Die Frage, ob sich 5G für Ihr Unternehmen lohnt oder nicht, ist nicht trivial. Aus diesem Grund möchte ich Ihnen anhand von 5 Schritten einige Impulse geben, die Sie in die Lage versetzen sollen, diese Frage besser zu beantworten.

Schritt 1: Technische Anforderungen ableiten

Ob sich eine Investition in die 5G-Technik für Ihr Unternehmen lohnt, hängt auch davon ab, ob Sie bereits eine Idee bzw. einen konkreten Anwendungsfall haben, für den ein 5G-Netz erforderlich ist. Falls ja, geht es im ersten Schritt nun darum, die technischen Anforderungen aus diesem Anwendungsfall abzuleiten. Eine solche Anforderung könnte z. B. eine minimale Übertragungsgeschwindigkeit von 10 Mbit/s im Download sein.

Schritt 2: Alternativen identifizieren

Im zweiten Schritt wird nun überprüft, ob die Leistungsanforderungen Ihres Anwendungsfalls durch den Einsatz von 5G auch abgedeckt wären. Um Alternativen zu 5G zu identifizieren, die Sie unter Umständen noch nicht auf dem Schirm hatten, stellen Sie am besten die technischen Merkmale gängiger Funkübertragungstechniken denen von 5G gegenüber. Tabelle 1 bietet eine Vergleichsübersicht der wichtigsten Funkübertragungstechniken. Dabei werden neben dem jeweils verwendeten Frequenzbereich, die verwendete Bandbreite, der maximale Datendurchsatz im Download (DL) und Upload (UL) sowie die Positionierungsgenauigkeit dargestellt.

Vergleichsübersicht der wichtigsten Funkübertragungstechniken inkl. ihrer technischen Merkmale.
Vergleichsübersicht der wichtigsten Funkübertragungstechniken inkl. ihrer technischen Merkmale (© Fraunhofer IAO)

 

Schritt 3: Investitionen abschätzen

Im dritten Schritt werden die mit einer 5G-Einführung verbundenen Kosten betrachtet. Um uns einen Überblick zu verschaffen, betrachten wir für die oben dargestellten Techniken die Modulkosten (einmalige Kosten) sowie die eventuell monatlich anfallenden laufenden Kosten für einen Vertrag. Da die Kosten für die Beantragung eines 5G-Campusnetzes höchst individuell sind, sei an dieser Stelle auf die entsprechende Gebührenformel der Bundesnetzagentur verwiesen.

Die Investitionssumme anderer Funkübertragungstechniken (z. B. Wi-Fi 6 oder Bluetooth 5) hängt stark von der geplanten Netzdichte ab, die auf dem Betriebsgelände erreicht werden soll. Bei Funkübertragungstechniken, die kein lizensiertes Frequenzspektrum verwenden (z. B. Wi-Fi oder Bluetooth), fallen außer den üblichen Betriebs- und Wartungskosten in der Regel keine laufenden Kosten an.

Übersicht über die Modulkosten (einmalig) und evtl. laufende monatliche Kosten der gängigen Funkübertragungstechniken.
Übersicht über die Modulkosten (einmalig) und evtl. laufende monatliche Kosten der gängigen Funkübertragungstechniken (© Fraunhofer IAO)

 

Schritt 4: Auswirkungen auf Ihr Leistungsangebot abschätzen

Im vierten Schritt ordnen Sie den ursprünglichen Anwendungsfall zunächst in das bereits bestehende Leistungsangebot Ihres Unternehmens ein. Diese Einordnung kann auf Basis unterschiedlicher Kategorien wie z. B. Services in unterschiedlichen Zielmärkten oder auch Geschäftsbereichen erfolgen. Führen Sie diese Einordnung dann bspw. anhand der Services in den jeweiligen Geschäftsbereichen durch, so werden die jeweiligen Leistungsangebote anschließend daraufhin untersucht, inwiefern ihre Leistungserbringung von – da es sich bei 5G um eine Funkübertragungstechnik handelt – der Datenübertragung (über Funk) abhängt. In Form einer Heatmap könnte das Ganze folgendermaßen aussehen:

