GREEN PRESSURE ist laut einer Umfrage des Zukunftsinstituts unter Community-Mitgliedern das »Zukunftswort des Jahres 2020«, kein Wunder: Die Jugendlichen streiken jeden Freitag für mehr Klimaschutz, die Bundesregierung verabschiedet ein Klimapaket, sogar die Finanzwelt sagt: Es ist höchste Zeit für Unternehmen und Anleger aller Welt anzufangen, die Klimafrage bei ihren Entscheidungen und in ihrem Handeln zu berücksichtigen. Wenn den Worten Taten folgen sollen, wenn der grüne Druck wirklich zu effektiven Veränderungen unserer Wirtschafts- und Lebensweise führen soll, brauchen wir neue Werkzeuge, um Nachhaltigkeit zur neuen Normalität unseres Alltags werden zu lassen.

Das Nachhaltigkeits-Paradox

Die Fachliteratur zum nachhaltigen Projektmanagement, ähnlich wie auch der Alltag vieler Menschen, konzentriert sich vor allem auf das WAS, auf Produkte oder Endergebnisse eines Projekts. Das WIE, also die Gesamtbilanz aus der Durchführung eines Projekts wird oft nur indirekt berücksichtigt. Doch auch hier entstehen viele Probleme und Folgekosten, die nicht vernachlässigt werden dürfen. Ein Beispiel aus unserem Alltag: Bio-Kost boomt und für viele Menschen ist der regionale, saisonale und ökologisch-korrekte Einkauf inzwischen selbstverständlich. Betrachtet man aber die Gesamtbilanz des ökologischen Konsums, kann genau dieses umweltbewusste Verhalten negative Auswirkungen haben, beispielsweise wenn der Einkauf mehrere Autofahrten erfordert. Die gute Absicht kann also schnell das Gegenteil bewirken, wenn die Prozess- und indirekten Kosten nicht berücksichtigt werden. Gleiches gilt für die Projektarbeit in Unternehmen. Ein Nachhaltigkeitsprojekt kann beispielsweise selbst eine negative Umweltbilanz aufweisen, wenn für die Entwicklung und Implementierung tausende Kilometer auf Flugreisen zurückgelegt werden.

Das Zukunftsforum, die Veranstaltung des Fraunhofer IAO rund um die Arbeitswelt der Zukunft, stand dieses Jahr unter dem Motto »Die neugierige Organisation« und sollte neue, nachhaltigere Formen der Arbeit und der Zusammenarbeit in Unternehmen und Organisationen beleuchten. Unser Team »Zusammenarbeit und Führung« betrachtet das Thema Nachhaltigkeit vorrangig aus der Perspektive der Organisationsentwicklung und der Arbeitsgestaltung. Wir entwickeln Ansätze und erproben Modelle, die eine Verankerung von Nachhaltigkeitsprinzipien in modernen und zukunftsfähigen Arbeitsweisen ermöglichen. Eines unserer Pilotkonzepte auf dem Zukunftsforum war deshalb »Nachhaltiges Projektdesign«.

Der Weg ist das Ziel: Nachhaltiges Projektdesign

»Nachhaltiges Projektdesign« betrachtet nicht nur das WAS, also welche Technologie bzw. welches Produkt im Rahmen des Projekts entwickelt wird, sondern primär das WIE, also wie ein Projekt durchgeführt wird, welche Ressourcen eingesetzt und welche ökologischen und sozialen Kosten im Verlauf verursacht werden.

Das Zukunftsforum 2020: Die neugierige Organisation: Zum zehnjährigen Jubiläum des »Zukunftsforums« lud das Fraunhofer IAO Unternehmen und Organisationen dazu ein, digitalen Trends und gesellschaftlichen Entwicklungen offen und neugierig zu begegnen. Foto: Ludmilla Parsyak, Fraunhofer IAO
Neugierig-Talk: »Neugierig auf neue Arbeitszeitmodelle« mit Martin Seiler, Lasse Rheingans, Dr. Steffi Burkhart und Anna Kaiser. Foto: Ludmilla Parsyak, Fraunhofer IAO
Die zweitägige Veranstaltung mit dem bewährten Mix aus Praxisbeiträgen, Impulsen aus der Wissenschaft sowie interaktiven Austauschformaten rund um die Arbeitswelt der Zukunft fand am 30. und 31. Januar 2020 in den Wagenhallen in Stuttgart statt. Foto: Ludmilla Parsyak, Fraunhofer IAO
Foto: Ludmilla Parsyak, Fraunhofer IAO

Im Gegensatz zu ergebnisorientierten Ansätzen kann nachhaltiges Projektdesign indirekte ökologische und soziale Folgekosten antizipieren und vermeiden helfen und ermöglicht so eine systemische Nachhaltigkeitsbetrachtung, die alle Aspekte eines Projekts mitberücksichtigt und bewertet.

Darüber hinaus können nachhaltig designte Projekte Mitarbeitende für Nachhaltigkeit sensibilisieren und dabei ein stückweit zu einer nachhaltigen Unternehmenskultur beitragen.

Nachhaltiges Projektdesign: Ein Starter-KIT

Für eine erste Auseinandersetzung mit dem Thema »nachhaltiges Projektdesign« haben wir die folgende Checkliste zusammengestellt. Denken Sie dabei an ein Projekt, an dem Sie gerade arbeiten.

  • Wählen Sie im Rahmen von Projektarbeit Ihre Reisemittel bewusst aus, um CO2-Emissionen zu sparen?
  • Gleichen Sie die durch projektbezogene Reisen verursachten Emissionen durch Kompensationsprojekte aus?
  • In welcher Form werden die Projektergebnisse dokumentiert (digitale statt analoge Projektberichte)?
  • Berücksichtigen Sie gesundheitsförderliche Arbeitsprinzipien bei der Projektbearbeitung?
  • Wählen Sie Ihre Partner und Lieferanten im Projekt nach nachhaltigen Kriterien aus?
  • Beziehen Sie wichtige Stakeholder für das jeweilige Projekt systematisch mit ein?
  • Findet eine transparente Kommunikation des Projektverlaufs und der Projektergebnisse gegenüber allen relevanten Stakeholder statt?
  • Wie sichern und verstetigen Sie die Ergebnisse und die Erfahrungen aus dem Projekt?

Sind Sie auch neugierig geworden?

Wir suchen Pioniere, die mit uns das nachhaltige Projektdesign erproben und auswerten möchten und freuen uns über eine Kontaktaufnahme und den Austausch mit Ihnen zu diesem spannenden Thema!

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Claudia Ricci

Claudia Ricci ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IAO im Team »Zusammenarbeit und Führung«. Sie begleitet Forschungs- und Industrieprojekte zu Fragestellungen rund um neue, zukunftsfähige Formen der Arbeit und interessiert sich für die Themen der Nachhaltigkeit und deren Verankerung in Arbeitsweisen und Arbeitsabläufen.

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Kategorien: Nachhaltigkeit, New Work / Connected Work
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