Ambient Mobility Lab

Automatisiert fahrende Autos, die keinen Fahrer mehr benötigen, eignen sich wunderbar als Requisite für einen Film, der in der weit entfernten Zukunft spielt. So in etwa dürfte bis zum letzten Jahr die landläufige Meinung zu automatisierten Fahrzeugen ausgesehen haben. Dass Daimler bereits zu dieser Zeit auf der symbolträchtigen Bertha-Benz-Strecke unauffällig erste Testfahrten mit einer modifizierten S-Klasse durchgeführt hatte, war im Nachhinein eine große Überraschung für die Öffentlichkeit. Dass diese mehrfach durchgeführte Testfahrt zu einem großen Teil auf Basis von Serientechnologien realisiert wurde, war umso erstaunlicher. Spätestens seit in diesem Jahr auch der Internet-Konzern Google seine Vision eines sogar autonom fahrenden Fahrzeugs präsentiert hat, ist der Trend des automatisierten Fahrens in aller Munde und wird als großer kommender Trend der Automobilindustrie gesehen. Ein wesentlicher Punkt wird jedoch ganz zentral sein, wenn autonom fahrende Autos einmal auf unseren Straßen rollen: Wie kommunizieren wir mit diesen fahrerlosen Verkehrsteilnehmern?

Autofahren ist mehr als nur steuern

Während viele Stimmen das Thema euphorisch kommentieren, hört man an der ein oder anderen Stelle auch skeptische Worte: Kann eine Maschine einen Menschen wirklich ersetzen? Reicht es aus, ein Fahrzeug akkurat zu steuern oder ist der Mensch nicht doch der bessere Autofahrer?

Hier bietet sich ein Blick zurück auf diejenigen Straßen an, durch die Bertha Benz vor über 125 Jahren das erste Automobil steuerte – Straßen, die für Pferdefuhrwerke und Fußgänger erbaut worden waren. Viele der alten Dorfstraßen und angrenzenden Häuser existieren noch, Pferdefuhrwerke sind allerdings zur Seltenheit geworden. Stattdessen bevölkern parkende Nachfahren von Benz‘ Motorkutsche die Ränder dieser heute oftmals zu engen Straßen. Wer kennt die Situation nicht: Beim Vorbeifahren an einem geparkten Auto sieht man sich plötzlich mit einem entgegenkommenden Fahrzeug konfrontiert, welches seinerseits ein parkendes Fahrzeug umfährt!

Ohne Kommunikation herrscht Verkehrschaos

In solchen Situationen, in denen die Verkehrsregeln nicht mehr greifen, regeln wir mittels Lichthupen und anderer Signale im Dialog mit anderen Verkehrsteilnehmern selbst den Verkehr. Doch nicht nur die Interaktion mit dem Gegenverkehr stellt uns als Autofahrer vor Aufgaben, die mit dem reinen Fahrzeugsteuern nichts zu tun haben. Was tun wir als Fahrer, wenn uns eine ältere Frau am Fußgängerüberweg durch Zuwinken die Vorfahrt gewährt, um anschließend in aller Ruhe die Straße überqueren zu können? Zumeist bedanken wir uns höflich und nehmen die Einladung an. Die alte Frau am Zebrastreifen ist ein gerne zitiertes Beispiel der Fahrer-Fußgänger-Interaktion, doch auch abbiegende Fahrradfahrer, Straßenarbeiter oder Verkehrspolizisten können uns Signale geben, die wir als Autofahrer aufnehmen und verarbeiten müssen. Dies sind nur einige Fälle, die zeigen, dass die Interaktion ein wesentlicher Bestandteil des heutigen Verkehrs ist. Diese »soziale« Interaktion stellt eine wichtige Aufgabe des Fahrzeugführens dar.

Wie kann die soziale Interaktion zwischen Auto und Mensch aussehen?

Denken wir nun an den Verkehr von morgen, einen Verkehr, in dem sich automatisierte Fahrzeuge mit anderen Verkehrsteilnehmern die Straßen teilen. Wie werden die automatisierten Fahrzeuge auf solche Situationen reagieren? Werden sie einfach stehen bleiben und abwarten? Dürfen sie vielleicht gar nicht in Stadtgebiete einfahren? Wie verhalten sie sich in den neu entstehenden Shared Spaces, den innerstädtischen Verkehrsräumen, die sich Fußgänger, Radfahrer und Autos unter Geboten der gegenseitigen Rücksichtnahme teilen sollen? …Oder sollten die Fahrzeuge nach dem Steuern nun nicht auch dringend das Interagieren lernen?
Der letzte Gedanke scheint auch ein Resultat der Testfahrten von Daimler zu sein. So veranstaltete der Automobilpionier im Juli dieses Jahres einen »Future Talk« genannten Workshop mit Robotikexperten, um zu diskutieren, ob automatisierte Fahrzeuge mit Menschen kommunizieren könnten und sollten. Doch wie kann man sich ein »Gespräch« zwischen Mensch und Auto eigentlich vorstellen? Vielleicht so?

Wie der Film zeigt, benötigt die soziale Interaktion zwischen Fahrzeugen und Menschen ein gegenseitiges Austauschen und Verstehen von Signalen. Somit ist es notwendig, die Entwicklung nicht nur technologiegetrieben zu betrachten, sondern den Menschen (und zwar nicht nur die Fahrer) bereits in der frühen Ideen- und Konzeptphase einzubeziehen. Um zu erforschen, wie Menschen auf die Ansprache eine Autos reagieren, entwickelt das Fraunhofer IAO auf Basis eines Renault Twizys ein Demonstrator- und Erprobungsfahrzeug. Welche Signale werden verstanden? Welche Vorbehalte haben Menschen? Aber auch: Wie sollte das Fahrzeug auf die Menschen reagieren?

Genau das interessiert uns nun: In welchen Situationen finden Sie es wichtig, mit anderen Verkehrsteilnehmern und speziell mit Autofahrern zu interagieren? Schreiben Sie uns ihre Interaktions-Geschichte per E-Mail oder direkt als Kommentar zu diesem Blogbeitrag. Darüber hinaus würden wir uns sehr über die Beteiligung an unserer aktuellen Umfrage freuen, in der wir wissen möchten, wie Ihre persönliche Meinung zum Thema Automatisiertes Fahren und zum technischen Wandel ist, dem wir in den kommenden Jahren gegenüberstehen werden. Zu der kurzen Umfrage gelangen Sie hier:

https://www.befragung.iao.fraunhofer.de/index.php/survey/index/sid/62173

Die soziale Interaktion zwischen Mensch und Fahrzeug werden wir im Rahmen des aktuellen »The Road Ahead«-Forums des Massachusetts Institute of Technology (MIT) präsentieren und dort unsere Ideen mit internationalen Mobilitätsexperten diskutieren. Doch die Städte der Zukunft werden nicht nur von Experten bewohnt – vor allem auch Ihre Meinung ist uns wichtig! Beteiligen Sie sich an unserer Umfrage, kommentieren Sie unseren Blog und schlüpfen sie ein wenig in die Schuhe von Carl Benz, dem Erfinder des Automobils.



Kategorien: Future Mobility, Stadtentwicklung
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