»Welchen Antrieb hat das Fahrzeug?« fragte mich Ilka Horstmeier, Mitglied im Vorstand der BMW AG, bei der Vorstellung unseres Fahrzeugkonzept »Vision PI« beim Ideenwettbewerb »#NEXTGen Moving Tomorrow Pitch« des Autokonzerns. Unsere Antwort darauf lautete: »Den, der bedarfsspezifisch Sinn ergibt!«. Die Fahrzeugentwicklung befindet sich im Wandel. Das Ende des fossilen Zeitalters scheint nah, wird aber nicht von heute auf morgen vonstattengehen. Der Batteriebetrieb ist zwar auf dem Vormarsch, wird aber immer wieder diskutiert und der wasserstoffgetriebene Brennstoffzellenantrieb erlebt aktuell eine neue Renaissance. Also welcher ist nun der Antrieb der Zukunft?
Ein Blick in die Zukunft mit Vision PI: antriebsunabhängige Fahrgastzelle
Hinter dem visionären Konzept von »Vision PI« steckt eine modular aufgebaute Fahrgastzelle, die von den Reisenden flexibel an ihre individuellen Bedürfnisse angepasst werden kann; also z. B. tagsüber als Lounge und nachts als erholsame Ruhekapsel. Der Clou daran: Wir haben das bekannte Live-and-Drive-Konzept des BMW i3 quasi auf die Spitze getrieben und die Fahrgastzelle von den antriebsrelevanten Technologien vollständig getrennt. So kann die Fahrgastzelle an Fahrzeugplattformen mit flexiblen Antriebstechnologien oder Reichweitenkapazitäten andocken oder auch an völlig neue, radikalinnovative Mobilitätsträger, die in einem Sharing-Konzept betrieben werden: beispielsweise an Flugtaxi-Rotoren, Fahrzeugplattformen oder Hyperloop-Modulen. D.h., dass die Reisenden die Fahrgastzelle privat besitzen, aber mit verschiedenen Verkehrsträgern multimodale Reisen erleben können. Die Mobilitätsträger der Mobilitätsprovider können dabei flexibel gewechselt und im Sinne der Shareconomy möglichst effizient betrieben werden. Aber auch die Integration der Fahrgastzelle im Gebäude, bspw. zum Erleben von virtueller Mobilität wird möglich – ein Aspekt, der in Zeiten von Homeoffice, Online-Events und Telefonkonferenzen deutlich an Bedeutung gewonnen hat.
Nur Science-Fiction oder bald Realität?
An der Entwicklung des Konzepts waren Wissenschaftler*innen aus insgesamt sechs Fraunhofer-Instituten beteiligt, die alle ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse und Expertisen gebündelt haben. Vision PI gibt also einen Ausblick darauf, welche Fahrzeugkonzepte im Jahr 2040 denkbar wären – so sie konsequent neu gedacht werden. Aber die Entwicklung dahin bedarf intensiven und risikobehafteten Entwicklungsanstrengungen seitens der Industrie. Das Konzept dient demnach vielmehr als eine Art Ikone, die Technologie- und Innovationstrends auf die Spitze treibt und ganzheitlich denkt, die aber allesamt einen relevanten Kern in heutigen Innovationsthemen innehaben. Denn die hohen Akzeptanz- und Erwartungswerte für virtuelles Reisen, aber auch für andere Mobilitätsformen, konnten wir bereits vergangenen Herbst im Rahmen einer internationalen Nutzungsumfrage aufzeigen, deren Ergebnisse wir bald veröffentlichen werden. In der nachfolgenden Grafik sind aber schon die ersten Erkenntnisse zu sehen. Dieses Projekt ist als Inspiration in Vision PI eingeflossen. So ist auch Frau Horstmeiers Frage eine der zentralsten des Automobilbaus für die kommenden Jahre: Welchen Antrieb hat das Fahrzeug?
Mittels AR-Technologie wird das Kamerabild in Echtzeit um Route, Ziel und weitere Informationen ergänzt. (© Fraunhofer IAO)
Und dann war da ja noch der Wasserstoffantrieb…
Das Ende des fossilen Zeitalters von Benzin- und Dieselgetriebenen Fahrzeugen scheint von Gesellschaft und Industrie im Zuge eines zunehmenden Umweltschutzbewusstseins beschlossen zu sein, wird aber sicherlich nicht abrupt, sondern schleichend stattfinden. Elektrofahrzeuge werden zunehmend attraktiv für den Markt und die Hersteller präsentieren immer mehr neue Fahrzeuge: zuletzt beispielweise der batterieelektrische iX von BMW, der ebenfalls auf dem #NEXTGen-Event präsentiert wurde und ein neues Elektrozeitalter für den Autohersteller einläuten soll. Doch auch die Batterieantriebe gelten nach wie vor nicht als gesetzter Antrieb der Zukunft, die Potenziale synthetischer Kraftstoffe werden immer wieder diskutiert. Der wasserstoffgetriebene Brennstoffzellenantrieb erlebt jedoch derzeit eine Renaissance – und das ausgerechnet zu einer Zeit, in der Autobauer die Batterieantriebe endlich angenommen haben! Eben die Antriebe, die ihre langjährigen Anstrengungen hinsichtlich Wasserstoffantrieben vor etwa zehn Jahr ein jähes Ende gesetzt hatten! BMW etwa galt als einer der Pioniere und hatte in einer Zeit vor Tesla bereits mit dem BMW 7er frühzeitig ein Fahrzeug mit Wasserstoff-Verbrennungsantrieb in Kleinserie getestet. Und nun kommt der Wasserstoff zurück – hatte man damals vielleicht doch auf das richtige, ausdauernde Pferd gesetzt?
Diese Frage wird derzeit vielerorts diskutiert, weswegen auch wir im Sinne der Technologiefrühaufklärung einen Beitrag leisten wollen und Sie herzlich am Vormittag des 2. Dezembers 2020 einladen zu unserem digitalen »Forum FutureCar« – mit dem Schwerpunkt »Wasserstoffmobilität«. Wir wollen Brennstoffzellenantriebe, vor allem auch in Bezug auf Potenziale für Nutzfahrzeugantriebe diskutieren – ein Bereich, der aufgrund der Fahrprofile und Anforderungen als besonders geeignet gilt. An sich sind sich die Branchenexperten größtenteils einig, dass es in Zukunft – anders als im zu Ende gehenden Zeitalter fossiler Treibstoffe – nicht »den einen« dominanten Antrieb geben wird, sondern mehrere alternative Technologien koexistieren werden und dabei anwendungsspezifisch ihre Vorteile ausspielen können. Auch diesbezüglich zeigt Vision PI seine Strahlkraft als ikonisches Konzept, das aktuelle Innovationstrends überzeichnet darstellt: Welchen Antrieb hat das Fahrzeug? Den, der bedarfsspezifisch Sinn ergibt!
Leselinks:
- Veranstaltung »Forum Future Car2020« am 2.12.20
- Presseinformation zu »Vision PI«
- Konzept »Vision PI«
- #NEXTGen Moving Tomorrow pitch 2020
- Innovationsnetzwerk FutureCar
- Akzeptanzstudie FlyingCab
Kategorien: Future Mobility, Innovation
Tags: autonomes Fahren, E-Mobility, Mobilität, Mobility Innovation