Gastbeitrag
Wissenschaftsjahr 2013: Die demografische Chance

Am Anfang waren riesige Handy-Tasten. Sie sollten älteren Menschen eine Hilfe sein. Doch als sie Mitte der neunziger Jahre auf den Markt kamen, wollte sich kaum jemand damit sehen lassen: Denn schon von weitem war sichtbar: Hier ist jemand nicht mehr ganz auf der Höhe. Die gut gemeinten Senioren -Telefone mit dem Altersstigma verschwanden schnell wieder vom Markt. »Gut gemeint« entpuppte sich in den Anfängen der Spitzentechnologie für Senioren einmal mehr als das Gegenteil von »Gut« – nicht etwa weil es uns in Deutschland an den technologischen Voraussetzungen mangelt, sondern am fehlenden Verständnis für die wirklichen Bedürfnisse älterer Menschen. Wenn sich das nicht ändert, sind weitere Millionenflops absehbar.

Spitzentechnologie für Senioren: Vom Nutzer ausgehen, nicht von der Technik

Auch ältere Menschen haben ein Bedürfnis nach ästhetisch schönen Dingen. Lifestyle-Produkte wie das Smartphone dürfen deshalb nicht nur nach ergonomischen Gesichtspunkten ausgelegt werden. Mindestens ebenso wichtig ist es, das Selbstverständnis ihrer älteren Nutzer im Produkt umzusetzen. Ästhetik ist für Senioren genauso wichtig wie Ergonomie. Dass Einschränkungen älterer Nutzer auch als Entwicklungsmotor verstanden werden können, zeigt ein Ansatz aus den USA: Das sogenannte »Universal Design« kehrt das bei uns immer noch übliche Entwicklungsprinzip geradezu um. Die Philosophie dahinter: Wenn ein Gerät für ältere Menschen gut geeignet ist, dann bedienen es auch jüngere gerne. Idealtypisch für diese Entwicklung stehen inzwischen Smartphones und Tablets, denen die Firma Apple den Weg in den Massenmarkt geebnet hat, die aber ursprünglich auch nicht speziell für ältere Menschen konzipiert wurden. Tasten gibt es nur wenige, die Symbole und Schriften können oft leicht und diskret im Display vergrößert werden.


© Attila Holder Master Online: Integrierte Gerontologie

 

Smartphones und Tablets sind als Produkt eine Erfolgsgeschichte, deren Potenzial für die alternde Gesellschaft in Deutschland immer noch weitgehend brach liegt. Innovationen in diesem Bereich sind derzeit meist noch auf jüngere Altersgruppen zugeschnitten, doch das Thema Alter und Altern wird für die Technologien und Dienstleistungen der Zukunft eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Morgen stellen wir Ihnen im zweiten Teil unseres Gastbeitrags im IAO-Blog die Zukunftschancen der deutschen Wirtschaft in diesen Bereichen vor und beschreiben die neuen Bildungswege, die neben der Zukunft des Standorts vor allem eine Karrierechance darstellen.

Thomas Maier

Prof. Dr.-Ing. Thomas Maier ist Leiter des Forschungs- und Lehrgebiets Technisches Design an der Universität Stuttgart.

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Kategorien: Digitalisierung, Mensch-Technik-Interaktion
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