Je komplexer städtische Entwicklungsproiekte sind, desto schwieriger wird deren Vermittlung in der Öffentlichkeit und bei den relevanten Stakeholdern. Insbesondere bei Projekten, die auf naturbasierte Lösungen (NbS) setzen, entsteht Klärungsbedarf. Entscheidend für den Erfolg unserer urbanen Transformationen ist deshalb oftmals angemessenes Stakeholder Engagement, die Einbeziehung und Aktivierung der relevanten Zielgruppen der Stadtbevölkerung. Hierfür gibt es inzwischen bewähre Methoden und Ansätze.
Stakeholder-Engagement: Mitbürgerinnen und Mitbürger zu Mitgestaltenden machen
Gerade bei urbanen Transformationen zeigt sich, dass Projekte, die ausschließlich von der Verwaltung gesteuert werden, oft an den Bedürfnissen der Bevölkerung vorbeigehen, weil sie zu wenig in die bestehenden sozialen und lokalen Netzwerke eingebettet sind. Für kommunale Mitarbeitende ist das Engagement in diesen Prozessen besonders wichtig: Sie sind die Brücke zwischen Verwaltung und Bürgerschaft und können durch ihre Nähe zum Alltag der Menschen sicherstellen, dass unterschiedliche Präferenzen und Nutzungsmuster berücksichtigt werden. So trägt ihre Beteiligung entscheidend dazu bei, Konflikte zu minimieren, Akzeptanz zu schaffen und innovative Lösungen zu entwickeln. Eine breite lokale Verankerung ist daher unverzichtbar, um die Vorteile urbaner Transformationsprozesse und Nature-based Solutions (NbS) tatsächlich für alle sichtbar und erlebbar zu machen. Wer als kommunale Mitarbeiterin oder kommunaler Mitarbeiter an diesen Prozessen teilnimmt, gestaltet die Zukunft der eigenen Kommune aktiv mit und sorgt dafür, dass Projekte nachhaltig, sozial gerecht und lebenswert werden.
Wer sind Stakeholder? Eine vielschichtige Definition
Doch wie sehen Lösungen aus, die wirklich nachhaltig und für die Stadtgesellschaft tragfähig sind? Die Antwort liegt in einer umfassenden Einbindung der richtigen Stakeholder – also all derjenigen, die von den Maßnahmen betroffen sind oder ein Interesse am Projekt haben. Dazu zählen nicht nur Menschen wie Bürgerinnen und Bürger, kommunale Mitarbeitende oder Unternehmen, sondern auch zukünftige Generationen, die Natur und sogar der städtische Raum selbst. Stakeholder-Gruppen sind heterogen und bringen unterschiedliche Perspektiven, Bedürfnisse und Interessen ein.
Entscheidend ist, dass Stakeholder-Beziehungen handlungsorientiert und interessensorientiert sind. Im Kontext der Stadtentwicklung und der Umsetzung von Nature-based Solutions (NbS) lassen sich drei Hauptgruppen unterscheiden: die Verwaltung, Unternehmen und die Öffentlichkeit. Der Erfolg von NbS-Projekten hängt maßgeblich davon ab, wie gut diese Gruppen zusammenarbeiten und ihre jeweiligen Interessen einbringen können.
Um die richtigen Stakeholder für die eigenen Herausforderungen zu identifizieren, ist es wichtig, frühzeitig den Dialog mit möglichen Akteurinnen und Akteuren zu suchen, unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen und die Bedürfnisse aller Beteiligten ernst zu nehmen. So entstehen Lösungen, die nicht nur technisch funktionieren, sondern auch gesellschaftlich akzeptiert und langfristig wirksam sind. Kommunale Mitarbeitende spielen dabei eine Schlüsselrolle: Sie agieren als Vermittler zwischen den verschiedenen Gruppen und sorgen dafür, dass alle Stimmen gehört werden. Auf diese Weise können innovative und nachhaltige Lösungen entwickelt werden, die die Lebensqualität in der Stadt nachhaltig verbessern.
Eine weitere Differenzierung erfolgt zwischen primären und sekundären Stakeholdern:
Primäre Stakeholder sind direkt an der Wertschöpfung beteiligt, wie beispielsweise Unternehmen, die Bevölkerung, die Kommunalverwaltung sowie öffentliche Dienstleisten.
Sekundäre Stakeholder üben indirekten Einfluss aus, beispielsweise durch Entscheidungsbefugnis und Beratung, wie höhere Regierungsbehörden oder wissenschaftliche Einrichtungen.
Zudem gibt es betroffene und nicht-betroffene Stakeholder. Hierbei können Machtunterschiede eine Rolle spielen, wobei einige in die Entscheidungsfindung und Projektumsetzung eingebunden sind und andere nicht.
