Spontanhelfende sind bei Krisen unverzichtbar, doch um ihre Hilfe effektiv einzusetzen, müssen Einsatzkräfte und Behörden bestimmte Voraussetzungen schaffen. Durch gezielte Einbindung und effektive Kommunikation können ihre vielfältigen Fähigkeiten optimal genutzt werden, wie Projekte und Krisenerfahrungen zeigen.
In den letzten Krisen, wie der Flutkatastrophe im Ahrtal oder den Flüchtlingswellen aus der Ukraine, hat sich der Nutzen von Spontanhelfenden gezeigt. Diese können ihre jeweiligen Stärken und Interessen gezielt einbringen, wenn sie entsprechend gefördert und eingesetzt werden.
Wieso engagieren sich Menschen?
Spontanhelfende haben unterschiedliche Motive für ihr Engagement: Bei den meisten Helfenden steht die Hilfe für andere Menschen und trotz des ernsten Anlasses der Spaß an der Helfertätigkeit im Vordergrund. Das Ansehen und der Einfluss hingegen spielen kaum eine Rolle. Allerdings ist die fehlende Zeit für viele der Grund kein langfristiges Engagement zu verfolgen. Aus diesem Grund entscheiden sich viele spontan bei Krisen zu helfen – die sogenannten Spontanhelfenden.
Da sich unsere Gesellschaft stärker individualisiert, zunehmend digitalisierter und älter wird, können wir davon ausgehen, dass sich auch das Engagement bei Krisen verändert, spontaner und flexibler wird. Zusätzlich wird die Sensibilität für persönliche Identitäten steigen. Das bedeutet, dass der Bevölkerungsschutz mehr Fokus auf gendersensible oder migrationssensible Arbeit legen muss. Was bedeuten diese Veränderungen für die Spontanhilfe?
Jeder Mensch, unabhängig von kulturellem Hintergrund oder sozialem Status, soll in der Lage sein, in Notsituationen Hilfe leisten zu können. Wenn unterschiedliche Bedürfnisse und Perspektiven einbezogen werden, wird die Resilienz einer Gesellschaft gestärkt. Ebenso müssen die gesellschaftlichen Veränderungen im Bevölkerungsschutz berücksichtigt werden, um eine zeitgemäße und zielgerichtete Kommunikation mit Spontanhelfenden zu ermöglichen.
In unserem Forschungsprojekt haben wir fünf Aufgabenbereiche untersucht und die besonderen Helfertypen skizziert:
Bau- und Handwerkstalente: Allzweckwaffen der Krisenbewältigung |
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Als erstes werden Tätigkeiten für Bau- und Handwerkstalente zusammengefasst. Diese Aufgaben sind für Menschen gedacht, die eine Ausbildung in den Bereichen Bauhandwerk, Mauerhandwerk, Zimmerei, Elektro-, Gas- oder Wasserinstallation haben. |
An- und Zupacker: Zugpferde des Katastrophenschutzes |
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Im zweiten Bereich werden starke Arme gesucht. Hier sollen beispielsweise Lasten getragen oder Zugänge freigelegt werden. Wichtig ist eine körperliche gute Verfassung und die Möglichkeit kräftig anpacken zu können. Optional sind die passende Schutzausrüstung, wie zum Beispiel Arbeitsschuhe oder Arbeitshandschuhe. |
Organisationstalente: Die Logistiker der Hilfe |
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Organisations- und Verwaltungstalente werden für den dritten Aufgabenbereich gesucht. Hier können zum Beispiel Menschen aus Sekretariatsarbeit, Veranstaltungsmanagement oder Vermittlungen aushelfen. Besonders wichtig sind hier eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit und ein freundlicher Umgang mit Mitmenschen. Die Erfahrung mit Office Programmen kann ebenfalls hilfreich sein. |
Helfer der Helfenden: Motivatoren und seelische Unterstützer |
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Ein weiterer Bereich kann als »großes Herz« zusammengefasst werden. Einfühlungsvermögen und eine ermutigende Art werdendafür benötigt. Auch bei diesen Aufgaben sind eine gute Kommunikationsfähigkeit und der Umgang mit Menschen wichtig. Optional kann eine pflegerische oder soziale Ausbildung hilfreich sein. |
Teamübersetzer zur Überwindung von Sprachbarrieren |
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Als letzter Tätigkeitsbereich sind Fremdsprachen Übersetzende gesucht. Insbesondere seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine wurde deutlich, dass nicht nur Übersetzungen aus dem Englischen wichtig sind. Deswegen können hierbei Menschen eingebunden werden, die neben Deutsch und Englisch, noch andere Sprachen, wie zum Beispiel Türkisch, Spanisch oder Ukrainisch sprechen. |
Im Forschungsprojekt »KatHelfer-PRO« der Universität Stuttgart werden diese Aufgabenbereiche in einem technischen System zur besseren Koordinierung von Spontanhelfenden genutzt. Die verschiedenen Icons stehen für die jeweiligen Einsatzbereiche.
Welche Voraussetzungen sind Grundlage für die Aufgaben?
Je nach Aufgabe müssen Spontanhelfende bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Neben den erforderlichen Talenten und Kompetenzen ist auch eine angemessene psychische Konstitution und Belastbarkeit wichtig. Eine Ansprechperson bei den Einsatzkräften ist ebenfalls eine entscheidende Grundlage für eine effektive Einbindung der Spontanhelfenden. Für die Bewältigung von psychischen Belastungen sollten den Spontanhelfenden Kontaktdaten für die psychosoziale Nachsorge zur Verfügung gestellt werden.
Die wichtigste Ressource bei Spontanhelfenden ist und bleibt die Motivation. Mit der Helfendentypologie entsprechend der jeweiligen Talente und Fähigkeiten, können professionelle Hilfskräfte eine Grundstruktur zur effektiven Einbindung Spontanhelfender entwickeln und sie entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit einsetzen – denn das ist die Voraussetzung für bleibende Motivation und gute Zusammenarbeit. Hierzu wird im Laufe des Projektes ein aktualisierter Tätigkeitenkatalog erarbeitet und veröffentlicht.
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