Auch wenn Schlagworte wie Industrie 4.0 und die autonome Fabrik eine große Aufmerksamkeit genießen, sind es doch nach wie vor die Mitarbeitenden, die für reibungslose Abläufe in der Produktion sorgen. Gerade in variantenreichen Bereichen wie der Montage, ist der Anteil manueller Tätigkeiten nach wie vor hoch. Der Bedarf nach einem mitarbeitergerechten Führungskonzept ist entsprechend ungebrochen. Jedoch wundert es kaum, dass auch das Shopfloor Management, welches die gezielte Informationsweitergabe im auf Effizienz getrimmten Produktionsumfeld garantiert und sich an zentralen Prinzipien der Personalführung ausrichtet, keine digitalisierungsfreie Zone darstellt. Doch wie kann man ein Führungsinstrument digitalisieren, ohne die Mitarbeitenden in ihren Kompetenzen zu beschneiden? Und wieviel Digitalisierung ist überhaupt angemessen oder sinnvoll?

Von Klemmbrett bis Texterkennung – Die Entwicklungsstufen des Shopfloor Managements

Als ein aus dem Lean Management stammendes, ganzheitliches Führungsinstrument ist das Shopfloor Management in den meisten Unternehmen noch heute von papierbasierten und manuellen Abläufen charakterisiert. Doch nach und nach halten digitale Lösungen Einzug in die Abläufe des Shopfloor Managements und versprechen Effizienzgewinne und klaren Zusatznutzen. Dabei lassen sich, je nach Umfang, in welchem digitale Lösungen in die Abläufe des Shopfloor Managements integriert werden, verschiedene Entwicklungsstufen unterscheiden: Vom analogen, zum digitalen über das smarte bis hin zum autonomen Shopfloor Management.

Werden Informationen und Kennzahlen händisch am Shopfloor Board in der Produktion eingetragen, spricht man von einem analogen Shopfloor Management. In der Folge werden Ursachen für erkannte Abweichungen meist lediglich sporadisch dokumentiert und sind oft nur ortsgebunden und zeitlich begrenzt verfügbar. Durch die manuelle Informationsbeschaffung, -aufbereitung und Dokumentation ist insbesondere die Vor- und Nachbereitung von Meetings nicht nur mit hohen Zeitaufwänden verbunden, noch dazu gehen Informationen verloren.

Diese Aufwände können durch die Weiterentwicklung hin zu einem digitalen Shopfloor Management bereits erheblich reduziert werden. Zum Beispiel durch die Einführung automatisierter Reportings, welche die aufgebrachte Zeit für die Informationsbeschaffung vor täglichen Regelmeetings verkürzen oder durch digitale Displays, welche den Aufwand einer manuellen oder papierbasierten Befüllung minimieren. Zwar räumen diese Lösungen den Mitarbeitenden bereits mehr Zeit für ihre Kerntätigkeiten frei, jedoch bieten digitale Technologien weitere Potenziale, die weit über die Vorteile einer reinen Zeitersparnis hinausgehen.

Zahlreiche weitere Vorteile kann eine ganzheitlich gedachte Lösung mit umfassender Datenintegration bieten. Ein solches Smartes Shopfloor Management erleichtert die Vor- und Nachbereitung von Regelmeetings durch die schnelle und intuitive Ausgabe individualisierbarer Berichte. Darüber hinaus ermöglichen interaktive digitale Boards eine zielgruppengerechte Visualisierung der relevantesten Informationen und die unmittelbare digitale der in Shopfloor-Meetings beschlossenen Maßnahmen. So werden die teilnehmenden Mitarbeitenden gezielt dabei unterstützt, die bestehenden Probleme durch datengestützte Analysen in kürzester Zeit erfassen, Ursachen-Wirkungs-Beziehungen zu erkennen und zu verstehen, welche Maßnahmen derzeit die höchste Priorität besitzen.

