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Digitale Nachhaltigkeit: Wie verändert die Digitalisierung unser Konsumverhalten?

Wussten Sie, dass wir beim täglichen Googeln auch CO2 erzeugen? Wenn es um nachhaltige Alternativen geht, denken sicherlich viele zuerst an das Thema Mobilität. Doch die wenigsten wissen, dass das alltägliche Suchen etlicher Begriffe im Internet alleine durch den Energieverbrauch so viel zum weltweiten Kohlenstoffdioxid-Ausstoß beiträgt wie der Flugverkehr (s. Leselink). Das liegt unter anderem daran, dass die gesuchten Begriffe erst einmal von einem Datenzentrum erfasst, dann umgewandelt und sturzartig durch weitere Server gejagt werden. Nicht zu vergessen, die Herstellung einzelner Hardware, der Software und den Cloudverbindungen. Dabei kommt ganz schön was zusammen. Doch gerade in der aktuellen Krise wurde von heute auf morgen vieles in die digitale Welt verlagert. Wie können wir also die Digitalisierung vorantreiben und gleichzeitig nachhaltiger gestalten?

Schaufensterbummel im Internet – mit Digitalisierung zu nachhaltigerem Konsumverhalten

Zwar hat die Digitalisierung viele Vorgänge vereinfacht und beispielsweise dazu geführt, dass wir inzwischen Berge von Klamotten bestellen, sie zurückschicken, wo sie dann direkt auf dem Müll landen – was sich natürlich ebenso negativ auf unseren ökologischen Fußabdruck auswirkt wie das Benutzen von Suchmaschinen (s. Leselink). Dennoch birgt die Digitalisierung zahlreiche Chancen für den Umweltschutz – und das auch beim Online-Shopping! Wir können uns online über Produkte informieren, deren Herkunft, Bewertungen, Preise und gar die Verfügbarkeiten in den örtlichen Geschäften abrufen – und diese natürlich auch direkt erwerben und digital bezahlen. Die Tatsache, dass zunehmend Sharing-Angebote und Secondhandshops entstehen, zeigt, dass die Digitalisierung unser Konsumverhalten auch positiv beeinflussen kann: Das heißt hin zu weniger, aber dafür sinnvolleren und gezielteren Einkäufen.

Neue Absatzmöglichkeiten im Lebensmittelmarkt

Ein Digitalisierungsprojekt, das aktuell besonders boomt, ist der Lebensmittelhandel. Verschiedene Konzepte ermöglichen den Konsument*innen, sich ihr Essen online zu bestellen und nach Hause liefern zu lassen. Aber leisten diese digitalen Angebote auch ihren Beitrag zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz? Und können wir noch ohne digitale Fußabdrücke innovative Dienstleistungen in Anspruch nehmen? Betrachten wir das Ganze doch einmal durch die Bedürfnisbrille »Ernährung«:
Zahlreiche Menschen bestellen sich regelmäßig Essen von ihren Lieblingsrestaurants bei Lieferando, Lieferheld und Co. Lebensmittel im Online-Supermarkt zu bestellen war jedoch vor der Corona-Pandemie noch nicht so verbreitet. Denn nur etwa ein Prozent der Menschen in Deutschland haben ihren Einkauf im Internet erledigt (s. Leselink). Mittlerweile kommen die Lebensmittel-Lieferdienste der hohen Nachfrage kaum mehr nach. Sie können keine Neukund*innen mehr aufnehmen, alle Lieferzeitfenster sind bereits ausgebucht und viele Produkte sind gar nicht mehr vorrätig.

Auch hier stellt sich wieder die Frage: Wie nachhaltig sind die Konzepte aktuell und welche ressourcenschonenden Alternativen gibt es? Die Antwort fällt positiv aus. Mittlerweile gibt es nämlich auch zahlreiche Plattformen, die den Verkauf von regionalen Produkten fördern und sich somit zu einer wesentlichen Alternative für Landwirt*innen entwickelt haben. Durch diese neuen Absatzmöglichkeiten können besonders kleinere Betriebe größere Kundenstämme erschließen und dem »Hofsterben« entgegenwirken. Doch nicht nur die Förderung regionaler Produkte bestimmen die Nachhaltigkeit des Servicekonzepts von Plattformen. Auch Lieferketten, Verpackungen, ökologischer Anbau und die Qualität der Ware müssen mitbegutachtet werden (s. Leselinks).

Nutzung von Mobilitätsdienstleistungen bereits fortgeschritten

Gemeinsam mit meinen Kolleg*innen vom IAT der Universität Stuttgart, dem kooperierenden Institut des Fraunhofer IAO, und dem Öko Institut suchen wir im laufenden Projekt »regGem.Digital: Regionale Wertschöpfungs- und Nachhaltigkeitseffekte digitaler Plattformsysteme für zukünftige Grundversorgung von Ernährung und Mobilität« Antworten auf viele dieser Fragen.
Dabei wird nicht nur das Bedürfnisfeld Ernährung, sondern auch die digitalen Mobilitätsplattformen unter die Lupe genommen (s. Leselinks). Wie vorab bereits vermutet, haben wir festgestellt, dass die Nutzung von digitalen Dienstleistungen im Mobilitätsbereich weiter fortgeschritten ist als im Ernährungsbereich. Mobilitätsdienstleistungen verzeichnen ein kontinuierliches digitales Wachstum, wie auch die Angebote in diesem Bereich.

Die erste Analyse zeigt, dass die Intention hinter den entstehenden Mobilitätsangeboten oftmals sehr unterschiedlich ist. In suburbanem und dem ländlichen Raum entstehen diese vielmals aus bürgerlichem und kommunalem Engagement. Die Angebote werden häufig über öffentliche Förderungen und Ehrenämter finanziert sowie durch Unterstützung von Kooperationen mit lokalem Gewerbe, um den öffentlichen Verkehr eher zu ergänzen und somit die Daseinsvorsoge zu sichern. In urbanen Räumen hingegen sind auffallend viele kommerzielle Anbieter aktiv, welche meist durch namhafte Muttergesellschaften unterstützt oder von diesen ausgegründet werden. Hier zeichnet sich eine deutlich höhere Vielfalt sowie ein deutlich höherer Leistungsumfang ab. Wir werden weiter untersuchen, wie nachhaltig diese Vielfalt an Möglichkeiten wirklich ist und ob solche digitalen Angebote tatsächlich zu weniger Nutzung des privaten Autos führen und stattdessen die gemeinsame Nutzung oder der ÖPNV gestärkt wird.

Im Vergleich: ungenutzte Potenziale im Ernährungsbereich

Im Bedürfnisfeld Ernährung haben meine Kolleginnen herausgefunden, dass das Kaufverhalten noch sehr gering ist. Das liegt u.a. an der anspruchsvolleren Logistik von Frische- und Tiefkühlwaren und den daraus resultierenden hohen Versandkosten oder Mitgliedsbeiträgen. Zudem nimmt hier das Bedürfnis nach einem Einkaufserlebnis für Konsument*innen eine große Rolle ein, welches durch den Online-Handel durch u.a. nutzerunfreundlich gestaltete Websiten nicht zufriedenstellend gestillt wird. Das beeinträchtigt zudem die Rentabilität der digitalen Plattform. Demnach bleiben die Potenziale der Plattformökonomie im Ernährungsbereich in großen Teilen ungenutzt (s. Leselink).

Diese ersten Zwischenergebnisse des Projekts liegen in detaillierter Form für jeweils 15 digitale Plattformen aus beiden Bedürfnisfeldern als Kurzpapier vor.

Leselinks:

Jennifer Krauß

Studierte Soziologin und Politologin mit dem Schwerpunkt »European Governance and Democracy«. Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team »Urban Governance Innovation«, wobei der Schwerpunkt ihrer Forschungsarbeit auf Urban Governance und nachhaltiger Digitalisierung innerhalb der Stadtentwicklung liegt.

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