Zukunft strategisch gestalten – Blogreihe zum Fraunhofer IAO-Foresight
Touristische Destinationen sind so vielschichtig wie kaum ein anderes Feld. Sie balancieren Gästebedürfnisse, Lebensqualität der Einheimischen, Flächen- und Naturnutzung, Arbeitswelt, Mobilität, Energie – und am Ende müssen Entscheidungen politisch tragfähig sein. Wer heute steuern will, braucht mehr als Trendlisten und Bauchgefühl: ein gemeinsames Bild der Zukunft und entscheidbare Schritte, die morgen tragen.

Strategische Vorausschau (Foresight) hilft, diese Komplexität zu ordnen: Signale lesen, Zukunftsbilder formen und Entscheidungen vorbereiten. Mit Pilotvorhaben, die Wertschöpfung und Akzeptanz vor Ort steigern und Wirkung messbar machen. Kurz: von »Was zeichnet sich ab?« zu »Was tun wir jetzt – und warum?«.

Warum Destinationen jetzt Foresight brauchen

Die Spielregeln für DMOs ändern sich konstant: Nachfrage verschiebt sich, Reiseketten werden digitaler, Personalknappheit setzt Grenzen, Energiepreise und Klimarisiken bleiben volatil, und die Bevölkerung erwartet spürbare Entlastung. Einzelmaßnahmen greifen zu kurz, wenn Besucherströme, Erreichbarkeit, Nutzungskonflikte, Akzeptanz und Wertschöpfung zusammenwirken.

Foresight setzt früher an und übersetzt Signale und Wirkungsketten in Zukunftsbilder, an denen sich Entscheidungen heute ausrichten lassen

Was passiert, wenn z. B. Schlechtwetterlagen häufiger werden? Welche Effekte hat das auf Tagesgäste, ÖPNV, Parkdruck, Abfall, Rettungsketten – und letztlich auch auf die Zufriedenheit der Einheimischen? Und welche Maßnahmen (No-Regret-Hebel) lohnen sich in jedem Fall – egal, wie genau sich die Zukunft entwickelt?

Dabei geht es nicht um das »richtige Orakel«, sondern um robuste Optionen, die unter mehreren möglichen Zukünften funktionieren.

Drei typische Knotenpunkte in Destinationen

  1. 1. Peaks vs. Fläche –Samstags voll, mittwochs leer: Wie lenken wir die Nachfrage, ohne Attraktivität zu mindern?
  2. 2. Erlebnis vs. Alltag – Intensität für Gäste vs. Ruhe für die lokale Bevölkerung: gemeinsame Lösungen statt Nullsummenspiel. Wo liegen die No-Regret-Hebel, die beiden dienen?
  3. 3. Invest vs. Unsicherheit – Worin investieren wir, wenn sich Technologie, Regeln und Erwartungen weiterdrehen?

Foresight hilft, diese Knoten systematisch zu entwirren – nicht mit Bauchgefühl, sondern mit geteilten Annahmen, Szenarien und Regeln, die Entscheidungen transparent machen.

Was Foresight hier konkret leistet

  • Signale bündeln: Verdichtung aus Markt-, Gesellschafts-, Technologie- und Regulierungsimpulsen zu Evidenzkarten – anschlussfähig an vorhandene Daten (Buchungs- und Auslastungsreihen, aggregierte Mobilitätsdaten, Gästefeedback, Wetterfenster, Eventkalender).
  • Zukunftsbilder formen: Plausible Szenarien (2030/35) mit klaren Annahmen zu Nachfrage, Raum, Personal, Energie, Mobilität, Governance.
  • Akzeptanz bauen: Zukunftsdialog mit Kommune, Leistungsträgern, ÖPNV, Naturschutz, Anwohnerschaft: frühzeitig, transparent, verständlich, beteiligend, lösungsorientiert.
  • Handeln ermöglichen: No-Regret-Hebel (z. B. Besucherinformation, Slot-/Routen-Lenkung, ÖPNV-Angebotsfenster, Wetter-Fallbacks, Serviceketten), Optionen mit Auslösern (»Wenn X, dann Y«), Piloten mit KPIs und Lernschleifen.
  • Messbar machen: Klare Wirkungsindikatoren wie Verweildauer, Auslastung in Nebenzeiten, Anteil umweltfreundlicher Anreise, Zufriedenheit Residents/Gäste, Entzerrung an Hotspots, lokaler Umsatz – jeweils mit Baseline und Review-Zyklen.
  • Anschaulich entscheiden: Optional XR-Visualisierungen für Gremien, die sichtbar machen, wo Engpässe auftreten, und welche Stellhebel wirken – Zukunftsbilder werden »begehbar« und damit diskutierbar.

»Gute Entscheidungen in Destinationen entstehen, wenn Annahmen transparent sind und wenn man gemeinsam sieht, wo ein Hebel greift und wer ihn realistisch bedienen kann.«

Der Weg dorthin – kompakt, koordiniert, anpassbar

Der Prozess läuft als klarer Erzählbogen: Zunächst klären wir, welche Entscheidungen wirklich anstehen, wie etwa Saisonverlängerung, Besucherlenkung, Angebotsprofil oder Flächenpriorisierung. Wir bringen die beteiligten Akteure und Akteurinnen an einen Tisch (DMO, Kommune, ÖPNV, Schutzgebietsmanagement, Betriebe), bereiten vorhandene Daten auf und identifizieren mögliche Konfliktlinien. Im Anschluss folgt das Sichten: Aus Trends und Signalen entstehen verdichtete Evidenzkarten; wir skizzieren erste Treiber- und Wirkungsketten der Destination, vom Wetterfenster über Tagesgäste und ÖPNV-Lastspitzen bis hin zu Hotspotdruck und Akzeptanz.

