Heute geht die diesjährige Hannover Messe Industrie zu Ende. Und nachdem alle Presseberichte geschrieben, alle Werbegeschenke verteilt und alle Reden gehalten wurden, ist es Zeit für einen persönlichen, natürlich nicht umfassenden, sondern subjektiven Blick auf die Tage in Hannover.
Mein persönliches Fazit für die Zukunft der Produktion passt in einen Satz:
Robotik und vor allem Mensch-Roboter-Kollaboration werden in den nächsten Jahren massiv in die Fabrikhallen einziehen!
Bei all den Innovationen auf dem Gebiet, wird jedoch nicht die technische Leistungsfähigkeit über Erfolg oder Misserfolg entscheiden, sondern das Timing einer flächendeckenden Einführung in die Serienproduktion. Diese wird in den nächsten drei Jahren vonstattengehen. Und das hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: Preis, Anwendbarkeit und Akzeptanz.
Der Preis
Die Kosten eines Leichtbauroboters sind kein Argument mehr dagegen. Eine Roboter-Stunde kostet derzeit mit 3-5 Euro wesentlich weniger als eine Mitarbeiterstunde mit 30-50 Euro – und das nicht nur in Deutschland. Der nächste Entwicklungsschritt wurde von Universal Robots bereits in Hannover gezeigt – der UR3 mit einem Listenpreis von 16 000 Euro.
Die Anwendbarkeit
Ja, wir suchen heute vielfach noch Anwendungsgebiete für die Mensch-Roboter-Kollaboration. Beim genaueren Hinsehen sind die Roboter-Kollegen in Orange und Blau zu Testzwecken aber bereits im Mittelstand angekommen. Vielfach für einfache Maschinenbedienungs- oder Einlegeaufgaben als erstes Anwendungsgebiet. Und dies, obwohl Produkte und Produktionsprozesse noch lange nicht robotergerecht gestaltet werden.
Die Akzeptanz
Diese lässt sich am ehesten an der zwiegespaltenen Diskussion festmachen, die momentan zum Thema Sicherheit geführt wird. Tätigkeiten von Mensch und Roboter in einem gemeinsamen Arbeitsraum sind ein sensibles Thema. Die Risiken aus den Bereichen Arbeits- und Informationssicherheit sind zweifellos vorhanden. Eher verwundert hat mich die intensive Diskussion zum Thema Zertifizierung. Selbstverständlich ist es notwendig, neben den einzelnen Robotern auch die Anwendung sicher zu gestalten. Ein sicherer Roboter mit einem Messer in der Hand (korrigiere: im Greifer) birgt hohes Gefährdungspotenzial. Klare Einsatzgrenzen, Zertifizierungslabore und Gestaltungskataloge helfen hier aber bestimmt mehr als Verweigerung. Aber auch die akzeptanzförderliche Gestaltung des Mensch-Roboter-Einsatzes gilt es zukünftig aktiv zu gestalten. Den Kollegen Roboter einfach in die Line setzen, ist da zu wenig.
Unliebsame Aufgaben: Kollege Roboter, übernehmen Sie!
Eine wesentliche Hürde für den kooperativen Robotereinsatz ist offensichtlich in den letzten Monaten gefallen. Die Akzeptanz der Belegschaften für die neuen Kollegen wird mit dem Maße steigen, wie die Maschinen ergonomisch ungünstige, monotone oder belastende Tätigkeiten übernehmen. Arbeit, die heute keinen Spaß macht, den Menschen nicht herausfordert und sie noch dazu langfristig gesundheitlich gefährdet.
Roboter werden auf der Hannover Messe gar als Wegbereiter guter Arbeit in der Fabrik 4.0 angeführt. Aber das ist ein anderes Thema…
Kategorien: Advanced Systems Engineering (ASE)
Tags: Industrie 4.0, Produktion, Produktionsmanagement
Hallo Moritz,
ein wirklich sehr interessanter Artikel zum Thema Robotik in der nahen Zukunft. Auch wir haben täglich mit Roboteranwendungen zutun und beobachten vor allem in den letzten zwei Jahren riesen Fortschritte. Aber ich finde auch, dass man auf dem Gebiet Akzeptanz noch einiges klären muss, bevor der Arbeitskollege Roboter in vielen Betrieben Realität wird. Ansätze für dieses Thema sind z.B.
Not-Aus-Schalter die über eine Zentrale jederzeit den Stromkreislauf der Roboter lahm legen können oder Lichtschranken, die den Roboter ausschalten, sobald er oder ein Mensch in eine definierte Zone eindringen. Wir werden sehen was die Zukunft bringt. Beste Grüße