Täglich hinterlassen wir digitale Spuren in sozialen Netzwerken, Online-Bilderdiensten, beim elektronischen Bezahlen und bei der Authentisierung mit Smartcards. Meistens ist uns gar nicht bewusst, dass wir damit Informationen preisgeben, die wir im persönlichen Umgang vertraulich behandeln würden. So sind Bilder häufig mit Positions- und Zeitinformationen versehen. Mit deren Publizierung könnten sie anderen Personen detaillierte Rückschlüsse auf unser Verhalten und unsere Gewohnheiten erlauben und als Basis für ein ungewolltes Nutzerprofil dienen. Und ab kommenden November gibt es mit dem elektronischen Personalausweis eine neue Datenquelle. Was heißt das nun für uns? Werden wir durch das Hinterlassen solcher Datenspuren zum gläsernen Menschen? Verlieren wir die Herrschaft über unsere digitale Identität?
Hier setzt das Konzept der augmented id (a.id) an, welches von unserem Projektteam im gleichnamigen Fraunhofer Challenge Projekt entwickelt wird. Die a.id erweitert die persönliche Identität um eine digitale Komponente und dient in intelligenten Umgebungen sowohl als Kommunikationsschnittstelle als auch als Schutzschild. Die a.id agiert als Navigator und Manager durch die Datenflut, deren Verhalten zur Umwelt wir in Profilen, den sogenannten »faces«, selbst bestimmen können. Faces sind die unterschiedlichen Gesichter eines Nutzers in verschiedenen Kontexten. Sie wirken wie ein persönlicher Datenfilter, durch deren geschickte Kombination unsere digitale Sichtbarkeit und Kommunikationsfreudigkeit sehr differenziert gesteuert werden.
In der Praxis scheitern die Ansätze der a.id aber noch häufig an der Umsetzung, da Technologien und Dienste dem Nutzer diese zentrale Rolle häufig nicht zugestehen. Daher muss die Forschung verstärkt neue Konzepte entwickeln, die den Nutzer als gestaltendes Element ins Zentrum von Dienstleistungsangeboten stellen und intelligent auf dessen Bedürfnisse, Wünsche und Motive reagieren. Eine weitere wesentliche Forschungsaufgabe liegt in der Entwicklung neuartiger Benutzerschnittstellen, die eine möglichst einfache Konfiguration der digitalen Identität im jeweiligen Kontext erlauben – dabei aber möglichst automatisiert und dennoch individualisiert arbeiten.
Der konzeptionelle Ansatz der a.id ist auch von enormer wirtschaftlicher Relevanz. Wir wandeln uns zunehmend zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft, immer komplexere Geschäftsprozesse entstehen. Unternehmen müssen immer schneller auf Veränderungen reagieren, was zu steigendem Flexibilitätsbedarf führt und für Mitarbeiter mehr Gestaltungsraum erfordert. Die Führungskräfte stehen vor der Aufgabe, die zeitliche und strukturelle Flexibilisierung von Arbeitsprozessen zu gestalten. Dabei müssen sie das selbstorganisierte Handeln der Mitarbeiter proaktiv und dauerhaft auf die Unternehmensziele ausrichten und flexible Organisationsstrukturen schaffen, wenn Teams und Netzwerke künftig teils nur noch virtuell und temporär bestehen. Die a.id trägt das notwendige Potenzial in sich. Ob nun der Manager auf Geschäftsreise, der Ingenieur vor Ort oder bei der virtuellen Teamzusammenarbeit – die a.id stellt sich auf die jeweilige Arbeitssituation ein, bietet interaktive Schnittstellen und versorgt die Beteiligten mit den richtigen Informationen. So können schnell Entscheidungen getroffen, Informationen verteilt und Teamvernetzungen initiiert werden. Die a.id wird so zum mobilen Kommunikationszentrum, zum virtuellen Büro. Die a.id gibt den Mitarbeitern dadurch einen großen Handlungsspielraum, stellt aber auch hohe Anforderungen an deren Fähigkeit zur Selbstorganisation.
Wenn Sie mehr zum Thema a.id erfahren möchten, besuchen Sie auch unsere Projekt-Webseite. Hier finden Sie einen Film über ein fiktives Zukunftsszenario und Informationen zum a.id Demonstrator. Unser Demonstrator greift die Konzeptideen auf und setzt diese mit aktueller Technologie in einer Handy-Anwendung um.