Die Coronakrise fordert von uns allen ganz neue Herangehensweisen und Lösungen im beruflichen Miteinander. Das Fraunhofer IAO hat deshalb eine Blogreihe gestartet, mit der wir schnell anwendbare Praxistipps weitergeben, gut funktionierende Beispiele vorstellen und Lösungswege während und aus der Krise aufzeigen wollen.
Zugegeben: In Zeiten, in denen »Keep your distance« und »Stay at home« zu den wichtigsten Geboten geworden sind und der Lockdown in die Verlängerung geht, gibt es sicherlich andere Themenrubriken, die den Zeitgeist treffender einfangen als Konzepte für eine teamorientierte Bürolandschaft. Anstatt die neuen Jahresvorsätze ausgiebig mit Teamkolleg*innen zu diskutieren und gleichzeitig mit den übriggebliebenen Sektvorräten vom Vorjahr wegzuspülen, begibt man sich in einen sozialen Winterschlaf. Doch bevor alle Businessoutfits aus dem Kleiderschrank entfernt und durch Jogginghosen und flauschige »wearable blankets« ersetzt werden, lohnt sich ein Blick nach vorne – nicht nur zur Vorbeugung von Fehlkäufen, sondern vor allem um Mut zu machen und die Vorfreude zu steigern auf die Bürowelt der Zukunft.
Das »New Normal« ist zu einem Trendbegriff des Jahres 2020 geworden. Die Erfahrungen des räumlich verteilten Arbeitens während der Lockdown-Zeiten zeigten deutlich, dass Arbeit nicht nur mit dem Büroraum assoziiert werden kann, sondern auch mit dem Esszimmer im eigenen Zuhause oder dem Lieblingscafé um die Ecke. Trotz der zunehmenden Beschränkungen sowie der sinkenden Mobilität stieg die räumliche Grenzenlosigkeit. Die Vorstellung, das »alte Normal« nach der Pandemie wiedererwachen zu lassen, ohne die neuen Erfahrungen und Learnings zu berücksichtigen, ist falsch. Vielmehr werden nun neue Konzepte und innovative Ideen benötigt, um Chancen für den Fortschritt in der Pandemie zu erkennen und diese zur Gestaltung einer zukunftsfähigen Arbeitswelt zu nutzen. Die Veränderungen unserer Verhaltensweisen im beruflichen sowie privaten Kontext – beispielsweise durch die steigende Nutzung virtueller Kommunikationsplattformen zum Austausch mit Teamkolleg*innen oder Externen – führt zwangsläufig auch zu einer Veränderung des räumlichen Umfelds. Wenn man davon ausgeht, dass der Homeoffice-Anteil in Zukunft deutlich steigen wird und mehr Menschen dem Bürogebäude teilweise auch für längere Phasen fernbleiben werden, stellt sich die Frage, welche Bedürfnisse wir an den Büroraum der Zukunft haben werden.
Wissen wächst, wenn man es teilt!
Die Erfahrungen der letzten Monate zeigten, dass die Zusammenarbeit mit Kolleg*innen auch über räumliche Distanzen hinweg funktionieren kann. Wohingegen diese Erkenntnisse die gesellschaftliche Breite erst 2020 erreichten, sind räumlich verteilte Teams in einigen Linienorganisationen oder temporären Projektarbeitsgruppen bereits seit Jahren fester Bestandteil des Büroalltags. In der Zusammenarbeit in Teams funktioniert der Informationsfluss größtenteils auch ohne physische Präsenz aller Beteiligten, wie die im Mai durchgeführte Homeoffice-Studie bestätigt. Teamarbeit lebt allerdings nicht nur von der Weitergabe organisatorischer und inhaltlicher Informationen. Die Stärke liegt viel eher in der Verknüpfung mehrere Wissensbausteine aus unterschiedlichen Fachkontexten, um für die komplexer werdenden Problemstellungen Lösungen zu finden. Das aktuell beste Beispiel der Stärke eines interdisziplinären Teams mit einem hohen Grad an Wissenstransfer ist wohl die Entwicklung des Impfstoffs des Pharmaunternehmens BioNTech. Im Unternehmen forschen Wissenschaftler*innen aus 60 Nationen mit gebündeltem Expertenwissen zusammen. Eines der Resultate gibt nun weltweit Hoffnung auf ein anderes 2021.
Das Büro der Zukunfts als identitätsstiftender Ort für Teamarbeit
Wissen wächst jedoch nicht nur in geplanten Meetings oder frontalen Präsentationen, sondern vor allem in informellen, spontanen Gesprächen ohne lange Vorbereitungszeiten und durchorganisierte Agenden. Die überraschenden Interaktionen im Raum sind vor allem die Momente, in denen implizites – personengebundenes Wissen – weitergegeben und vervielfältigt wird. Und dafür braucht es ein angemessenes Umfeld. Ein Umfeld, das die Zusammenarbeit begünstigt, nicht ausbremst. Ein Umfeld, das Kreativität fördert, nicht stagnieren lässt. Aus den klassischen Bürokonzepten, sei es den isolierten Einzelbürostrukturen oder den monotonen Großraumbüros, sind wir, vor allem nach der Corona-Pandemie als Beschleuniger, rausgewachsen. Benötigt werden Teamflächen, die zur Zusammenarbeit und zum Austausch einladen.
Unsere kürzlich veröffentliche Studie »Teamarbeit und ihre Arbeitsumgebungen« schafft den Blick nach vorne in eine Arbeitswelt nach der Pandemie. Die Ergebnisse skizzieren Ideen, wie eine zukunftsfähige Teamumgebung aussehen sollte, um die Arbeitstätigkeiten im Team bestmöglich zu unterstützen, die Identität im Team zu steigern und schlussendlich Motivation und Begeisterung zu übertragen. Ein Teil einer teambasierten Arbeitswelt ist sicherlich die ausreichende Bereitstellung von Zonen für den informellen Austausch. Zusätzlich begünstigen Möglichkeiten zum konzentrierten Arbeiten sowie Bereiche zum Treffen mit Externen die Arbeitstätigkeiten und haben einen positiven Einfluss auf die Teamarbeit. Weitere Faktoren können der Studie entnommen werden, die im Rahmen des Verbundforschungsprojekt OFFICE 21® erschienen ist.
Es bleibt festzuhalten: Es wird ein neues Normal kommen – vielleicht ist es auch schon längst da. Unsere Verhaltensweisen und sozialen Interaktionen werden andere werden, aus den alten Raumstrukturen werden oder sind wir bereits herausgewachsen, wir brauchen ein neues Design. Und wenn dieses Design flauschige »wearable blankets« beinhaltet – super! Aber dann doch bitte als gemeinsames Erlebnis in einer neuen teambasierten Arbeitsumgebung, die viel verspricht und noch mehr halten wird. #Zusammenhalten – auch nach der Pandemie!
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