Doch lassen sich darüber hinaus nicht noch viele weitere Arbeitsschritte digitalisieren? Können vielleicht sogar jegliche Fehleranalysen basierend auf der Vielzahl vorliegender Daten mithilfe von Algorithmen durchgeführt werden und die notwendigen Maßnahmen an den Mitarbeitenden ausgegeben werden? Nein, denn eine umfassende Digitalisierung in Form eines autonomen Shopfloor Managements ist zwar prinzipiell umsetzbar, verfehlt jedoch die dem SFM zugrundeliegenden Prinzipien und ist kaum mit der zugrundeliegenden Philosophie vereinbar. Selbst wenn die Verlockung groß sein mag, auch noch den letzten Prozess zu digitalisieren und die für Werkshallen typischen langen Wege durch Videokonferenzen zu vermeiden, sollten digitale Lösungen im Shopfloor Management nur dann eingesetzt werden, wenn sie den Wesenskern dieses ganzheitlichen Führungsinstruments nicht bedrohen. So sollte das Shopfloor Management unabhängig von seiner technologischen Weiterentwicklung stets dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden, über jegliche Hierarchieebenen hinweg, befähigt und weiterentwickelt werden. Dazu sollten auch in Zukunft Ursache-Wirkungs-Beziehungen gemeinsam ergründet und ein persönlicher Austausch unterstützt werden. Behält man diesen Leitgedanken bei, kann eine intelligente Unterstützung der Abläufe durch digitale Technologien zahlreiche weitere Potenziale heben.

Abbildung 1: Die Entwicklungsstufen des Shopfloor Managements (© Fraunhofer IAO, in Anlehnung an Bock & Höfer (2021))


Abbildung 1: Die Entwicklungsstufen des Shopfloor Managements (© Fraunhofer IAO, in Anlehnung an Bock & Höfer (2021) )

Smartes Shopfloor Management – auch bei der Entwicklung stehen die Mitarbeitenden im Mittelpunkt

Ziel einer Transformation des Shopfloor Managements sollte somit immer das Erreichen einer smarten Shopfloor Management-Lösung sein. Diese stellt schließlich den bestmöglichen Kompromiss aus der Reduzierung manueller Aufwände und einer intelligenten Unterstützung bei Entscheidungen dar, ohne dabei die Mitarbeitenden in ihren Kompetenzen zu beschneiden. Ihr volles Potenzial im Umfeld des Shopfloor Managements entfalten digitale Lösungen nur dann, wenn sie in ein ganzheitliches und durchdachtes Konzept integriert werden. Die beteiligten Mitarbeitenden sollten vom Vorarbeiter bis zur Werksleiterin eine gezielte Unterstützung durch digitale Tools erfahren. Einerseits dienen sie als sinnvolle Erleichterung durch das Wegfallen repetitiver und zeitintensiver Vor- und Nachbereitung von Regelmeetings und andererseits ermöglichen sie einen interaktiven Austausch und eine bestmögliche Informationsaufbereitung während der Meetings. Durch den so erreichbaren Grad an Befähigung trägt das Shopfloor Management zu einem menschengerechten und motivierenden Arbeitsumfeld bei.

Um digitale Lösungen so auszugestalten, dass diese die Mitarbeitenden und Führungskräfte bestmöglich unterstützen, müssen diese durchgängig in die Entwicklung und Einführung digitaler Lösung einbezogen werden. Denn oft kennen die Mitarbeitenden die Unterstützungsbedarfe und können am besten einschätzen, was sinnvoll ist und zur Erleichterung beiträgt und was nicht praxistauglich ist und lediglich Mehraufwand bedeutet. So braucht es einen von Expert*innen moderierten Prozess, welcher die Bedarfe der Mitarbeitenden und Führungskräfte erfasst und in eine ganzheitliche und smartes Lösungskonzept integriert sowie die individuellen Begebenheiten eines jeden Unternehmens erfasst. Wenn Sie wissen möchten, wobei es bei der Entwicklung einer smarten Lösung für ein Shopfloor Management ankommt und welche zentralen Schritte dabei entscheidend sind, empfehle ich Ihnen den bald erscheinenden Blogbeitrag meiner Kollegin Janika Kutz. Und wenn Sie selbst überlegen, wie Sie Ihr Shopfloor Managements smart gestalten können, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf!

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Maximilian Feike

Maximilian Feike ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IAO und Teil des Forschungs- und Innovationszentrums Kognitive Dienstleistungssysteme in Heilbronn. Dort befasst er sich mit Fragestellungen rund um das Innovationsmanagement und Methoden zur Entwicklung digitaler Service.

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