Wie sieht die Stadt der Zukunft aus?
IAO-Blogreihe zum Wissenschaftsjahr 2015 – Zukunftsstadt
Der größte Vorzug des Autos ist, dass man damit fahren kann. Deshalb heißt das Gefährt ja Auto-Mobil. Was es bedeutet, wenn das Auto ungewollt zum Stehen kommt, kennt jeder, der im Stau steht. Man ärgert sich über den Zeitverlust; vielmehr aber wird im Moment des Stillstands der Frust deutlich, der entsteht, wenn potenzielle Energie nicht in Vorwärtsbewegung umgewandelt werden kann.
95 Prozent Stillstand, 5 Prozent Bewegung
Der automobile Stillstand ist allerdings konstitutiver Bestandteil der automobilen Gesellschaft. Denn das privat genutzte Voiture steht nahezu 95 Prozent seiner Lebenszeit ungenutzt herum. Man könnte sagen: Das Auto ist ein Park-Mobil. Ist es da nicht überraschend, dass sich die meisten Innovationsthemen um das Fahren drehen und nicht am Abstellen bzw. am Parken festmachen? Zugegeben, Parken ist wenig sexy. Wir aber glauben, dass man dem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. Gerade im Hinblick auf Innovation, neue Dienstleistungen und neue Geschäftsmodelle.
Parkraum als Service
Da wir vom Team Urban Systems Engineering weder Parkhäuser noch Autos bauen, setzen wir lieber dort an, wo wir uns auskennen: Wir betrachten Parken primär als kommunale (Dienst-)Leistung. Und siehe da: Nahezu alle Kommunen sehen Herausforderungen bei der Parkraumbewirtschaftung. Häufig werden städtische Parkhäuser defizitär betrieben. Gerade im ländlichen Raum gibt es wenig Zahlungsbereitschaft auf Kundenseite für den Service »Parken«. Oder aber Parkhäuser müssen kostenintensiv saniert und instandgehalten werden, weil die im Parkhaus verbaute Technik extremen Bedingungen ausgesetzt ist (Witterung, Salzeintrag im Winter etc.).
Drei Ansätze, um das Parken neu zu denken
Wo also können Kommunen und kommunale Unternehmen ansetzen, um die Situation zu verbessern? Im Fokus stehen drei Anknüpfungspunkte, die wir gemeinsam mit Städten, Unternehmen und ausgewählten Technologieanbietern weiterentwickeln:
- Erstens gilt es den Parkraum als Innovationsraum zu betrachten. Dabei stellt sich z.B. die Frage, welche neuen Technologien oder Materialien für welche Nutzungsbedingungen geeignet sind. Zwar ist nicht alles, was heute technisch möglich ist, wirtschaftlich sinnvoll. Aber natürlich kann z.B. eine intelligente Sensorik die Parkraumbewirtschaftung nachhaltig verbessern.
- Zweitens gilt es kommunalen Parkraum unter Service-Gesichtspunkten zu entwickeln. So können rund um das Thema Parken neue Dienstleistungen entwickelt werden (z.B. Reservierungen, Sauberkeit & Sicherheit, Cross-Selling-Angebote). Auch können im Zuge eines veränderten Mobilitätsverhaltens neue Geschäftsmodelle und neue Erlösströme rund um die Wertekette realisiert werden. Denkbar wäre etwa, dass über elektronische Abrechnungssysteme die Parkgebühren anteilig von Geschäften übernommen werden, die von parkenden Kunden besucht werden.
- Und drittens müssen die Kostenstrukturen vor dem Hintergrund der kommunalen Rahmenbedingungen analysiert und optimiert werden. Hier gilt es zunächst einmal angemessene Bewertungskennzahlen zu entwickeln. Denn ein städtisches Parkhaus ist wirtschaftlich in vielerlei Hinsicht anders zu betrachten als der von Dienstleistern betriebene Parkhausbetrieb an Großflughäfen.
Wird Fraunhofer jetzt das städtische Parken neu erfinden? Nun ja, der Fortschritt kann bekanntlich eine Schnecke sein. Aber wenn eine mittelgroße Stadt, die heute 500 000 Euro Defizit mit ihren Parkhäusern erwirtschaftet (was vorkommt), diese Summe durch Innovation und Optimierung mittelfristig um 15-20 Prozent reduzieren kann, darf wohl von Fortschritt gesprochen werden. Und solche Verbesserungen sehen wir im Bereich des Möglichen. Sie auch? Dann sollten wir dazu sprechen.
Leselinks:
- Fraunhofer-Kongress »Urban Futures« – Innovationen, Strategien und Prozesse für die Stadt von morgen am 25. und 26. November 2015 in Berlin:
www.urban-futures.de