Anlässlich des täglichen Dauerspagats kann nun das Personalmanagement die Parole »Problem erkannt – Problem gebannt!« ausgeben und direkt 100e thematisch relevante Führungs- und Steuerungsinstrumente anbieten. Theoretisch-fundierte, methodische Lösungsansätze sind aus meiner Perspektive als Wissenschaftlerin ohne Frage notwendig, aber fragen Sie mal die Führungskraft Ihres Vertrauens: In der Praxis sind Leitsätze, Unternehmensvorgaben und Führungsmethoden gar nicht so leicht anzuwenden.
Die zig-fach auf Seminaren gepredigte Formel »Love it, change it or leave it.« hilft nicht, zunächst kognitiv bestehende Zwiespälte der Führungskräfte aufzulösen. Aber was haben die Führungskräfte für Chancen, sich loyal aus den Alltags-Dilemmata zu befreien? Sie können ihr Gewissen beruhigen, indem sie zum Schluss kommen: »So schlimm ist mein Verhalten nun auch wieder nicht«. Oder sie überzeugen sich selbst mit dem Fazit: »Ich musste so handeln«, um eine Situation ins Reine zu bringen. Und als Führungskraft haben Sie sich vielleicht auch in Situationen ertappt, in denen Sie auf stur schalten und Stimmen der Kollegen, anderer Abteilungen oder der Geschäftsführung nicht wahrnehmen, leugnen oder den Informationsgehalt abwerten. Auch ein Weg. Aber nicht immer ein echter Ausgleich.
Wie man das Blatt dreht und wendet, beim Auflösen und Reparieren solcher Situationen steht bei jeder Entscheidung immer auch die eigene Reputation auf dem Spiel. Und das ist heute insbesondere für das untere Management anspruchsvoll. Warum? Das möchte ich Ihnen am Märchen »Des Kaisers neuen Kleider« zeigen. Sie erinnern sich an den Kaiser, der zu Volkes Belustigung nackt und blind dem Rat der hinterlistigen Schneider folg. Beim Obersten in der Hierarchie steht der Ruf beim Volke durch das leichtsinnige Folgen externer Experten auf dem Spiel. Selbstbestimmte und mündige Führungskräfte treffen vor und für ihre Mitarbeiter ebenso Entscheidungen– nur kommen in unserer Arbeitswelt die Kleider, also im übertragenen Sinn die Vorgaben, Leitsätze, Ressourcen und gesetzte Rahmenbedingungen, nicht von extern sondern direkt vom Hofe! Sich dem autoritären Wert externer Schneider zu widersetzen ist um ein Vielfaches einfacher als sich gegen das eigene Regime zu stellen. Aussagen und Meinung auch nach oben neu zu prägen und mitzugestalten ist kein leichtes Unterfangen.
Erfolgreich gewappnet für den modernen Dauerspagat ist doch, wer sich bewusst ist, in welchen Spannungsfeldern innerhalb der eigenen Entscheidungs- und Handlungsbereiche er sich bewegt. Wer als Führungskraft die Interessen der Beteiligten benennen und auch persönlich Position beziehen kann – wer dies guten Gewissens für sich abgewogen hat, der wird in der Praxis einen konstruktiven Ausgleich zwischen den Spannungspolen finden.
Gerade wegen des Abwägens und gemeinsamen Beleuchtens sind doch Konzepte »Kollegialer Fallberatung« derzeit so en vogue. Führungskräfte brauchen Raum, sich mit konkreten Fallbeispielen, den eigenen und denen der Kollegen, auseinanderzusetzen, um die eigene Reparaturkompetenz zu entwickeln. Thematisieren Sie die Spannungsfelder!
…Und dabei bitte keine Angst vor Loyalitätsverlust – Reibung erzeugt Wärme!
Kategorien: New Work / Connected Work
Tags: Arbeit der Zukunft, Arbeitsgestaltung
Jedes Entscheidungshandeln braucht Reparaturkompetenz, weil sich zu einem bestimmten divergierende Interessen nicht alle befriedigen lassen. Allerdings können „gute“ Vorarbeiten eine Entscheidung, deren Interessenumfang und den Grad innerer Entfernung verringern und verstehbar machen. Dialog als Kommunikationsform und Führungsstrategie erzeugt gegenseitige Achtsamkeit!
Hallo Frank!
Danke für dein Kommentar. Ein treffendes Feedback und wie ich finde schönes Fazit zum Blog. Ich bin der Überzeugung, dass Achtsamkeit in der Führungsdebatte zukünftig noch mehr Gehör bekommen wird.