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Inhalte vor Image: Warum Ihre Stadt keine Smart City werden sollte

Vor kurzem wurde wieder der Smart-City-Index des IT-Branchenverbands Bitkom veröffentlicht. Dieser liefert jährlich den aktuellen Status über die Digitalisierung in Deutschlands Großstädten und zeichnet dabei besonders engagierte Stadtverwaltungen mit den Spitzenpositionen im zugehörigen Ranking aus. Zudem verspricht eine promintente Platzierung in der Erhebung auch eine gewisse mediale Aufmerksamkeit.

Diese Rankings versinnbildlichen stets aber auch eines: Städte und Kommunen in Deutschland mögen zwar Teil der öffentlichen Verwaltung mit ihrer jeweiligen kommunalen Hoheitsgewalt sein, sie stehen dennoch in einem marktwirtschaftlichen Wettbewerb zueinander, weil sie sich als attraktive Wohn- und Lebensumgebung oder als zukunftsträchtiger Unternehmensstandort positionieren müssen. Da kommen solche Rankings und Erhebungen gerade Recht. Erfolgsmeldungen wie beispielweise die meisten Grünflächen (Potsdam), die niedrigste Arbeitslosigkeit (Eichstätt), die meisten Start-up-Gründungen (Berlin) oder eben auch die beste digitale Infrastruktur (Köln) können öffentlichkeitswirksam für die Außendarstellung genutzt werden. Das ist legitim, kann aber vom Wesentlichen ablenken. Denn gerade mit Blick auf das Thema Smart City sollte es nicht darum gehen, allein den städtischen Digitalisierungsgrad zu erhöhen, sondern die Verwaltungsstrukturen (auch unter Zuhilfenahme technologischer Lösungen) an den individuellen Bürgerbedarfen auszurichten.

Eine Interpretation, die sich hier bei all der Indikatorik natürlich anbietet, ist, dass sich diejenigen mit Nachholbedarf einfach an den Vorreiter-Städten orientieren können. Das ist allerdings aus verschiedenen Gründen deutlich schwieriger als es auf den ersten Moment erscheint:

In anderen Worten: Auch wenn Städte ähnliche Bedarfe haben, benötigen sie oftmals sehr unterschiedliche und individuelle Lösungen, die manchmal eben auch gar nicht digital sind. Dennoch kann die Digitalisierung ein wichtiger Baustein in einer ganzheitlichen Stadtentwicklung sein, bei weitem jedoch kein Allheilmittel. Dies wiederum legt aber der Smart-City-Terminus in vielen Fällen nahe.

Wenn Sie sich also dem städtischen Wettbewerb stellen, differenzieren Sie sich, indem sie die Spielregeln ändern. Zeigen Sie ein anderes Selbstverständnis mit einem souveränen und unaufgeregten Umgang mit digitalem Fortschritt:

Ihre Stadt sollte nicht dafür wahrgenommen werden, dass nun eine Smart-City-App alle Mobilitätsangebote bündelt, sondern dafür, dass öffentliche Verkehrsmittel unkompliziert nutzbar und Informationen über Tarife und Netzpläne einfach zugänglich sind.
Auch die Information, dass mittels Sensorik Daten über das städtische Verkehrsaufkommen gesammelt werden, bietet für Bürgerinnen und Bürger wenig Greifbares. Wenn hingegen klar wird, welche unmittelbaren Effekte damit verbunden sind (z.B. weniger Schadstoffbelastung oder Zeitverlust im Straßenverkehr) wird der Mehrwert erkennbar. Das geht ganz ohne Smart City.


Trendradar zur kommunalen Digitalisierung: Neuem ohne Hype begegnen. (Quelle: Fraunhofer IAO)

 

Machen Sie sich also nicht auf den Weg zur Smart City, wie es gerne abgedroschen in der Presse heißt, sondern gehen Sie noch einen Schritt weiter. Wir erklären immer gerne, was wir erfolgreich umgesetzt haben. Wichtiger ist es aber, zu vermitteln, warum. Ich wünsch Ihnen dabei viel Erfolg!

PS: Auf diesem Weg kann Ihnen vielleicht auch unser aktueller Leitfaden »Kommunale Daten richtig nutzen« helfen (siehe Leselinks). In diesem haben meine Kollegen und ich viele Facetten, Anwendungsfelder und Handlungsoptionen rund um das Thema Daten zusammengefasst, die die Komplexität aber auch die Möglichkeiten im kommunalen Feld beschreiben.

Leselinks:

Patrick Ruess

Leitet das Team »District Innovation Ecosystems« und die Fraunhofer IAO-Außenstelle in München. Forscht daran, wie sich Neues in Städten etabliert und Innovationen übertragen werden können.

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