Im dritten Schritt entwerfen wir Zukunftsbilder: 2030, 2035, 2050 – mit klaren Headlines, Annahmen und erwartbaren Effekten; auf Wunsch werden die Szenen in XR visualisiert und damit begehbar und leichter diskutierbar. Aus diesen Zukunftsbildern leiten wir im vierten Schritt Chancen, Risiken und konkrete Frühindikatoren ab und definieren, wie kontinuierliches Monitoring gestaltet werden kann. Im Anschluss priorisieren wir: robuste Maßnahmen und ausgewählte Pilotideen mit Zielbild, Ressourcen, Governance, Risiken und KPIs.

Am Ende steht ein Decision-Board als Roadmap mit Zuständigkeiten, Budgetkorridoren, festen Review-Terminen und pragmatischen »Wenn-X-dann-Y« -Regeln, damit Theorie in Praxis überführt werden kann.

Ziel ist Entscheidungsreife. Ein gemeinsamer Blick nach vorn, der Kompromisse erleichtert und Tempo ermöglicht.

Um greifbar zu machen, wie Foresight von Signalen zu Wirkung führt, skizzieren die folgenden Mini-Szenen typische Situationen in Destinationen – jeweils mit einem klaren Hebel, einem schlanken Piloten und messbaren Lerneffekten.

So kann Foresight in der Destination wirken

A) »Experience-Pass statt Prospekt«
Auslastung verteilen, Verweildauer erhöhen: Kuratierte Erlebnis-Bundles (ÖPNV + Natur + Kultur + Kulinarik) werden dynamisch entlang Wetter, Auslastung und individuellen Präferenzen empfohlen. Foresight liefert die Treiber und Szenarien; ein schlanker Pilot testet Wirkung. Lerneffekt: Welche Pakete aktivieren wirklich Nebenzeiten?

B) »Workation mit Augenmaß«
Nicht jede Region profitiert automatisch. Ein Destination-Check klärt, wo Workation Profil und Saison unterstützt – und welche Services (Arbeitsorte, Mobilität, Nahversorgung) nötig sind. Pilotiert mit Indikatoren für Nebenzeiten, lokale Umsätze, Resident-Feedback.

C) »Signals-Radar für Besucherströme«
Gemeinsam definierte Frühindikatoren (Buchungen, Mobilitätsdaten, Witterung, Events, Social-Signals) triggern Wenn-X-dann-Y-Regeln: alternative Routen/Zeitslots, Push-Hinweise, kurzfristige ÖPNV-Fenster, lokale Kooperationen. Vorteil: Entzerrung ohne Dauer-Restriktionen und mit nachvollziehbarer und evaluierbarer Logik.

Ein Blick in unsere FutureHotel-Zukunftsprojektionen zeigt darüber hinaus, wie Szenarien im Hospitality-Kontext greifbar werden: Für 2035 skizzieren wir drei Projektionen für das Hotel der Zukunft – »Synergy Hub«, »Self-Driving Hotel« und »Placemaker Hotel«. Sie verbinden Trendanalyse mit konkreten Anwendungspfaden, zeigen, wie Hotels künftig als Innovationsmotor für Destinationen und Gesellschaft wirken können, und bieten damit auch einen Resonanzraum, aus dem Destinationen eigene lokale Optionen ableiten können. Mehr dazu in der FutureHotel-Studie.

Was am Ende bleibt

  • »Klarheit«: Ein gemeinsames Bild davon, was kommt und welche Annahmen gelten.
  • »Tempo«: Entscheiden mit Decision-Board, nicht erst nach der nächsten Saison.
  • »Wirkung«: Piloten dort, wo Wertschöpfung und Lebensqualität zusammenfallen.
  • »Lernen«: Ein Signals-Radar mit Frühindikatoren, das Weiterdrehen erlaubt, statt einmalig »fertig« zu sein.

Gute Entscheidungen entstehen gemeinsam. Lassen Sie uns Ihre Annahmen sichtbar machen, Zukunftsbilder prüfen und Pilotvorhaben so zuschneiden, dass sie vor Ort tragen. Sprechen Sie uns an – wir klären gerne in einem kurzen Erstgespräch, wo Foresight für Ihre Destination den größten Hebel hat.

Zukunft strategisch gestalten - Blogreihe zum Fraunhofer IAO-Foresight
Unternehmen quer durch alle Branchen stehen unter hohem Transformationsdruck. Der Fraunhofer IAO-Foresight befähigt Ihr Unternehmen, auf diese Veränderungsdynamiken nicht nur zu reagieren, sondern den Wandel vorausschauend zu gestalten und spezifische Lösungen für Ihre Herausforderungen von morgen zu entwickeln. Die Blogreihe beleuchtet unsere breite Technologie-Expertise sowie innovative Foresight-Methoden.

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Kategorien: Arbeitswelten (New Work, Connected Work), Digitale Transformation, Mobilität und Logistik, Nachhaltigkeit und Resilienz, Stadtsysteme, Virtuelle Welten
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