Zwei Stunden mehr Zeit pro Tag? Ist Künstliche Intelligenz die Antwort auf den Pflegenotstand? Angesichts von Fachkräftemangel, hoher Belastung und einer immer komplexer werdenden Aufgabenvielfalt, die den Alltag von Pflegeteams und Einrichtungsleitungen prägen, rückt KI als unterstützendes Werkzeug in den Fokus. Die Publikation des Fraunhofer IAO im Rahmen des Projekts pulsnetz MuTiG zeigt, wie Künstliche Intelligenz bereits an vielen unterschiedlichen Stellen im Pflege- und Management-Bereich ansetzen und Freiräume schaffen kann, um genau dieses Potenzial zu realisieren.

Im Rahmen der Studie, »First AId – Eine Studie über KI im Gesundheitswesen«“ wurden über 5.000 medizinische Fachkräfte, auch deutsches Pflegepersonal, zum Potenzial von KI in ihrer beruflichen Praxis befragt mit einem klaren Ergebnis: Die Befragten sehen ein Einsparpotenzial von bis zu 80 Prozent bei administrativen Aufgaben auf allen Hierarchieebenen.

Dies lässt aufhorchen, denn KI kann neben den eher bekannten Anwendungen der generativen KI ein sehr breites Spektrum an Aufgaben wie Servicedienstleistungen mit Robotik, Sprachdokumentation, oder die Touren- und Einsatzplanung unterstützen. In unserem Forschungsprojekt pulsnetz MuTiG wollen wir eine erste Orientierung in diesem KI-Dschungel geben und haben KI-Anwendungen nach praktischen Aufgabenbereichen sortiert:

Die Führungsebene: Smarte Unterstützung für Führungskräfte und Pflegeleitende

Leitendes Personal in der Pflege trägt eine enorme Verantwortung. Es muss strategische Entscheidungen treffen, Personal managen und gleichzeitig den Überblick über alle operativen Abläufe behalten. Hier kann KI bereits heute eine wertvolle Unterstützung bieten:

Typische Aufgabenbereiche einer Einrichtungs- und Pflegedienstleitung

Typische Aufgabenbereiche einer Einrichtungs- und Pflegedienstleitung

  • Strategische Planung: KI-gestützte Systeme können helfen, Personal- und Tourenpläne zu optimieren, indem sie Daten zu Verfügbarkeit, Bedarf und Routen analysieren.
  • Administration: Ob bei der Erstellung von Präsentationen, der Budgetüberwachung oder der Verwaltung von Dokumenten – KI-Tools automatisieren zeitaufwändige, repetitive Aufgaben.
  • Kommunikation: Intelligente Assistenten können bei der Erstellung von zielgruppenspezifischen Texten und Mailings helfen oder die interne Kommunikation verbessern.

So können sich Einrichtungsleiterinnen und Einrichtungsleiter wieder auf ihre Kernaufgaben konzentrieren: die Entwicklung ihrer Organisation und die Unterstützung ihres Teams.

Der Pflegeteam-Alltag: KI als Entlastung bei pflegerischen Aufgaben

Der größte Mehrwert von KI liegt in der direkten Entlastung der Pflegeteams. Die Technologie kann Routineaufgaben übernehmen und damit den Druck reduzieren. So könnte die KI-gestützte Praxis für Pflegekräfte aussehen:

Typische Aufgabenbereiche eines Pflegeteams

Typische Aufgabenbereiche eines Pflegeteams

  • Organisation und Dokumentation: Mobile Spracherfassungssysteme übertragen Schichtübergaben und Pflegedokumentationen direkt in digitale Akten.
  • Pflege, Betreuung und Hauswirtschaft: Intelligente Sensoren können Stürze erkennen und Notfälle melden, während Exoskelette beim Heben schwerer Lasten unterstützen und das Personal körperlich entlasten.
  • Zusammenarbeit in Therapie & Medizin: KI-basierte Tools ermöglichen 3D-Wundanalysen und verbessern die Medikationseinhaltung, indem sie personalisierte Gesundheitspläne erstellen.

Diese Beispiele zeigen: Die Technologie arbeitet im Hintergrund, um Pflegenden den Rücken freizuhalten, damit diese ihre Zeit in das investieren können, was sie auch wirklich machen wollen – die menschliche Pflege und Betreuung.

Ein realistischer Überblick: Was KI leisten kann und was nicht

Um einen realistischen Überblick gewinnen zu können, muss man klar zwischen technischer Unterstützung und menschlicher Fürsorge unterscheiden. KI kann unter anderem wiederkehrende, repetitive Aufgaben übernehmen, aber sie kann und soll keinesfalls menschliche Nähe, Empathie und emotionale Unterstützung ersetzen. Die eigentliche Stärke liegt darin, den Mitarbeitenden mehr Zeit für die Pflege von Menschen zu schaffen.

Sie stehen als Fach- oder Führungskraft selbst vor der Herausforderung, mit wenigen Ressourcen viel für Menschen in Pflege bewirken zu müssen? Sie möchten sich einen Überblick verschaffen und suchen nach kleinen Stellschrauben, die etwas bewirken können? Unsere neuste Publikation »Die Zukunft der Pflege: Künstliche Intelligenz als praktische Unterstützung im Alltag« gibt Ihnen Orientierung, wo sie technologiegestützt ansetzen können.

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Julia Berner

Julia Berner ist Forscherin, Kommunikatorin und Innovationsbegleiterin an der Schnittstelle von Mensch und Technologie. Auf dem Blog teilt sie Ergebnisse und Beobachtungen aus ihrer Arbeit u. a. zu den Themen digitale Transformation, Künstliche Intelligenz sowie smarte Services und Produkte. Sie freut sich über eine Vernetzung auf LinkedIn.

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Kategorien: Arbeitswelten (New Work, Connected Work), Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz, Zukunftstechnologien
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