Die Automatisierung des Fahrens ist ein Januskopf. Für Google und Co ist es der Anfang in der automobilen Welt. Auf der anderen Seite sagt manch einer den etablierten Automobilkonzernen schon ihr Ende voraus und kürt Uber zum großen Gewinner des Spiels.

Das Thema hat also disruptives Potenzial und erzeugt Unsicherheit. Nicht nur bei denen, die Fahrzeuge entwickeln oder produzieren. Auch Mobilitätsdienstleister, Versicherer, Juristen oder Ethiker haben Klärungsbedarf:

  • Wie ändern sich die Geschäftsmodelle im Mobilitäts- und Transportbereich durch die Automatisierung von Lkw und Pkw?
  • Welchen Einfluss hat autonomer Individualverkehr auf das Mobilitätsverhalten?
  • Wie entwickelt sich das Fahrzeug als dritter Lebensraum und was geschieht dort in Zukunft?
  • Welche neuen Risiken resultieren aus der Herstellerhaftung im internationalen Geschäft?
  • Ist es akzeptabel, dass ein autonomes Fahrzeug einen tödlichen Unfall verursacht, wenn tausende andere durch das autonome Fahren verhindert werden?

Technisch ist die Automatisierung des Fahrens eine fast natürliche Entwicklung. Seit Anfang der neunziger Jahre automatisieren Forscher und Autohersteller die Fahrfunktionen. Seit Spurhalten und Abstandhaltung als Ausstattungsoptionen für viele Fahrzeuge verfügbar sind, liegt der Schritt zum Loslassen des Lenkrads nahe. Keine Revolution also, sondern Evolution. Viele Schritte sind aber noch zu gehen bis zum großen Ziel der sicheren, fahrerlosen Fahrt von A nach B.

Das Tempo und die Einstellung zum Geschäft unterscheiden dabei etablierte Autobauer und die neuen Player aus dem Silicon Valley. Auf der einen Seite grenzenloser Optimismus und Tatendrang und Börsenwerte, die von der Phantasie der Anleger beflügelt werden. Rote Zahlen im laufenden Geschäft über Jahre hinweg sind dabei in der New Mobile Economy durchaus akzeptiert. Berechtigte Zurückhaltung herrscht dagegen bei den etablierten und rentablen OEM. Deren Anleger sind Gewinne gewohnt und honorieren riskante Strategien wenig. Und der Anspruch an die Sicherheit und Verlässlichkeit technischer Lösungen ist größer als bei Newcomern wie Tesla Motors.

Die Technologie kommt von allein – zukunftsfähige Geschäftsmodelle sind gefragt

Das Risiko liegt nicht so sehr auf der technischen Seite, sondern auf Seiten des Geschäfts. Die Automatisierung des Fahrens hat zusammen mit anderen Trends durchaus disruptive Potenziale – vor allem in der Reformierung der Wertschöpfungsstrukturen. Wer hat am Ende den Zugang zum Kunden und wer erwirtschaftet die Gewinne: der Mobilitätsdienstleister, der Flottenbetreiber oder der Fahrzeughersteller? Für alle Akteure stellt sich die Frage, wie sie sich künftig positionieren und ob sie als Gewinner oder Verlierer aus der Entwicklung hervorgehen.

Dabei ist neben einem Verständnis der Kundenbedürfnisse auch die Verständigung mit Politik, Haftungs- und Verkehrsrechtlern und Versicherungen erforderlich, um auch verlässliche rechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen mit zu gestalten.

Vielen Auguren zum Trotz ist längst noch alles nicht entschieden oder absehbar. Betroffene Unternehmen tun also gut daran, die aktuellen Entwicklungen zu beobachten und zu forschen bzw. sich qualifiziert beraten zu lassen.

In einer Blogreihe beleuchten wir in den kommenden Monaten einige der angerissenen Fragestellungen detaillierter und freuen uns auf Ihre Anregungen und Fragen dazu!

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Manfred Dangelmaier

Institutsdirektor für Engineering-Systeme am Fraunhofer IAO. Virtuelles Engineering sowie Ergonomie und Human Factors sind seine angestammten Fachgebiete - insbesondere wenn es um Fahrzeuge geht. Dabei interessiert er sich für Schnittstellen und auch teilweise quer zum Mainstream liegende Themen.

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Kategorien: Future Mobility
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