Die Parksituation in einer mittelgroßen deutschen Stadt sieht heute ungefähr so aus: Im Zentrum wird direkt vor den Geschäften geparkt. Oft geschieht dies noch kostenlos. Wer im Zentrum nichts findet, fährt in angrenzende Nebenstraßen und stellt sein Auto dort ab. Kostenlos versteht sich. Die 2 bis 3 kommunalen Parkhäuser sind nur für Dauerparker interessant oder für Leute, die sich nicht auskennen. Die massiven Defizite, die mit diesen Parkhäusern eingefahren werden, trägt die Stadt, also die Bürger und somit auch diejenigen, die kein Auto haben. In den Wohngebieten am Stadtrand stellen die Leute ihre Autos am liebsten auf die Straße. Viele haben zwar Garagen, aber da stehen die Tischtennisplatte und der Rasenmäher drin. Ein Auto passt nicht mehr rein. Und der neue SUV ist sowieso zu breit. Also ab in den öffentlichen Raum damit – es kostest ja nichts.

Neue Konzepte sind gefragt

Wird diese Entwicklung noch lange so weitergehen können? In Zeiten, in denen auch mittelgroße Städte dynamisch wachsen und sich stark verdichten bzw. sich auch verdichten wollen? Ich glaube nicht. Im Gegenteil. Es deutet vieles darauf hin, dass jetzt ein Umdenken, oder vielleicht sollte man sagen ein »Umparken«, im Kopf stattfindet. Denn:

  1. 1. Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass öffentliche Flächen in Städten knappe Güter sind, die einen »Wert« darstellen, so dass Parkflächen automatisch in Konkurrenz zu anderen Nutzungsoptionen stehen.
  2. 2. Die Gesellschaft akzeptiert zunehmend den Gedanken, dass der Individualverkehr ökologische und soziale Folgekosten produziert, die bislang nicht vom Verursacher getragen, sondern auf die Allgemeinheit abgewälzt werden.
  3. 3. Die neu entdeckte, aber eigentlich schon immer gültige Attraktivität der Stadt resultiert aus der urbanen Dichte, die sich einstellt, wenn Menschen, Kultur- und Warenangebote auf engem Raum zusammenkommen. Das Auto stört da, weil es durch seinen Flächenbedarf dem Prinzip der urbanen Dichte entgegensteht.
  4. 4. Neue technische Lösungen im Bereich der Sensorik, der Parkplatznavigation und der digitalen Abrechnung eröffnen neue Möglichkeiten für eine integrierte Parkraumbewirtschaftung in der Stadt.

Diese Entwicklungen werden dazu führen, dass schon bald jede Stadt für sich ein adäquates und auf ihre Bedürfnisse angepasstes kommunales Parkraumbewirtschaftungskonzept entwickeln wird.

Integrierte Parkraumbewirtschaftung

Dabei handelt es sich um einen anspruchsvollen kommunalpolitischen Prozess, denn sämtliche Maßnahmen zur Gestaltung des »ruhenden Verkehrs« müssen integriert betrachtet werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Regelungen kontraproduktive Effekte haben oder ins Leere laufen. Dazu einige Beispiele:

  • Wer das Parken auf der Straße nicht teurer macht als im Parkhaus, erhöht den Parkplatzsuchverkehr in der Stadt, weil die Leute zunächst am Straßenrand suchen.
  • Wer das Straßenparken erstmals kostenpflichtig macht, muss auch Anwohnerparksysteme einführen, andernfalls flüchtet der Parkverkehr in die Wohngebiete.
  • Wer neue Wohnquartiere plant und nur den Stellplatzschlüssel reduziert, riskiert, dass die Leute, die zwei Autos haben, diese im sogenannten »autoarmen Quartier« kreuz und quer auf dem Bürgersteig abstellen.

Parken ist eine komplexe, aber auch eine sensible Sache, denn das Auto ist mehr als ein Fortbewegungsmittel. Da hängen Emotionen dran und aus Sicht der Betroffenen finden sich immer Gründe, warum alles so bleiben soll, wie es schon immer war. Aber Städte werden nicht umhin kommen, die immer weiter wachsenden Mobilitätsbedürfnisse stärker zu steuern – schon allein deshalb, weil damit die Qualität des öffentlichen Raumes gesteigert und zugleich eine substanzielle Einnahmequelle erschlossen werden kann. Das setzt aber voraus, dass man es richtig angeht. Und dies wiederum verlangt eine Parkraum-Strategie, eine gute Daten- und Informationsbasis und einen abgestimmten kommunalpolitischen Entscheidungs- und Umsetzungsprozess, damit der Parkraum im Interesse aller bewirtschaftet werden kann. Andernfalls können sich kommunale Entscheidungsträger beim Thema Parken gehörig die Finger verbrennen.

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Bernd Bienzeisler

Grenzstellen-Wissenschaftler am Fraunhofer IAO. Findet hier optimale Bedingungen, um seinen Interessen zwischen technologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen nachzugehen. Bevorzugt privat die Fortbewegung auf Zweirädern.

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Kategorien: Future Mobility, Stadtentwicklung
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