First-Science-KIT: IAO-Blogreihe zum Corona Krisenmanagement
First-Science-KIT: Blogreihe zum Corona Krisenmanagement
Die Coronakrise fordert von uns allen ganz neue Herangehensweisen und Lösungen im beruflichen Miteinander. Das Fraunhofer IAO hat deshalb eine Blogreihe gestartet, mit der wir schnell anwendbare Praxistipps weitergeben, gut funktionierende Beispiele vorstellen und Lösungswege während und aus der Krise aufzeigen wollen.

In meinem letzten Blogbeitrag mit dem Titel »Telearbeit geht viral« habe ich mich bereits mit dem rasanten Bedeutungszuwachs von flexiblen Arbeitsformen befasst. Der Trend ist ungebrochen – selbst Home Office für den Bundestag wird aktuell diskutiert. Klar ist, dass nicht alle Unternehmen gut auf das Thema vorbereitet sind und merken jetzt, dass bisherige Abwägungen und Entscheidungen um leistungsfähige IT-Infrastrukturen, moderne digitale Arbeitsumgebungen und moderne Formen der Zusammenarbeit über Distanz mit der derzeitigen Perspektive eine ganz neue Dynamik gewinnen.

Zusammen mit meinem Forschungs- und Beratungsteam, das sich seit vielen Jahren mit diesen Arbeitsformen beschäftigt, habe ich12 Tipps zusammengetragen, die die Zusammenarbeit über Distanz unterstützen können. Sie beziehen sich bewusst auf Punkte, die kurzfristig umsetzbar sind – vorausgesetzt, die Tätigkeiten der Mitarbeitenden sind grundsätzlich verlagerbar und die technische Grundinfrastruktur ist vorhanden. Je nach Art der zu ergreifenden Maßnahmen kann eine Beteiligung des Betriebsrats erforderlich sein. Wohl wissend, dass weitergehende infrastrukturelle, organisatorische oder schulungsbezogene Maßnahmen einer mittelfristigen Planung und Umsetzung bedürfen.

Die 12 Tipps bzw. Handlungsempfehlungen im kurzen Überblick:

