Effizienz stößt an ihre Grenzen
Wer überleben will, braucht mehr als schlanke Prozesse und niedrige Kosten. Gefragt ist die Fähigkeit, auch unter widrigen Bedingungen handlungsfähig zu bleiben – kurz gesagt: Resilienz.
Globale Produktionsnetzwerke, typisch für eine Exportnation und vor allem für den deutschen Mittelstand, sind besonders anfällig für systemische Krisen: Die hohe Abhängigkeit von wenigen Lieferanten oder Transportwegen sorgt dafür, dass schon kleine Störungen weitreichende Folgen haben. Eine verspätete Lieferung in Asien kann binnen Stunden ganze Montagebänder in Europa stilllegen.
Der klassische Blick auf Effizienzkriterien muss aufgrund der wachsenden Bedrohungen auf systemischer Ebene neu definiert werden: Lieferketten sind nur dann im unternehmerischen Sinne wirklich effizient, wenn sie zusätzlich zu Zeit- und Kostenvorteilen auch resilient gegen makro-ökonomische Risiken sind.
Resilienz als strategische Ergänzung zur Effizienz
Resilienz ist mehr als eine kurzfristige Reaktion auf Krisen. Sie beschreibt die Fähigkeit von Unternehmen,
- Störungen frühzeitig zu antizipieren,
- die Auswirkungen abzufedern und
- sich an neue Rahmenbedingungen anzupassen.

Abbildung 1: Wechselnde Anforderungen an das soziotechnische System im Verlauf der Resilienzphasen (adaptiert nach Reeves et al. 2020; Duchek 2019)
Damit geht Resilienz über klassisches Risikomanagement hinaus. Während Risikomanagement vor allem bekannte Gefahren identifiziert und versucht, deren Eintrittswahrscheinlichkeit zu minimieren, nimmt Resilienz das Unvorhersehbare in den Blick. Es geht um eine ganzheitliche Robustheit, die Technik, Organisation und Menschen gleichermaßen umfasst.
Warum jetzt handeln?
Das Umfeld, in dem produzierende Unternehmen agieren, ist von zunehmender Unsicherheit geprägt. Expertinnen und Experten sprechen von der VUCA-Welt – Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity. Unternehmen müssen nicht nur mit kurzfristigen Schocks umgehen, sondern auch mit langfristigen Trends wie Ressourcenknappheit, Nachhaltigkeitsanforderungen oder technologischen Umbrüchen. Wer jetzt nicht beginnt, Resilienz systematisch aufzubauen, riskiert nicht nur Produktionsausfälle, sondern langfristig seine Wettbewerbsfähigkeit.
Praxisnahe Wege in Richtung Widerstandsfähigkeit
Wie kann Resilienz konkret aufgebaut werden? Drei zentrale Ansatzpunkte sind:
- 1. Redundanz aufbauen: Statt nur auf den günstigsten Lieferanten zu setzen, sollten Unternehmen alternative Bezugsquellen erschließen. In der IT ist es längst Standard, Server doppelt auszuführen – warum nicht auch bei kritischen Lieferketten?
- 2. Digitale Transparenz nutzen: Moderne Sensorik, KI-basierte Prognosemodelle und digitale Zwillinge ermöglichen es, Risiken frühzeitig zu erkennen. So lassen sich Probleme nicht nur schneller lösen, sondern oft auch verhindern.
- 3. Lernkultur etablieren: Resilienz ist nicht statisch. Unternehmen, die aus Krisen systematisch lernen, bauen ihre Widerstandsfähigkeit kontinuierlich aus. Eine offene Fehlerkultur und strukturierte Lessons-Learned-Prozesse sind dabei unverzichtbar.
Die Zeit des blinden Effizienzstrebens ist vorbei. Unternehmen, die Resilienz als strategische Fähigkeit begreifen, gewinnen nicht nur Sicherheit, sondern auch Flexibilität. Resilienz ist kein kurzfristiger Krisenmodus, sondern die Grundlage für nachhaltigen Erfolg in einer Welt voller Unsicherheiten.
Habe ich Ihr Interesse am Thema Resilienz in Wertschöpfungsnetzwerken geweckt oder haben Sie konkreten Unterstützungsbedarf? Sprechen Sie mich an oder folgen Sie den Aktivitäten des Forschungsprojektes ResiNet der Fördermaßnahme des BMFTR »Dynamische Wertschöpfungsnetzwerke im turbulenten Umfeld – Aufbau von Resilienz in produzierenden Unternehmen (Resipro)« via LinkedIn: Resipro
Die vergangenen Jahre haben Unternehmen auf eine harte Probe gestellt. Produktionssysteme stoßen im Krisenfall schnell an ihre Grenzen. Effizienz allein reicht nicht mehr aus. Gefragt ist die Fähigkeit, auch unter widrigen Bedingungen handlungsfähig zu bleiben – kurz gesagt: Resilienz. Das Fraunhofer IAO unterstützt Sie gerne auf ihrem Weg zu mehr Resilienz. In dieser Blogreihe werden aktuelle Herausforderungen, Prinzipien und konkrete Pläne für die Praxis beleuchtet.
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Kategorien: Digitale Transformation, Nachhaltigkeit und Resilienz, Produktion und Wertschöpfung
Tags: Resilienz in Produktionssystemen

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