First-Science-KIT: IAO-Blogreihe zum Corona Krisenmanagement
First-Science-KIT: Blogreihe zum Corona Krisenmanagement
Die Coronakrise fordert von uns allen ganz neue Herangehensweisen und Lösungen im beruflichen Miteinander. Das Fraunhofer IAO hat deshalb eine Blogreihe gestartet, mit der wir schnell anwendbare Praxistipps weitergeben, gut funktionierende Beispiele vorstellen und Lösungswege während und aus der Krise aufzeigen wollen.

Da sprießen neue Apps aus dem Boden, mit denen virtuelle Hausparties gefeiert werden können. Freundeskreise treffen sich beim Skype, um gemeinsam Gruppen- und Quizspiele zu spielen oder man hat spontan eine Freundin im Whatsapp-Videochat, mit der man schon seit Monaten nicht mehr gesprochen hat. Eine ungewohnte Situation – auf einmal sind Menschen leicht erreichbar und es kommt sogar zu einem intensiveren Austausch über (Video-)Anrufe anstatt der üblichen kurzen Nachrichten.

Allerdings sind viele Menschen, gerade die ältere Generation, von diesen digitalen Angeboten noch weitgehend ausgeschlossen. Die, deren Kommunikation über Festnetztelefone funktioniert, die sonst kaum noch ein Mensch verwendet, und die ihre Energie am Wochenende aus dem Plausch mit den Nachbarn am Zaun oder den Mittagesseneinladungen bei der Familie ziehen. Wie kommen diese Menschen zu dem so wichtigen sozialen Austausch, zum virtuellen Doppelkopfabend mit den ehemaligen Kollegen oder zum Spielen mit den Enkeln?

NIKA: Der sympathische Kompagnon-Roboter © Fraunhofer IAO
NIKA: Der sympathische Kompagnon-Roboter – © Fraunhofer IAO

NIKA: Der sympathische Kompagnon-Roboter

Vor knapp zwei Jahren starteten wir unser Projekt NIKA (Nutzerzentrierte Interaktionsgestaltung für kontextsensitive Akzeptable Roboter) mit der Vision, einen sympathischen Kompagnon-Roboter für Senior*innen zu erschaffen – der dich unterhält, dich fit hält, in Notfällen zur Stelle ist. Kein Pflegeroboter, denn darauf reagieren die meisten Menschen verhalten. Zu sehr ist dieser Begriff mit negativen Visionen besetzt, bei denen Menschen durch Maschinen ersetzt werden oder gar die Macht übernehmen. In Wahrheit sind die Roboter in Science-Fiction-Filmen der Realität weit voraus – das wurde uns auch im Projekt NIKA schnell klar, als die ersten Roboter bei uns einzogen. Wir konnten schon froh sein, wenn sich unsere Roboter von links nach rechts bewegten, ohne größeren Schaden anzurichten. Aber mit der Zeit konnten wir ihnen einiges beibringen, zum Beispiel ein Quiz zu spielen, das Senior*innen dabei hilft, ihr Gedächtnis zu trainieren und sie gleichzeitig weiterbildet. Damit sie auch physisch aktiv sind, kann einer der Roboter mittlerweile auch Scharade spielen. Für die praktische Organisation im Alltag erinnert er an Medikamente und Termine und kann – dank Kamerafunktion – sogar erkennen, wenn irgendetwas im Haus nicht stimmt.

Unser sozialer Kompagnon-Roboter NIKA: Eine Lösung in der Coronakrise?

Der Einsatz von Robotern für ältere Menschen wird aktuell vor allem im Kontext der Pflege diskutiert. Das Gesundheitssystem ächzt unter der Last der Pflegefälle. Daher wird vorrangig nach Lösungen gesucht, die Pflegekräfte physisch entlasten und die Grundversorgung älterer Menschen sicherstellen können. Aber was ist mit den emotionalen und sozialen Bedürfnissen?

