Bereits im Jahr 2020 wurden mit der Novelle des Berufsbildungsgesetz (BBiG) drei neue Fortbildungsstufen gesetzlich verankert und für die erste Stufe die »Berufsspezialisten« als eine einheitliche Abschlussbezeichnung eingeführt. Damit erhoffte man sich im Handwerk neue Chancen auf einen weiteren attraktiven beruflichen Aufstieg. Stand bisher der Meistertitel fast schon selbstverständlich für den nächsten Aufstieg nach der Gesellenprüfung, bieten nun die Berufsspezialisten mit Fokus auf spezifische Tätigkeits- bzw. Technologiefelder eine zusätzliche Fortbildungsstufe im System der Höheren Berufsbildung zwischen Berufsabschluss und Meisterausbildung. Doch wie attraktiv ist dieser Abschluss insbesondere für die Zielgruppen wirklich?

Deutschlandweit haben im vergangenen Jahr nun die ersten Bildungszentren fachspezifische Rahmenlehrpläne und Rechtsvorschriften für Fortbildungsprüfungsregelungen entwickelt und entsprechende Ordnungsverfahren angestoßen, um mit neuen Angeboten zu Berufsspezialisten die im Rahmen der Berufsausbildung erworbene berufliche Handlungsfähigkeit um neue Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zu ergänzen (BBiG §53b). Aber bahnt sich damit in der Welt des Handwerks wirklich eine bedeutende Veränderung an? Wird Berufsbildung mit der neuen Gesetzgebung wie gehofft erfolgreich modernisiert und hat der Abschluss Impact für die Betriebe? Und werden damit neue junge Talente gebunden? Im Rahmen unseres aktuellen Projektes BexElektro habe ich hingeschaut und mir eine Meinung gebildet.

Erfahrungsbericht aus dem Lehrgang »Geprüfte/-r Berufsspezialist/-in für Ladeinfrastruktursysteme in der Elektromobilität«

Der/Die »Geprüfte/r Berufsspezialist/-in für Ladeinfrastruktursysteme der Elektromobilität“ (HWK Region Stuttgart) ist eine der ersten zugelassenen Fortbildungen auf der ersten Fortbildungsstufe. Diese Qualifikation wurde am Elektro Technologie Zentrum in Stuttgart entwickelt und vom Oktober 2022 bis August 2023 pilotiert. Wir haben mit Dozenten, Teilnehmenden und Geschäftsführungen der entsendenden Betriebe gesprochen.

1. Evaluation bestätigt Steigerung der Mitarbeitendenkompetenz

Die von uns durchgeführte zentrale Evaluation der Piloterprobung ergab, dass ausnahmslos alle Teilnehmenden den Nutzen der Qualifikation für ihre eigene Weiterentwicklung und ihre zukünftige Arbeitsaufgaben als sehr hoch einstufen. Ein Teilnehmer erklärte, dass die Qualifikation ihm nicht nur fachliches Know-how vermittelt habe, sondern auch in der Kommunikation mit Kunden und im Projektmanagement wesentliche Kompetenzen verlieh. Ein weiterer berichtete, dass er durch den Kurs neue Fachgebiete wie Ladekurven verschiedener Hersteller für sich entdeckt und sich auch über den Kurs hinaus dazu weitergebildet hat​. Und ein Dritter beschrieb, dass er nun als kompetenterer Projektplaner agiert, was seine Arbeit effektiver und effizienter mache. Diese Erfahrungsberichte verdeutlichen eindrucksvoll, dass die Piloteinführung nicht nur eine theoretische Erweiterung des Bildungsangebots darstellt, sondern sich konkret in der Praxis bewährt, indem sie den Teilnehmenden ermöglicht, ihr Fachwissen zu vertiefen, ihre beruflichen Fähigkeiten zu erweitern und so einen direkten Mehrwert für ihre persönliche Entwicklung und die Effizienz ihrer Arbeit zu schaffen.

2. Teilnehmende sind Early Adopters der Elektromobilität

»In der Elektromobilität gibt es aktuell eine Pionierstimmung – es ist ein neues Gebiet und man kann Live dabei sein, wenn etwas Neues entwickelt wird. Das ist so genial!« Dieses Zitat unterstreicht die Rolle der Teilnehmenden als Early Adopters in der Elektromobilität. Ihre Beteiligung in einem sich schnell entwickelnden Feld, das bisher wenig standardisiertes Wissen bot, zeigt, dass sie an der Spitze technologischer Entwicklungen stehen. Die Pionierstimmung und die Möglichkeit, live bei der Einführung neuer Technologien dabei zu sein, zeugen von ihrer aktiven und gestaltenden Rolle im Bereich der Elektromobilität, was die Teilnehmenden zu Vorreitern in diesem innovativen Feld macht. Nicht nur in Bezug auf die eigene Persönlichkeit, sondern auch für die Betriebe, die so kontinuierlich die dynamischen Entwicklungen neuer, innovative Lösungen adaptieren und anbieten können.