Heatmap zur Visualisierung der Abhängigkeit der jeweiligen Serviceerbringung von der Datenübertragung (über Funk); rot = starke Abhängigkeit; orange = mittlere Abhängigkeit; grün = leichte Abhängigkeit.
Heatmap zur Visualisierung der Abhängigkeit der jeweiligen Serviceerbringung von der Datenübertragung (über Funk); rot = starke Abhängigkeit; orange = mittlere Abhängigkeit; grün = leichte Abhängigkeit (© Fraunhofer IAO)

 

Schritt 5: Bewertung der Investitionen

Die in Schritt vier vorgenommene Einordnung des Anwendungsfalls in Ihr Leistungsangebot lässt die Potenziale, die 5G bietet, nun in einem größeren Kontext erscheinen. So erfolgt die Bewertung über die Sinnhaftigkeit der Investitionen in die 5G-Technik nicht mehr nur vor dem Hintergrund des einen, ursprünglichen Anwendungsfalls, sondern hinsichtlich aller von der 5G-Einführung potenziell betroffenen Leistungsangebote des Unternehmens. Neue Techniken bieten – verglichen mit z. B. der Vorgängergeneration – meist nicht nur eine Leistungssteigerung bekannter Merkmale (»5G ist schneller als 4G«), sondern auch neue Funktionen, die mit dieser Technik erstmalig eingeführt werden (z. B. native Positionsbestimmung). Dadurch werden nicht mehr nur Innovationen betrachtet, die schrittweise erfolgen, sondern auch potenzielle Innovationssprünge. Wenn also die Funktion der Positionierung für den ursprünglichen Anwendungsfall relevant ist, so kann sie unter Umständen auch für die Services a, b und c neue Möglichkeiten bieten.

Fazit: Eine 5G-Einführung wirkt sich potenziell auf das gesamte Leistungsangebot aus

5G ist kein Selbstzweck. Ob 5G in Ihrem Unternehmen infrage kommt, lässt sich nicht einfach und schon gar nicht pauschal beantworten. Neben den individuellen Anforderungen, die sich aus der gewünschten Anwendung ableiten, hängt die Bewertung der Sinnhaftigkeit vor allem auch davon ab, welche Auswirkungen eine 5G-Einführung auf das Innovationspotenzial anderer Leistungsangebote Ihres Unternehmens besitzt. Vor diesem Hintergrund erscheinen die notwendigen Kosten als hoch oder niedrig, als sinnvoll oder eher nicht.

Möchten interessierte Unternehmen ein Gefühl für die neue Funkübertragungstechnik erhalten, so können sie sich an vom Bund oder Land geförderte 5G-Projekte wenden, wie z. B. das 5G4KMU Transferzentrum. Mit seinen fünf Transferzentren, wovon eines das Fraunhofer IAO ist, bietet das Projekt vor allem kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Unterstützung beim Einstieg in die neue Funkübertragungstechnik. In Zusammenarbeit mit den Transferzentren können Unternehmen eigene 5G-Ideen (weiter)entwickeln und sie unter realen Bedingungen in den 5G-Laboren der Transferzentren testen. Für einen ersten Austausch können sich Interessierte Unternehmen direkt bei uns oder einem anderen Transferzentrum melden und einen kostenfreien Termin für einen ersten Austausch vereinbaren.

Leselinks:

Dimitri Evcenko

Dimitri Evcenko ist Teil des Teams »Digital Business Services«. Der Wirtschaftsinformatiker forscht insbesondere an Vorgehensmodellen für die Entwicklung von Smart Services und beschäftigt sich u. a. aus diesem Kontext heraus mit dem Thema 5G.

Autorenprofil - Website



Kategorien: Digitalisierung, New Work / Connected Work
Tags: ,