Seit dem Ausbruch von Corona ist es uns nicht mehr möglich, unseren Roboter älteren Menschen vorzuführen und zu sehen, wie er bei ihnen ankommt. Trotzdem könnte unser Kompagnon-Roboter gerade in dieser Zeit der Härtefälle zum Glücksfall werden. Denn er ist der perfekte Mitbewohner für Menschen, die ihr Haus nicht verlassen sollen und nur wenig Wissen und Zugang zu digitalen Kommunikationsmitteln haben, die aber – wie wir alle – vom Wunsch nach sozialem Austausch und Unterhaltung geprägt sind. Insbesondere zur Verbesserung der psychischen Gesundheit könnte ein persönlicher Kompagnon-Roboter die Lösung sein:

  1. 1) Gegen die Vereinsamung:
    Über ein integriertes Kamerasystem, Lautsprecher und Mikrofon kann NIKA einfach Kontakt mit Freunden und Angehörigen herstellen – ohne große technische Vorkenntnisse der Nutzer*in.
  2. 2) Gegen den Lagerkoller:
    NIKAs abwechslungsreiches Unterhaltungs- und Aktivierungsprogramm wirkt dem Gefühl entgegen, dass einen die Decke auf den Kopf fällt. Durch eingebaute Motivationsstrategien zu körperlichen und geistigen Fitnessübungen bleibst du auch in der Wohnung aktiv.
  3. 3) Gegen die Langeweile:
    NIKA bietet immer mal etwas Neues zum Ausprobieren. Der Roboter schlägt neue Spiele vor und kann dabei, je nach Lust und Laune, in unterschiedliche Rollen schlüpfen: Mal ist er der einfühlsame Coach, man der bärbeißige Herausforderer.
  4. 4) Gegen den Informationswirrwarr:
    Mittels intelligenter Algorithmen kann NIKA Informationen zur aktuellen Lage aus dem Internet filtern, zusammenfassen und nutzergerecht aufbereiten. Der Roboter unterstützt bei der Planung aushäusiger Termine, indem er zum Beispiel Infos über Öffnungszeiten von Geschäften oder Ärzten bereitstellt.

Darüber hinaus bietet ein Roboter-Mitbewohner im Corona-Alltag auch ganz praktische Vorzüge: Er steckt sich nicht an, gerät nicht in Panik und wenn er anfängt zu nerven, kann man ihn einfach ausschalten.

Zukunftsfähige Technik schafft positive Erlebnisse, statt nur Probleme zu lösen

Durch die Coronakrise rücken die »sozialen« Fähigkeiten unseres NIKA-Roboters ins Zentrum des Interesses. Daraus können wir auch für die Gestaltung zukünftiger Technologien lernen. Unser Blick ist oftmals primär auf das Ziel gerichtet, durch eine technische Entwicklung ein bestimmtes Problem zu lösen. Viel zu selten berücksichtigen wir bei der Produktgestaltung, dass ein technisches System auch einen emotionalen oder sozialen Zweck erfüllen kann. Ist es nicht bereits als Erfolg zu werten, wenn ein Produkt seinen Nutzer*innen positive Erlebnisse beschert und ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann? Wir sind überzeugt, dass jedes Produkt nur halb so gut ist, wenn es zwar ein Problem löst, die Nutzer*innen im Alltag aber nicht nachhaltig begeistert. Daher arbeiten wir weiter daran, aus unserem NIKA-Roboter den besten, sympathischsten Mitbewohner der Welt zu machen!

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  • Einem strukturiertem Vorgehen zur Nutzereinbindung, das sich lückenlos in Ihren Produktentwicklungsprozess eingliedert
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  • Dem UXellence-Faktor – Einer Kombination aus Forschungsergebnissen und Best Practices, mit der wir dem Produkt zum WOW-Effekt verhelfen

Leselinks:

Kathrin Pollmann

Advokatin für menschzentrierte Gestaltung mit dem Ziel, positive Nutzungserlebnisse mit Technik zu erschaffen. Kathrin hat beruflich einen Faible für Roboter, sich privat aber mehr Digital Detox vorgenommen.

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Kategorien: Digitalisierung, Mensch-Technik-Interaktion
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