Der deutschen Industrie wird’s nicht leicht gemacht. Handelskonflikte, Energiekrise, demographischer Wandel, der grüne Wandel… Ab 2045 soll Deutschland bereits klimaneutral sein, Baden-Württemberg sogar schon ab 2040. Besonders produzierende Unternehmen sollen ihren Beitrag dazu leisten. Doch wie? Gerne wird auf die Verwendung neuer Technologien und nachhaltiger Praktiken verwiesen, doch am Ende des Tages muss die auch irgendjemand umsetzen. Welche Fähigkeiten brauchen Mitarbeitende in produzierenden Unternehmen in Zukunft, um eine ressourcenschonende Produktion zu gewährleisten? Und wie muss ein Unternehmen sein Aus-/Weiterbildungskonzept aufsetzen, damit die Mitarbeitenden diese Fähigkeiten aufbauen?
Es ist kein Geheimnis, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu finden. Laut neuem DIHK-Fachkräftereport geben fast die Hälfte der Betriebe an, offene Stellen längerfristig nicht besetzen zu können. Besonders Arbeitskräfte mit einer dualen Berufsausbildung sind gefragt – in der Industrie sind es derzeit laut der DIHK 60 Prozent.
Doch bringen diese Arbeitskräfte überhaupt die notwendigen Kompetenzen mit, die für diese Herausforderung notwendig sind? Die letzten Änderungen am Rahmenlehrplan für Industriemechaniker und Industriemechanikerinnen wurden beispielsweise 2018 vorgenommen – also noch vor dem Green Deal der EU und dem Bundesklimaschutzgesetz und vor dem KI-Hype der vergangenen Jahre. Es gibt also zu wenige ausgebildete Fachkräfte und vielen der vorhandenen Fachkräfte mangelt es an den entscheidenden Kompetenzen.
Wie lässt sich gegensteuern?
Es ist offensichtlich, dass etwas an der Aus- und Weiterbildung getan werden muss, wenn die ausgerufene grüne Transformation nicht am Fachkräftemangel scheitern soll. Genau zu diesem Zweck hat ein Team des Fraunhofer IAO und des IRB nun ein neues Konzept entwickelt. In dem vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg finanzierten Projekt FECycle wurden kritische Fähigkeiten und Kompetenzen identifiziert, welche für eine ressourcenschonende smarte Produktion notwendig sind.
Das Ergebnis: Ein Handbuch zur Förderung des Nachhaltigkeitsbewusstseins für Industriemechaniker und -mechanikerinnen, welches zum freien Download zur Verfügung gestellt wird. Dazu kommen Lehrmaterialien für zehn verschiedene Module. So kann jedes Unternehmen selbst entscheiden, welche Themen und Technologien für sie von Interesse sind und einen unternehmensspezifischen Lehrplan zusammenstellen. Sobald die Auswahl eines Moduls getroffen ist, kann sich die Lehrkraft das entsprechende Lehrmaterial herunterladen und an die Rahmenbedingungen des eigenen Unternehmens anpassen. So ist zum Beispiel vorgesehen, dass in den Schulungen konkrete Abläufe, Maschinen und Software aus dem Betrieb vorgestellt werden, damit der Bezug zur Praxis hergestellt werden. Die bereitgestellten Unterlagen geben den Weiterbildungsverantwortlichen ein verständliches Format und geeignete Methoden vor, wie sie diese unternehmensspezifischen Inhalte effizient kommunizieren können.
Auszubildende motivieren und qualifizieren
Ein solches Ausbildungskonzept mit Fokus auf Nachhaltigkeit kann auch wichtige Wettbewerbsvorteile bei der Konkurrenz um potenzielle Auszubildende bringen. Neue Lehr- und Lernkonzepte werden laut DIHK-Ausbildungsumfrage 2024 bereits von 30 Prozent der befragten Unternehmen als Einflussfaktor betrachtet, um sich als Ausbildungsbetrieb attraktiv zu machen. Für die Generation Z, welche viel Wert auf das Thema Nachhaltigkeit legt, kann ein solches Ausbildungskonzept der entscheidende Faktor sein.
So gewinnen alle – die Auszubildenden erhalten zusätzliche Qualifikationen in Themenbereichen, die sie persönlich interessieren und die für den zukünftigen Arbeitsmarkt relevant sind. Die Lehrkräfte haben einen reduzierten Aufwand durch Lehrmaterialien und Lehrmethoden, welche sie als Vorlage benutzen können und Arbeitgeber können den Fachkräftemangel adressieren.
Leselinks:
- DIHK »Fachkräftemangel trifft auf Strukturprobleme«
- DIHK-Ausbildungsumfrage 2024
- iwd »Unternehmensbefragung: Fachkräftemangel beschäftigt die meisten Betriebe«
- Fachportal für Recruiting: »Sind Nachhaltigkeit und Umweltschutz ein Must-have bei der Ausbildungsplatz-Entscheidung?«
- Link zu Leitfaden für eine ressourcenschonende smarte Produktentstehung
- Link zu Handbuch zur Förderung des Nachhaltigkeitsbewusstseins und zum Umgang mit VR-/AR-Technologien für Industriemechaniker und -mechanikerinnen in Baden-Württemberg
Kategorien: Industrie 5.0 und Wertschöpfung, Nachhaltigkeit und Resilienz
Tags: Ausbildung, Nachhaltigkeit, Weiterbildung
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