbarung sind auch datenschutzrechtliche Fragestellungen für die Anbieter eine Herausforderung.
Vertrauen setzt auf Transparenz und Kommunikation in der Zusammenarbeit
Der Austausch mit verschiedensten Akteuren rund um das Thema E-Scooter-Sharing hat gezeigt, dass der Wille, gemeinsam die Herausforderungen zu bewältigen, groß ist. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn alle Beteiligten kollaborativ an einer Verbesserung der Gesamtsituation arbeiten. Basis einer guten Zusammenarbeit ist gegenseitiges Vertrauen. Innerhalb von »ScooP« ist es uns gelungen, dieses Vertrauen nachhaltig zu stärken, indem wir als neutraler Akteur zwischen den verschiedenen Parteien vermittelt und eine transparente Kommunikation gefördert haben. Durch »ScooP« organisierte Austauschformate wurden von allen Beteiligten als besonders wertvoll wahrgenommen und der Wunsch, diese zu verstetigen, geäußert. Daneben haben Aufklärungsarbeit und offene Gespräche erheblich zu einer Verbesserung der Ausgangsbasis beigetragen. Insgesamt wurde im Projektverlauf deutlich, dass alle eine gute Zusammenarbeit stärken wollen.
Mit verschiedenen Service-Angeboten zum Erfolg
Wurde zu Beginn des Projekts noch von einer Mehrbetreiberplattform für E-Scooter gesprochen, hat sich im Laufe der Zeit gezeigt, dass die Bedarfe über eine reine Mobilitätsplattform hinausgehen. Vielmehr braucht es ein Service-Ökosystem für Shared-Mobility-Angebote, das die beschriebenen Herausforderungen abdeckt und Lösungsoptionen für Kommunen und Anbieter bereitstellt.
Besonders aufschlussreich war der Workshop mit den Kommunen, Vertreter*innen von Sharing-Anbietern, Nutzer*innen und weiteren Mobilitätsexpert*innen. Gemeinsam wurde ein Konzept entwickelt, das sowohl die Wünsche als auch Unterstützungsbedarfe und Lösungsoptionen aller Beteiligten berücksichtigt. Neben einer datentechnischen Anbindung der E-Scooter-Sharing-Angebote sowie Tools zur Datenanalyse sollen auch organisatorische, rechtliche und kommunikationsorientierte Beratungsleistungen für Kommunen und Mobilitätsdienstleister in einem Service-Ökosystem integriert werden. Gewünscht wird von den Kommunen beispielsweise, das Erfahrungsberichte veröffentlicht und Vorlagen für Verträge und Vereinbarungen bereitgestellt werden. Darüber hinaus soll die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch zwischen Kommunen weiter gefördert werden.
Datengestützte Services: eine Chance für alle Beteiligten
Im Bereich Datenaustausch und Datenanalyse ist noch viel Luft nach oben. Neben den verschiedensten Beratungsangeboten, sind datengestützte Services das Zauberwort, das großen Mehrwert für alle Beteiligten verspricht. Über eine Plattform könnten Daten unterschiedlicher Quellen, z.B. unterschiedlicher Mobilitätsdienstleistungen, zusammengeführt und übergreifend analysiert und interpretiert werden. Kommunen hätten somit die Möglichkeit, das bestehende Mobilitätsangebot auf Grundlage von Daten bedarfsgerecht zu gestalten und dies sogar über verschiedene Verkehrsangebote sowie Mobilitätsdienstleistungen hinweg. Diese Gesamtschau käme den Bürger*innen zugute und letztlich auch den Sharing-Dienstleistern, welche ihre Angebote gezielter in den Städten anbringen könnten. Datenbasiert kann außerdem die Suche nach geeigneten Parkflächen für E-Scooter unterstützt sowie die Einrichtung von Park- und Fahrverbotszonen begleitet werden. Des Weiteren fehlen in Städten häufig Know-how und Ressourcen für eine ausführliche Datenauswertung und -interpretation, weswegen kommunale Vertreter*innen einen solchen Service begrüßen würden. Zudem könnten den Anbietern datenbasierte Auswertungen des Nutzungsverhaltens von Sharing-Flotten bereitgestellt werden. Auch bei der Automatisierung von Geschäftsprozessen, wie beispielsweise dem automatisierten Einbinden temporärer Parkverbotszonen in Verbraucher-Apps, könnte über die Bereitstellung entsprechender Services unterstützt werden.
Und was sagen eigentlich die Nutzer*innen?
Unsere Umfrage im Stadtgebiet von Heilbronn hat ergeben, dass insbesondere junge Personen im Alter von 18 bis 30 Jahren E-Scooter nutzen. Die E-Scooter werden vorwiegend zum Spaß oder für Wege im Rahmen von Freizeitaktivitäten, durchschnittlich für fünf bis zehn Minuten, ausgeliehen. Laut der Befragten werden Arbeitswege, Schulwege oder der Weg zum Einkaufen eher selten mit einem Sharing-E-Scooter zurückgelegt. Unsere Umfrage hat außerdem ergeben, dass E-Scooter häufig Fußwege oder Fahrten mit dem Bus ersetzen. Ein Ergebnis, das auch eine Studie der ETH Zürich (2022) zeigt und in diesem Zusammenhang die Umweltfreundlichkeit von E-Scootern bemängelt.
Verbesserungsvorschläge im Umgang mit dem Sharing-Angebot aus Sicht der Nutzer*innen umfassen folgende Möglichkeiten:
- Feste Parkplätze mit Ladestationen für Mikromobilität schaffen
- E-Scooter an den ÖPNV anbinden
- Einheitliche Buchungssysteme für verschiedene Mobilitätsangebote bereitstellen
- Angepasste Angebote für bspw. Schüler*innen und Studierende anbieten
Nach all den wichtigen Erkenntnissen und Lösungsansätzen, möchten wir diese natürlich gern nicht nur teilen, sondern mit vielen anderen Kommunen und Mobilitätsanbietern umsetzen. Sprechen Sie uns an, wir freuen uns, wenn wir gemeinsam mit Ihnen Mobilität nicht nur für alle besser gestalten können, sondern damit auch den so wichtigen Beitrag für Klimaneutralität leisten können!
Mehr über die Ergebnisse unseres Projekts finden Sie in unserem Ergebnisbericht.
Leselinks: