Mal schnell Facebook gecheckt, eine Sprachnachricht an seinen Kollegen abgesendet oder die aktuelle Verkehrsprognose geladen: Beim Auto von heute geht es nicht mehr nur um das Fahren, sondern um unterwegs vernetzt zu sein. Wir wollen kommunizieren – das macht uns Menschen aus – und wenn 30% der in Deutschland Lebenden werktags im Schnitt mehr als eine Stunde auf den Straßen unterwegs sind, ist es schwer, während dieser Zeit darauf zu verzichten.
Multitasking oder: Warum das Auto nicht mehr nur Fortbewegungsmittel ist
Der vernetzte Mensch braucht das vernetze Auto (engl. „connected car“) als Gesprächspartner und Informationsquelle. Er ruft gerne aktuelle Verkehrsinformationen ab, wird gewarnt, wenn er Anzeichen von Müdigkeit zeigt, oder er bucht über einen virtuellen Assistenten einen Tisch im Restaurant. Darüber hinaus stillt das Auto auch das Entertainment-Bedürfnis, indem das Smartphone auf das Autodisplay gespiegelt oder ein individueller Musikstream abgespielt werden kann.
Konkret bedeutet das, alle Komponenten miteinander zu verbinden, die miteinander kommunizieren und Daten austauschen sollen: das Smartphone mit dem Auto, dieses wiederum mit anderen Autos, Ampelsignalen bzw. einem Verkehrsleitsystem oder mit dem Smart Home. Damit eine Vernetzung zwischen den verschiedenen Komponenten möglich ist, braucht es dafür jedoch verschiedene Kommunikationskonzepte für die unterschiedlichen Kommunikationswege.
Kommunikationskonzepte für vernetzte Autos
Die Kommunikationskonzepte für vernetzte Autos sind unter dem Oberbegriff Car2X zusammengefasst. Das X steht für die unterschiedlichen Kommunikationswege und für ein spezifisches dahinterstehendes Kommunikationskonzept. Dazu zählen das Smartphone (Car2Mobile), andere Autos (Car2Car), das eigene Zuhause (Car2Home), das Unternehmen (Car2Enterprise) und die Infrastruktur (Car2Infrastructure).
Aber was kann das Auto leisten und welche Vorteile entstehen, wenn alle Car2X-Kommunikationskonzepte in einem Auto umgesetzt sind?
- Über Car2Mobile kann das Smartphone auf verschiedene Weise mit dem Auto verbunden werden, sei es über Bluetooth oder WLAN. Musikstreaming, Navigation, Sprachsteuerung, Telefonieren und Screen-Sharing mit dem Autodisplay gehören heute schon zu den Standards. Somit ist jedoch gewährleistet, dass eine manuelle Bedienung während des Fahrens unterbleibt, gleichzeitig kann das Smartphone währenddessen wie gewohnt benutzt werden.
- Car2Home und Car2Enterprise macht das eigene Zuhause sowie das Unternehmen im Auto präsent. So ist über dieses die Heizung Zuhause steuerbar, der Zugriff auf den eigenen Heim-Server möglich oder die Abfrage des nächsten Geschäftstermins per Sprachsteuerung denkbar.
- Die folgenden beiden Kommunikationskonzepte werweitern den eigenen Lebensbereich um die äußere Umwelt, in dem sich das Auto befindet. Mit Car2Car und Car2Infrastructure wird das Auto mit anderen Autos und Systemen vernetzt, man könnte fast sagen, es wird sich selber »bewusst«. Diese zwei Kommunikationskonzepte sind auch die Voraussetzung für das autonome Fahren, denn ohne Interaktion mit der Umwelt wäre autonomes Fahren unmöglich.
- Car2Car ist ein Konzept, bei dem sich Autos in einem bestimmten Umkreis über alle potenziell interessanten und sicherheitsrelevanten Informationen unterhalten. So können sie Informationen über die Verkehrs- oder Straßenlage untereinander austauschen. Beispielsweise kann ein Auto einen Straßenabschnitt, auf dem sich Glatteis befindet, anderen Autos in der Nähe als Gefahrenzone melden.
- Car2Infrastructure beschreibt neben der Kommunikation mit weiteren am Verkehr teilnehmenden Autos auch den Informationsaustausch mit anderen Infrastrukturkomponenten, wie Lichtsignalanlagen. So kann eine vorausschauende Nutzung »grüner Wellen« an Ampeln oder eine grundsätzliche Optimierung des Verkehrsflusses an Kreuzungen erfolgen.
Ich denke, also bin ich – ein Auto
Mit den Car2X-Kommunikationskonzepten werden verschiedene Ziele angestrebt. Neben dem Bestreben von Car2Home, Car2Mobile und Car2Enterprise, sowohl den beruflichen als auch den privaten Bereich mit ins Auto zu nehmen, sollen Car2Infrastructure und Car2Car dazu beitragen, einen höheren Grad an Sicherheit zu erreichen sowie den Verkehrsfluss zu optimieren. Dies kommt in Folge natürlich auch der Umwelt zu Gute.
Zum Thema Sicherheit ermöglicht eine Echtzeit-Vernetzung mit anderen Autos den »Blick um die Kurve«. So können Informationen über stark befahrene Straßen oder unübersichtliche Kreuzungen übermittelt werden, um andere Fahrer vorzuwarnen. Für autonome Fahrzeuge, die in Kolonnen fahren, wie es mit LKWs in Politversuchen bereits gezeigt wurde, oder eine Schwarmintelligenz aufweisen sollen, wird die Car2Car– beziehungsweise Car2X-Kommunikation zur Voraussetzung.
Vernetzte Autos sind keine Zukunftsmusik mehr, sondern inzwischen allgegenwärtig. Sie bieten einen neuen Lebensstandard, Komfort und Fahrspaß für den Fahrer, schaffen eine höhere Sicherheit auf den Straßen, verbessern den Verkehrsfluss und leisten somit auch einen positiven Beitrag für die Umwelt. Der Fahrer kann seine Zeit im Fahrzeug effektiver nutzen oder diese sogar reduzieren, indem er rechtzeitig einen Stau umfährt oder der Verkehrsfluss durch voranschreitende Vernetzung erhöht wird. Auf diesem Weg werden wir Erkenntnisse gewinnen, aus denen noch vielfältigere Anwendungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle hervorgehen, die unsere Zeit im Fahrzeug in jeglicher Hinsicht optimieren.
Leselinks:
- Car2X: Wenn Autos mit der Umwelt kommunizieren (www.adac.de)
- Funktionsweise Car2x/V2X (www.vector.com)
- IEEE 802.11p (www.itwissen.info)
- Verweildauer im Auto (www.cosmosdirekt.de)
- Platooning: Vernetzte Lkw-Konvois starten Alltagsbetrieb auf der A9 (www.heise.de)
- Alle Blogbeiträge zum »Wissenschaftsjahr 2019: Künstlicher Intelligenz«