3. Mitarbeitendenzufriedenheit und -bindung verantworten Betriebe

Ein Interview-Partner berichtete, dass der Arbeitgeber die Teilnahme positiv bewerte und sich für das Gelernte interessierte, wobei nun sogar Meister regelmäßig nach Rat fragen würden. Ein schöner Ausdruck von Wertschätzung im Betrieb, was wiederum zur Mitarbeitendenbindung beiträgt. Die Gespräche zeigten aber auch, dass eine gute Kultur im Betrieb für junge Talente nicht hinreichend ist. Die erfolgreiche Bindung junger Talente erfordern mehr als nur die Schaffung neuer Qualifikationsmöglichkeiten auf dem Bildungsmarkt. Eine entscheidende Rolle spielen hierbei die Betriebe selbst, deren Verantwortung für die Personalentwicklung und das Potenzial, solche Qualifikationen für interne Karrierepfade zu nutzen und zu vermarkten, nicht unterschätzt werden darf. Alle – auch die kleinen – Betriebe müssen die Bedeutung dieser neuen Fortbildungsstufe erkennen und aktiv in die Weiterentwicklung ihrer Mitarbeitenden investieren. Dies umfasst insbesondere die finanzielle und zeitliche Unterstützung der Angestellten während der Fortbildungsphase. Die Integration der Berufsspezialisten in die Personalstrategie und die aktive Beteiligung an der Qualifizierung ihrer Mitarbeitenden sendet ein starkes Signal der Anerkennung und Wertschätzung, was maßgeblich zur Mitarbeitendenbindung beiträgt.

4. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe

Im Zuge der Evaluation wurden nach der Pilotierungsphase des Kurses auch Geschäftsführende der Kursteilnehmenden interviewt: Aus Unternehmenssicht bietet die Qualifikation eine Möglichkeit, Fachkräfte gezielt im Bereich der Elektromobilität auszubilden. Eine interviewte Geschäftsführung sieht darin einen strategischen Vorteil, um die Positionierung des eigenen Betriebs in diesem wachsenden Marktsegment zu stärken. Die Qualifikation ermöglicht es den Unternehmen, Mitarbeitende gezielt in einem zukunftsweisenden Bereich auszubilden und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die befragten Geschäftsführenden erkennen den Wert der Spezialisierung und sehen darin eine Chance, ihr Unternehmen im Bereich der Elektromobilität zu positionieren.

Fazit: Engagement und Kommunikationsinvest bestimmen die Attraktivität

Ich komme zu dem Schluss, dass dem Elektro Technologie Zentrum Stuttgart mit dem »Geprüfte/n Berufsspezialisten/-in für Ladeinfrastruktursysteme der Elektromobilität« ein bedeutendes Angebot gelungen ist, um die berufliche Bildung im Elektro-Handwerk den aktuellen und zukünftigen Anforderungen des Elektromobilitäts-Marktes des Handwerks anzupassen. Die Qualifikation adressiert effektiv die Bedürfnisse des Handwerks, indem sie praxisnahe Kompetenzen vermittelt, die unmittelbar im Arbeitsalltag Anwendung finden. Sie bietet zudem attraktive Karrierewege und Entwicklungsmöglichkeiten in einem zukunftsträchtigen Bereich, was nicht nur zur Mitarbeitendenbindung und -zufriedenheit beiträgt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe stärkt. Aber: Mit einer gelungenen Umsetzung des Berufsabschlusses »Berufsspezialist/-in« ist längst noch nicht die berufliche Bildung modernisiert! Es werden noch viele weitere Berufsspezialisten fürs Handwerk entwickelt und angeboten werden müssen, denen eine ebenso hohe Qualität in der Umsetzung gelingen muss. Darüber hinaus müssen Fachkräfte und Betriebe umfassend über die neuen Möglichkeiten und Vorteile der Fortbildungsstufen informiert werden. Ohne ein breites Bewusstsein und Verständnis für diese Optionen werden die Intentionen der Gesetzgebung verhallen und der notwendige Strukturwandel auf sich warten lassen.

Dieser Beitrag wurde mit Unterstützung von KI geschrieben.

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