  • Klare Ansage: Formulieren Sie die Abordnung ins Home Office bzw. die erweiterte Möglichkeit dazu unmissverständlich, begründet und mit der Ankündigung regelmäßiger Updates für die Fortdauer des Zustands. Verpflichten Sie Ihre Mitarbeitenden gleichzeitig dazu, sich auch regelmäßig aktiv über den Status Quo zu informieren z.B. auf Intranetseiten oder per Mailcheck.
  • Mitarbeitende grundlegend arbeitsfähig machen: Aktivieren Sie alle verfügbaren Endgeräte wie Laptops oder Mobiltelefone, auch unter Nutzung vorhandener Technikpools, und senken Sie ggf. die Hürden für die Nutzung privat erworbener und genutzter Endgeräte wie Laptops, etc.
  • Wer, Was, Wo: Stellen Sie die wichtigsten Telefonnummern und Informationsquellen zu IT-Ausstattung, Reiseabwicklungen bzw. -stornierungen sowie die geltenden Regeln dazu kompakt zusammen und stellen Sie diese allen über Intranet oder per Mail zur Verfügung. Ggf. ist hier auch die Weitergabe privater Telefonnummern der Mitarbeitenden erforderlich. Diese müssen damit einverstanden sein.
  • Arbeitsrechtliches auf einen Blick: Informieren Sie die Mitarbeitenden kompakt über typische Fragen zu Versicherung, Arbeitszeiterfassung, Arbeitszeiten, die Beachtung ergonomischer Grundsätze am Arbeitsplatz daheim, das Einhalten von Pausen, den Umgang mit freien Mitarbeitenden, studentischen Hilfskräften etc., in Form einer laufend gepflegten FAQ-Liste. Die Mitarbeitenden müssen sicher sein können, sich im Rahmen abgestimmter und abgesicherter Vorgehensweisen zu bewegen.
  • Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation: Fordern Sie die jeweiligen Arbeitseinheiten und deren verantwortliche Führungskräfte zu regelmäßiger und aktiver Kommunikation unter Nutzung aller verfügbaren Telemedien auf. Diese umfassen regelmäßige Telkos, E-Mails, ggf. Chats oder andere Collaboration- Softwarepakete. Erlauben Sie ggf. dediziert die Nutzung von Freeware, so sie vitale Sicherheitsinteressen nicht gefährden, um Kommunikation zu vereinfachen und auch auf mehreren Kanälen bespielbar zu machen. Ermutigen Sie auch zu unkonventionellen Nutzungsformen. Vieles, was bisher unmöglich schien, geht nun (eingeschränkt) doch. Betrachten Sie dies auch als Lernchance!
  • Den Ball im Spiel halten: Motivieren Sie die Arbeitseinheiten zur Benennung eines »Spielmachers«, der die Abstimmung und den Austausch zwischen den Teammitgliedern aktiv in die Hand nimmt und dies als ureigene und wichtige Aufgabe versteht. Er kann z.B. Telkos einberufen, sich zwischendurch bei den Mitarbeitenden melden oder schwierigere Moderationssituationen in Telemedien gut meistern. Diese Person sollte ein Gespür dafür entwickeln, wenn die Stimmung kippt. Das kann, muss aber nicht die Führungskraft sein.
  • Reden, nicht nur schreiben: Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeitenden und Führungskräfte dafür, nicht zu stark in den schriftlichen Kommunikationsmodus zu verfallen. So praktisch und planbar geschriebene Mitteilungen oder Informationen auch sind, Sie sollten unbedingt dazu animieren, auch das direkte, gerne auch kurz informelle Gespräch zu suchen. Das direkte Gespräch via Telefon oder Videokonferenz »stört« nicht, sondern ist wichtiger kommunikativer Bestandteil des Arbeitsalltags, das auch als Zeichen von Wertschätzung und persönlicher Fürsorge empfunden wird.
  • Verbindlichkeit und Transparenz: Sehr bewährt haben sich darüber hinaus in virtuellen Arbeitskontexten ganz klare, verbindliche Absprachen über Themen, die die reibungslose Teamorganisation unterstützen: Das dauerhafte Aktualisieren von individuellen Kalendern und Verfügbarkeiten, das Freischalten dieser Kalender für das ganze Team, die Festlegung der Zeiten der Regelkommunikation, die Absprache individueller Verfügbarkeiten und der Umgang mit Anforderungen, die z.B. außerhalb der üblichen Geschäftssituationen entstehen. Verbindlichkeit und Transparenz sind mit die wesentlichen Zutaten für ein erfolgreiches virtuelles Miteinander, ergänzt durch regelmäßige Kommunikation. Wir entwickeln dafür typischerweise sogenannte »Teamchartas« mit unseren Kundenunternehmen.
  • Chef on air: Melden Sie sich selbst als Geschäftsleitung regelmäßig »aus dem Orbit«. Die Kraft und verbindende Wirkung persönlicher Ansprachen z.B. per Rundmail oder unternehmensweiter Telko-Ansprachen in einer solchen Ausnahmesituation kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bleiben Sie dran an Ihrer Mannschaft.
  • Verbindliche Sprachregelung: Formulieren Sie eine klare Sprachregelung gegenüber externen Partnern und Kunden, die für alle Mitarbeitenden verpflichtend ist. Und zwar in Bezug darauf, warum, mit welcher Qualitätssicherung und wie lange (voraussichtlich) so gearbeitet wird.
  • IT-Support – erfolgskritische Ressource: Sorgen Sie dafür, dass in der IT genügend Fachleute ansprechbar sind, um konkrete Nutzerprobleme möglichst umfänglich und schnell zu beantworten. Dehnen Sie hierfür evt. auch typische Arbeitszeiten aus. Sorgen Sie gut für diese wichtigen Kolleginnen und Kollegen, von deren Arbeit zurzeit besonders viel abhängt.
  • Vertrauen: Bestärken Sie Ihre Führungskräfte darin, das notwendige Vertrauen in den Leistungswillen und die Selbstmanagementfähigkeiten aufzubringen, aber auch mit der nötigen Konzilianz zu reagieren, wenn nicht alles gleich gut erledigt wird. Denken Sie daran: Für Sie alle ist dies eine Extremsituation, in der Sie gerade sehr viel lernen.

Die aktuelle Krise belegt, dass wir wirksame und gut ausgearbeitete Notfallpläne brauchen, die wir in Zukunft bestmöglich kurzfristig aktivieren können sollten. Wir als Fraunhofer IAO werden daran arbeiten, diese für Unternehmen zu entwickeln. Wenn Sie sich daran beteiligen und davon profitieren möchten, freuen ich mich über Ihre Kontaktaufnahme!

Ich wünsche Ihnen für diese ungewöhnlichen Zeiten gute Nerven, das notwendige Maß an Experimentierfreude und ausreichende Fehlertoleranz. Und natürlich viel Erfolg!

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Josephine Hofmann

Leitet das Team »Zusammenarbeit und Führung« und forscht zum Thema Führungskonzepte und flexible Arbeitsformen. Bloggt am liebsten im Zug und nach inspirierenden Veranstaltungen und Begegnungen.

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Kategorien: New Work / Connected Work
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