Die Arbeitswelten der Zukunft werden entscheidend von der Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) geprägt sein. Das Fraunhofer IAO verfolgt in seiner Forschungsarbeit das Ziel, KI-Anwendungen umzusetzen, denen die Menschen vertrauen und die sie akzeptieren.
In den produzierenden Unternehmen nimmt das Interesse an Anwendungen der Künstlichen Intelligenz stark zu. Viele betriebliche Entscheider sind sich allerdings noch unsicher, wie sie KI-Systeme in ihre Produktion einführen sollen. Zudem ist ihnen unklar, welche organisatorischen Veränderungen auf sie zukommen werden. Eine menschzentrierte Arbeits- und Systemgestaltung gibt Antworten.
Informationstechnik als Produktivitätstreiber
Vor vielen Jahren sammelte ich erste fertigungstechnische Erfahrungen an einer alten, mechanischen Drehbank. Während eines Industriepraktikums lernte ich Werkstoffe, Drehmeißel, Kühlschmierstoffe und Vorschubgeschwindigkeiten kennen. Obwohl die Drehbank schon damals nicht mehr dem technischen Stand entsprach, bot sie mir als jungem Studenten erhellende Einblicke in die funktionalen Zusammenhänge der Zerspanungstechnik. Produktiv war ihr Einsatz allerdings nicht. Früh erkannte ich, dass sich Fertigungsabläufe und Umrüstarbeiten durch den Einsatz digitaler Maschinensteuerungen wesentlich schneller und flexibler vollziehen lassen. Mit CNC-Maschinen gelang es selbst mir als Ungelerntem, den technischen und zeitlichen Fertigungsvorgaben zu genügen.
Mittlerweile sind die Datafizierung und die Vernetzung der industriellen Produktionsabläufe weit vorangeschritten. Künstliche Intelligenz (KI) und kognitive Robotik schaffen die technologischen Grundlagen, um die Flexibilität ganzer Wertschöpfungsprozesse zu erhöhen – vom Hallenboden bis hin zur Führungsebene. Welche Rolle aber kommt dem arbeitenden Menschen zu, wenn intelligente Technik in der Lage ist, Entscheidungen auf Basis von Mustererkennung automatisch zu treffen? Wenn Technik diffizile Aufgaben übernimmt, etwa bei der strategischen Prognose, der operativen Auftrags¬disposition oder dem Materialhandling im Kommissionierlager?
Maschinen machen den Menschen produktiver – und umgekehrt
In einem zweistufigen Diskussionsprozess mit elf Produktions- und KI-Expert*innen – darunter u.a. Arbeitsgestalter der Gewerkschaft und des Arbeitgeberverbandes sowie Vertreter Cyber Valley – sind wir u. a. der Frage nachgegangen, wie sich die Aufgaben und Rollen des arbeitenden Menschen in der KI-basierten Produktion verändern werden. Dabei kamen auch Gestaltungsanforderungen an menschzentrierte KI-Anwendungen zur Sprache. Unser gemeinsames Fazit: Eine menschenleere Fabrik bleibt auch weiterhin eine Utopie. Alleine der immense Ressourcen- und Zeitaufwand, der mit der notwendigen Erfassung und dem Mapping von massenhaften Datenbeständen einhergeht, schließt eine Vollautomatisierung weithin aus. Künstliche Intelligenz wird vielmehr eingesetzt, um bestehende Wertschöpfungsprozesse kundenorientiert zu optimieren und hierdurch die Wandlungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nachhaltig zu stärken. Zudem sollen fehleranfällige Routineaufgaben, etwa in der Sichtprüfung oder in der Kommissionierung, durch lernende Maschinen substituiert werden. Deren Algorithmen erfordern zumindest in der KI-Trainingsphase eine intensive Begleitung durch erfahrene Werker, die maschinelle Lernergebnisse validieren und maschinelle Arbeitsprozeduren korrigieren.
Der kulturelle Nährboden für erfolgreiche KI
KI ist kein Selbstzweck, sondern ein starkes Instrument, um die betriebliche Wandlungsfähigkeit und die Flexibilität der Wertschöpfungsprozesse zu steigern. Wirkmächtigster Treiber der Wandlungsfähigkeit ist jedoch die Unternehmenskultur, die individuelle menschliche Einstellungen und Verhaltensweisen prägt. Solche kulturellen Elemente offenbaren sich oft erst auf den zweiten Blick. Etwa: Wie lassen sich Datenbestände zum Nutzen mehrerer Unternehmen teilen? Dies setzt kooperative Geschäftsmodelle statt abwehrender Konkurrenz voraus. Oder: Wie lässt sich trotz umfangreicher Erhebungen von (Leistungs-)Daten die informationelle Selbstbestimmung der Mitarbeitenden wahren? Andernfalls erscheint ein lähmender Vertrauens- und Motivationsverlust unausweichlich. Allerdings, so merkte schon mein damaliger Meister an der Drehbank an, lässt sich eine Unternehmenskultur nicht gestalten. Vielmehr gedeiht sie unter günstigen Bedingungen.
Die Arbeitsgestaltung verbindet humane und technische Faktoren
Der digitale Wandel im Betrieb setzt deshalb eine Arbeits- und Organisationsgestaltung vom Hallenboden bis zur Führungsebene voraus. Für die entsprechende Gestaltung der Produktionsabläufe haben sich verschiedene Ansätze bewährt, etwa eine gesunde Funktionsteilung von Mensch und Technik, lernförderliche Arbeitsbedingungen, intuitiv-funktionale Interaktionsformen von Mensch und Technik, eine sichere Datenhaltung und vieles mehr. In unserer Studie »Menschzentrierte KI-Anwendungen in der Produktion« stellen wir diese Gestaltungsansätze vor. Anhand eines »betrieb-lichen Einführungsprozesses für KI-Anwendungen« zeigen wir Schritt für Schritt pragmatische Ansätze einer menschzentrierten Systemgestaltung auf. Auf diese Weise gewinnen Sie eine Entscheidungsgrundlage, wie Sie die Wandlungs- und Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens mittels intelligenter Technik optimieren können. Sprechen Sie uns an, wenn Sie eine fachliche Unterstützung oder eine externe Moderation bei der Einführung von KI-Anwendungen benötigen. Gerne unterstützen wir Sie, die Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens zu stärken.
Leselinks:
- Studie »Menschzentrierte KI-Anwendungen in der Produktion«
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Kategorien: Advanced Systems Engineering (ASE), Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, New Work / Connected Work
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