Blogreihe Doppelte Transformation
Im Projekt »Erfolgsfaktoren gelingender doppelter Transformation« untersucht das Fraunhofer IAO gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung, wie deutsche mittelständische Unternehmen mit den Herausforderungen der digitalen und nachhaltigen Transformation (also der doppelten Transformation) umgehen, welche Treiber und internen Akteure die doppelte Transformation in Gang setzen und welche Prozesse, Strategien und Entscheidungswege für eine erfolgreiche Umsetzung der doppelten Transformation im Unternehmen notwendig sind.

Neue regulatorische Anforderungen, Ansprüche von Kapitalgebern, Erwartungen von Kunden und Mitarbeitenden: Unternehmen kommen nicht umhin, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Das ist nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance, Unternehmensstrategien und Geschäftsmodelle zu reflektieren und zu überdenken. Doch wie geht das in der Praxis? Wie lässt sich Nachhaltigkeit ins Geschäftsmodell integrieren? Und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?

Nachhaltiges Geschäftsmodell ist nicht gleich nachhaltiges Geschäftsmodell

Das Konzept nachhaltiger Geschäftsmodelle verbindet das breite, oft nebulöse und allzu oft ideologisch geprägte Thema der Nachhaltigkeit mit einem bereits seit Jahren etablierten und sehr konkreten betriebswirtschaftlichen Konstrukt, dem Geschäftsmodell. Vielleicht gerade deshalb stößt dieses Konzept sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis auf positive Resonanz. Weg vom üblichen Kostendenken, das häufig mit Nachhaltigkeitsmaßnahmen verbunden wird, hin zur Überzeugung: »Mit Nachhaltigkeit Gewinne erzielen«. Doch was verbirgt sich hinter dem Konzept nachhaltiger Geschäftsmodelle? Wie unterscheiden sie sich von herkömmlichen Geschäftsmodellen? Und was ist an diesen Geschäftsmodellen überhaupt nachhaltig?

Insbesondere geht es um die Frage: Geht es bei nachhaltigen Geschäftsmodellen darum, bestehende Produkte und Dienstleistungen in einer ökologisch und sozial verträglicher herzustellen (Do Less Harm)? Im Extremfall hieße das, weiter Fast Fashion zu produzieren, aber den Energie- und Ressourcenverbrauch in den Produktionsprozessen zu reduzieren. Oder geht es bei nachhaltigen Geschäftsmodellen darum, (neue) Produkte und Dienstleistungen herzustellen, die per se einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten bzw. die ein ökologisches und/oder soziales Problem lösen (Do More Good)? Möglicherweise handelt es sich sogar um zwei unterschiedliche Ansätze zur Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle, die durchaus parallel oder in Kombination zueinander verfolgt werden können bzw. sollten.

Doppelte Transformation: Die Rolle der Digitalisierung bei der Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle

Digitale Technologien können bei der Entwicklung und Umsetzung von nachhaltigen Geschäftsmodellen, sei es im Sinne von »Do Less Harm« oder »Do More Good« unterstützend oder sogar als Enabler wirken. Konkret lassen sich verschiedene Ansätze unterscheiden, wie Digitalisierung nachhaltige Geschäftsmodelle fördern kann (s. dazu auch Böttcher et al. (2023):

1) Der Einsatz von Softwarelösungen zur Optimierung der Ressourcennutzung, zur Reduzierung von CO2-Emissionen und Abfällen sowie zur Ermöglichung der gemeinsamen Ressourcen innerhalb eines Unternehmens und darüber hinaus. Zum Beispiel in zirkulären Geschäftsmodellen, die darauf abzielen, Ressourcen effizient zu nutzen, Abfälle zu minimieren und Materialien im Kreislauf zu halten. Hier ist es erfolgskritisch zu wissen, welche Materialien in einem Produkt verbaut sind und wo sich Produkte in der Wertschöpfungskette befinden, um sie zurückzugewinnen. Digitale Tools schaffen hierfür die notwendige Transparenz und Rückverfolgbarkeit.

2) Die Kopplung von Produkten und digitalen Dienstleistungen bis hin zum Ersatz von Produkten durch (digitalen) Dienstleistungen (Stichwort: Product as a Service). Solche Geschäftsmodelle zielen darauf ab, die Lebensdauer der Produkte durch Wartung und Reparatur zu verlängern, das Abfallsaufkommen durch Rücknahme und Recycling von Produkten zu reduzieren und Anreize für Unternehmen zu schaffen, langlebige und qualitativ hochwertige Produkte herzustellen, da sie für die Wartung und Reparatur verantwortlich sind.

3) Der Einsatz digitaler Tools zur Schaffung von Transparenz über die Nachhaltigkeitsdaten und -leistungen eines Unternehmens (Stichwort: Analytics). Dabei werden nachhaltigkeitsbezogene Daten anhand digitaler Tools – zukünftig möglicherweise auch unter Einsatz von KI-Komponenten – erhoben, ausgewertet und für die Berichterstattung aufbereitet – idealerweise entlang der gesamten vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette. Darüber hinaus kann die Digitalisierung durch den Einsatz von Simulationssoftware als Entscheidungshilfe dienen, indem Konzepte und Szenarien im Hinblick auf Nachhaltigkeitsinvestitionen analysiert und verglichen werden.

4) Aufbau und Betrieb digitaler Plattformen, die Anbieter und Verbraucher nachhaltiger Produkte zusammenbringen, nachhaltige Produkte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen und damit die Nachfrage nach solchen Produkten ankurbeln und ein nachhaltiges Konsumverhalten fördern.

Denken Sie bereits über die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle nach? Was verstehen Sie darunter? Vor welchen Herausforderungen stehen Sie dabei? Wir sind gespannt von Ihnen zu hören.

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Claudia Ricci

Claudia Ricci ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IAO im Team »Zusammenarbeit und Führung«. Sie begleitet Forschungs- und Industrieprojekte zu Fragestellungen rund um neue, zukunftsfähige Formen der Arbeit und interessiert sich für die Themen der Nachhaltigkeit und deren Verankerung in Arbeitsweisen und Arbeitsabläufen.

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Kategorien: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, New Work / Connected Work
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