Die Industrie 4.0 sprengt die Grenzen der etablierten Disziplinen und Themenbereiche. Die Entwicklungs- und Produktionsarbeit der Zukunft ist intelligent und vernetzt. Menschen, Produkte, Maschinen, Anlagen, Werkzeuge und vieles mehr kommunizieren untereinander. Auch die Forschung muss sich dieser neuen Systematik stellen und neue Wege der Entwicklung und Kollaboration finden. Wir sprachen mit Professor Oliver Riedel, Institutsleiter am Fraunhofer IAO und Chairman des Advanced Digital Engineering Summit, über Perspektiven und Möglichkeiten einer integrierten Forschung.

Herr Professor Riedel, Sie haben das Thema Engineering-IT an verschiedenen Stellen weiter entwickelt, unter anderem bei namhaften Unternehmen wie Volkswagen, Audi und der CENIT und jetzt am Fraunhofer IAO. Warum ist aus Ihrer Sicht eine stärkere Verknüpfung von Produktentwicklung, Produktionsentwicklung und Produktion so wichtig?

Wenn wir auf die aktuellen Themen der Digitalisierung schauen, dann stellen wir fest, dass die wirklichen Potenziale erst durch die Zusammenführung aller relevanten Daten möglich werden. Autonome Produktion beispielsweise ist nur möglich, wenn die in der Produktentwicklung vorhandenen Technologien und Erkenntnisse in die Produktion einfließen. Ich halte deshalb eine verstärkte Kommunikation, Abstimmung und Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette für eminent wichtig. Im Positionspapier Industrie 4.0 von Acatec (Link) ist sie als eines der vier großen Paradigmen angesprochen worden.

Am Fraunhofer IAO versuchen wir, dieses Verständnis der engen Kooperation entlang des Produktlebenszyklus in die Unternehmen zu tragen. Nur wenn die Unternehmen das richtige Verständnis, geeignete Methoden und die dazu passenden Werkzeuge haben, werden wir langfristig die Vorteile der Digitalisierung nutzbar machen.

Was tut das Fraunhofer IAO, um diese systematische Arbeitsweise in den Unternehmen praktisch umzusetzen? Was planen Sie bzw. wo sind Sie bereits aktiv?

Am Fraunhofer IAO sind aktuell zwei größere Initiativen in Planung. Einerseits werden wir forschungsseitig das Thema in einem großen Fraunhofer-Forschungsprojekt bearbeiten. Darüber hinaus planen wir konkrete Zusammenarbeitsinitiativen mit der Industrie.

Im April 2019 startet das Fraunhofer-Forschungsprojekt Advanced Systems Engineering. Verschiedene Abteilungen des Instituts arbeiten hier übergreifend und in enger Kooperation mit Partnern aus der Industrie an der Weiterentwicklung von Methoden für die Gestaltung von komplexen Systemen. Das strategisch ausgerichtete Forschungsprogramm deckt verschiedene Bereiche des Produktentstehungsprozesses ab, mit Schwerpunkt Erweiterung von Model-based Systems Engineering. Die Themenbereiche umfassen Gestaltung hochflexibler Fertigung durch verstärkten Einsatz von Daten, Anwendung von smarten und skalierbaren Produktionsmodellen, erleichterter und effizienterer Einsatz Visualisierungstechnologie entlang der Produktentstehung und die Erforschung sowie Implementierung von künstlicher Intelligenz im Produktentstehungsprozess.

Im direkten Austausch mit der Industrie erfahren wir, vor welchen Herausforderungen die Produktion steht und identifizieren gemeinsam konkrete Projekte für den Wissens- und Technologietransfer, beispielsweise auf dem Advanced Digital Engineering Summit.

Warum ist der Austausch mit der Industrie so wichtig?

Die Schlüsselherausforderung für die Industrie der Zukunft ist es, Produktion, Produktentwicklung, Simulation, Produktionsentwicklung integriert und branchenübergreifend zu betrachten. Der Advanced Digital Engineering Summit schafft genau diese übergreifende Perspektive, weil sich Fachleute aus all diesen Bereichen einbringen, ergänzt durch Beiträge aus der Forschung und der Softwareentwicklung. Durch die hohe Anzahl von Praxisbeiträgen wird so der Austausch und Wissenstransfer über Branchen und Bereiche möglich. Der Summit markeirt zudem den offiziellen Start des Future Engineering Netzwerks, mit dem die systematische und kollaborative Weiterentwicklung der Produktion verstetigt wird.

Herr Prof. Riedel wir, die Blog-Redaktion danken Ihnen für das Gespräch.

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