Gelebte Innovation durch Partizipation
Wie kann Partizipation dazu beitragen, Verständnis, Unterstützung oder sogar neue Ideen zu schaffen? Indem alle relevanten Gruppen frühzeitig und aktiv in den Prozess eingebunden werden, entsteht nicht nur ein besseres Verständnis für die Herausforderungen und Ziele eines Projekts, sondern auch für die unterschiedlichen Sichtweisen und Bedürfnisse der Beteiligten. Kommunale Mitarbeitende, Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und weitere Stakeholder können so gemeinsam Lösungen entwickeln, die breite Akzeptanz finden und innovative Ansätze hervorbringen. Durch regelmäßigen Austausch und transparente Kommunikation wird Vertrauen aufgebaut und die Bereitschaft zur Unterstützung gestärkt. Werden die Zielgruppen aktiv beteiligt und erhalten sie Einblick in mögliche Lösungswege, profitiert nicht nur das Projekt, sondern auch jede und jeder Einzelne – sei es durch mehr Mitsprache, neue Impulse oder die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen. So wird Partizipation zur Grundlage für nachhaltige und zukunftsfähige Lösungen, die alle mitgestalten und mittragen können
Die »Partizipationsleiter« von Arnstein (1969/2019) veranschaulicht verschiedene Ebenen der Beteiligung, von reiner Information bis zur vollständigen Übertragung der Entscheidungsgewalt an die Bürgerinnen und Bürger.

Levels and forms of stakeholder participation: Arnstein, S. R. (1969/2019) ‘A Ladder of Citizen Participation’, Journal of the American Planning Association, 85(1), 26ff.
Wie Städte von Stakeholder-Engagement profitieren können
Stakeholder-Engagement bringt Planern im urbanen Raum konkrete Vorteile auf drei Ebenen:
- sozial: Durch die Einbeziehung von Akteurinnen und Akteuren aus der urbanen Gemeinschaft steigt das soziale und ökologische Wohlbefinden, weil städtische Planungen öffentlich legitimiert werden. Die Akteure erfahren soziale Wirksamkeit und werden für weiteres Engagement motiviert. Auch bisher marginalisierte Stakeholder erfahren Wertschätzung. Das soziale Klima innerhalb der Stadt profitiert vielfältig durch Legitimität und Akzeptanz, Vertrauen und Gleichheit, Fairness, Inklusion und die Einbeziehung von Feedback aus der Mitte der Stadtgesellschaft.
- Strategisch: Engagement von vielen Akteurinnen und Akteuren schafft Akzeptanz und positive Projektreputation. Ideen und Innovationen aus der Mitte der Gesellschaft können integriert und so die Wertschöpfung des Projekts gesteigert werden. Zusätzlich profitzieren alle Beteiligten von der Gewinnung und Einbeziehung von Wissen und proaktivem Risikomanagement. In vielen Fällen können damit auch zusätzliche Ausgaben vermieden werden.
- Pragmatisch: Eine breite Stakeholderbeteiligung schafft Transparenz, weil Ziele, Motive und Maßnahmen offengelegt werden. Auf diese Weise können städtische Problemfelder lösungsorientiert angegangen und Entscheidungen vorangetrieben und legitimiert werden.
Im Kern geht es darum, kollektives Vertrauen für ein Projekt aufzubauen und lokale Bedürfnisse und Interessen durch die Einbeziehung von Stakeholdern zu berücksichtigen.
Die »Schattenseite« des Engagements
Trotz all dieser Vorteile gibt es auch eine »Schattenseite« des Stakeholder-Engagements. Es kann zusätzliche Konflikte auslösen, insbesondere bei widerstreitenden Interessen und Prioritäten. Zudem ist es oft zeit- und ressourcenintensiv, was die Motivation von Stakeholdern und der Verwaltung auf lange Sicht beeinträchtigen kann. Eine falsche Priorisierung kann auch zur Ausgrenzung bestimmter Gruppen führen und im extremen Fall sogar das Gegenteil der ursprünglichen Intension bewirken.
Wie Städte ihre Stakeholder »engagieren« können
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Stakeholder-Engagement ein komplexes, aber unerlässliches Element für erfolgreiche urbane Transformationen und die Implementierung von naturbasierten Lösungen ist. Es erfordert ein tiefes Verständnis der verschiedenen Akteurinnen und Akteure, flexible Ansätze und die Bereitschaft, sowohl die Chancen als auch die Herausforderungen dieses Prozesses anzuerkennen.
Unser Projekt unterstützt Kommunen gezielt dabei, Partizipation bei der Planung und Umsetzung von Nature-based Solutions (NbS) zu stärken. Wir bieten praxisnahe Methoden, moderierte Dialogformate und digitale Tools, um alle relevanten Akteure frühzeitig einzubinden und gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln.
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Kategorien: Nachhaltigkeit, Stadtentwicklung
Tags: Bürgerbeteiligung, Nature-based Solutions (NbS)
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