»Stoppen Sie den Wahnsinn!« tönte es lautstark und musikalisch untermalt von einigen Demonstranten im Hintergrund, als Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Verkehrsminister Peter Ramsauer am 7. Dezember das »Effizienzhaus-Plus mit Elektromobilität« in Berlin eröffneten. Der Protest richtete sich aber keineswegs gegen das Haus, sondern gegen neue Flugrouten über Berlin. Dabei ist das Plusenergiehaus auch der Wahnsinn, aber natürlich in positivem Sinne, denn es erzeugt mehr regenerative Energie, als seine Bewohner verbrauchen:
- Warmwasser und Heizwärme werden über eine 5,8 kW Wärmepumpe effizient ins Haus gebracht. Die Abluft geht direkt in die » Fußbodenheizung «, was eine Wärmerückgewinnung von über 80 Prozent ermöglicht.
- Über Solarzellen auf dem Dach und in der Fassade kann nicht nur der Energiebedarf des Hauses komplett gedeckt werden, sondern auch noch der zweier Elektroautos und eines E-Rollers mit zusammen 30.000 km Laufleistung im Jahr. Wenn die Simulationen aufgehen, bleibt am Schluss sogar noch Energie übrig.
- Die Fahrzeuge werden über Steckerschnittstellen oder über ein neuartiges induktives Ladesystem versorgt. Um Spitzenlasten abzufangen und um auch in der Nacht klimaneutral Laden zu können, steht ein 40 kWh Pufferspeicher aus gebrauchten Fahrzeugbatterien zur Verfügung. Hier wird den Mini-E-Batterien aus dem Modellversuch in Berlin ein zweites Leben eingehaucht.
- 150 Sensoren, mehrere Touchscreen-Panels und eine Smartphoneanbindung sorgen für Transparenz und für die Steuerung der gesamten Technik.
- Die ganze Anlage ist komplett recyclierbar, einschließlich der gesamten Inneneinrichtung.
Das Plusenergiehaus ist die praktische Umsetzung eines vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) ausgeschriebenen Wettbewerbs, bei der die Universität Stuttgart, unter Beteiligung des Instituts für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement IAT, zusammen mit dem Architekturbüro Werner Sobek mit ihrem Entwurf als Sieger hervorging. Es wurde in nur vier Monaten Planungs- und vier Monaten Bauzeit realisiert und zeigt, was heute im Bereich energieeffizientes Wohnen in Verbindung mit Mobilität möglich ist. Nicht von ungefähr sprach Minister Ramsauer deshalb auch von einem meilenweiten Fortschritt gegenüber früheren Plusenergiehäusern.
Es handelt sich bei dem Objekt aber nicht nur um einen reinen Prototypen. Eine vierköpfige Familie wird das Haus unter wissenschaftlicher Begleitung über ein Jahr lang tatsächlich bewohnen. Bis zum 19. Februar 2012 kann das Haus aber noch besichtigt werden und ich garantiere: Jeder Demonstrant der drin war, wird zu Recht singen: »Mehr von diesem Wahnsinn!«.
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