In Zeiten der Pandemie hat die Digitalisierung einen kräftigen Schub erfahren. In vielen Unternehmen gehören Videokonferenzen und Homeoffice mittlerweile zum Arbeitsalltag. Zwei von drei Unternehmen denken konkret darüber nach, ihre Arbeitsprozesse weiter zu digitalisieren, um Produktivitätspotenziale zu erschließen. So sollen KI-basierte Recherche-Instrumente und Chatbots Mitarbeitende von Routinearbeiten entlasten. In der betrieblichen Praxis stoßen solche Konzepte allerdings an Grenzen. Immer mehr Mitarbeitende beklagen die Bedeutungslosigkeit ihrer Arbeitstätigkeit. Der Gallup Engagement Index von 2021 gibt an, dass 68 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland nur noch Dienst nach Vorschrift machen. Rund 40 Prozent der Berufstätigen unterstellen, dass es keinen Unterschied mache, wenn ihr Job wegfalle. Menschliche Leistung braucht eine soziale Resonanz, um Bedeutung zu erlangen. Diese Resonanz, die auf persönlicher Begegnung beruht, geht in digitalisierten Arbeitsprozessen offensichtlich verloren. Darunter leiden Motivation und Produktivität. Die Frage, wie wir digitale Arbeit in einen sozialen Zusammenhang bringen können, stellt sich immer dringlicher. Es gilt, die Nutzenpotenziale der künstlichen Intelligenz mit der sozialen Intelligenz zu verbinden.

Wie verbinden wir künstliche und soziale Intelligenz?

Dieser wichtigen Fragestellung nimmt sich die Arbeitsforschung an. Ihr besonderes Erkenntnisinteresse gilt dem optimalen Zusammenwirken des Menschen mit Technik und Organisation. Die Arbeitsforschung leitet daraus vorteilhafte Gestaltungsgrundsätze für die menschliche Arbeit ab. Einschlägige Aktivitäten werden bundesweit in 13 »Regionalen Kompetenzzentren der Arbeitsforschung« gebündelt.

Regionalisierung der Arbeitsforschung: Kompetenz aus der Region für die Region

Die »Kompetenzzentren der Arbeitsforschung« sind Orte der Forschung, des Transfers und der Erprobungsorte zugleich. Sie verwirklichen eine »soziale Hülle« für eine auf Kontinuität angelegte Kommunikation und Kooperation der Projektbeteiligten. Durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit schaffen die Kooperationspartner günstige Voraussetzungen für hochwertige Forschungs- und Transferleistungen, die sich nicht auf kurzfristige ökonomische Ertragssteigerungen beschränken. Die Gestaltungsfelder der einzelnen Kompetenzzentren umfassen u. a. die Künstliche Intelligenz, die Kreislaufwirtschaft und die Gesundheitsprävention.

Konzeptionelle Grundlage der Kompetenzzentren sind die sog. »Forschungscluster«. Regionale Forschungscluster werden als Ansammlung von Unternehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen, Dienstleistern, Sozialpartnern und Politik verstanden, die sowohl konkurrieren als auch kooperieren können. Diese Akteure machen sich ein regionales Kooperationsnetzwerk zunutze, das ihnen einen direkten Zugang zu Expertise, Infrastrukturen und Arbeitskräften bietet. Regionalen Clustern wird eine hohe Relevanz für die Innovationskraft von einzelnen Unternehmen oder ganzen Branchen zugeschrieben, was auf deren Spezialisierung zurückzuführen ist. Regionale Cluster stellen Keimzellen der Forschungskooperation dar, indem sie persönliche Begegnung und gemeinsame Erfahrungen ermöglichen. Eine transparente Kommunikation fördert die Erwartungs- und Handlungssicherheit aller Beteiligten und erhöht die Erfolgschancen gemeinsamer Innovationen.

Öffnung der regionalen Angebote: die »Cloud der Arbeitsforschung«

Anhand von Demonstratoren und Leuchtturmprojekten zeigen die Partner in den Kompetenzzentren konkret auf, wie sich künstliche und soziale Intelligenz verbinden lassen. Forschungsergebnisse werden u. a. anhand von Checklisten, Expertengesprächen und Workshop-Formaten kommuniziert. Um die Erkenntnisse der regionalen Kompetenzzentren weiteren Interessenten zugänglich zu machen und um diese ortsunabhängig in die Forschungs- und Transferprozesse einzubinden, entsteht gegenwärtig eine soziale Internet-Plattform, die sog. »Cloud der Arbeitsforschung (CdA)«. Die CdA ermöglicht einen öffentlichen Zugang zur Community der Arbeitsforscher, zu ihren Fragestellungen und zu ihren Lösungsansätzen. Sie verbindet theoretische Erkenntnisse mit praktischer Anwendung. Anwendungswissen wird anhand betrieblicher Erfolgsbeispiele dokumentiert und in der Community geteilt. Die Community-Mitglieder stimmen Intensität und Umfang ihrer Zusammenarbeit unter Einhaltung gemeinsamer Verfahren und Regeln ab. Eine notwendige Kontrolle wird über Transparenz und Rückmeldung der Beteiligten erzeugt. Ein Prototyp der CdA, die im Rahmen des BMBF-Projektes »CoCo – Connect & Collect« entwickelt wird, geht im Frühjahr 2024 in Betrieb.

Erfahren Sie mehr über die Arbeitsforschung, die regionalen Kompetenzzentren und die »Cloud der Arbeitsforschung« auf der Projekt-Homepage oder in unserem aktuellen Image-Video.

Förderhinweis: Das Projekt »CoCo – Connect & Collect« wird im Rahmen des BMBF-Forschungsprogramms »Zukunft der Wertschöpfung« finanziell gefördert (Förderkennzeichen 02L19C000 ff).

Logo des Projekts Connect & Collect (CoCo)

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Martin Braun

Experte für menschliche Arbeit. Aufgrund umfassender Projekterfahrungen ist er überzeugt, dass Kreativität und Initiative erfolgskritische Faktoren in Unternehmen sind. In seinen Beiträgen gibt er Denkanstöße zum Human Factors Engineering und zeigt Erfolgsgeschichten auf.

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Kategorien: Digitalisierung
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