Warum Autos kaufen auch Spaß machen kann
Jetzt mal ehrlich, macht Ihnen Auto kaufen Spaß? Das mag zwar im ersten Augenblick eine komische Frage sein, schließlich kauft man Autos nicht wie Joghurt oder Oberhemden. Aber dennoch – durch die »Abwrackprämie« trifft es mehr als man denkt.

Also nehmen wir mal an, ich bräuchte ein neues Auto. Nicht gleich heute, aber demnächst. Und wenn wir schon Geld in die Hand nehmen, dann soll es auch was Richtiges sein. Nicht, dass mir Autos wichtig wären, aber ein bisschen auf den richtigen Stil achte ich ja doch.

Und dann geht’s los: Welche Marke? Welches Modell? Welche Ausstattung? Was braucht man, was muss man haben? Zum Glück gibt’s das Internet, denn Zeit zum Autohäuser Abklappern habe ich nicht und die Sonntage verbringe ich doch lieber mit der Familie im Garten. WWW, Return. Modelübersicht anklicken, und da ist auch schon der Konfigurator!

Was ist ein Konfigurator?

Ein Konfigurator ist eine Art schlauer elektronischer Katalog, z.B. auf der Internetseite eines Autoherstellers, der mir alle Möglichkeiten zeigt, mein neues Auto ganz individuell an meine Wünsche anzupassen. Also Lacke, Felgen, Motoren und so weiter. Das praktische an einem Konfigurator ist, dass ich als Kunde sofort sehe, was ich mir gerade ausgesucht habe, und sicher sein kann, dass auch alles passt – sowohl geschmacklich als auch rein technisch. Der Konfigurator prüft bei allen Änderungen, ob das Auto auch wirklich so gebaut und geliefert werden kann. Und für den Hersteller fällt gleich eine ganz detaillierte Stückliste mit allen Kundenwünschen ab. Nichts geht verloren oder wird falsch bestellt.

Trotzdem wird’s in der Praxis für mich ab hier zum Off-road Trip: Ich kann alles auswählen: Metalliclack, Alufelgen und Fahrradträger. Und Innen? Wie wär’s mal mit Leder? Sehr schön, aber das auf der Hauptseite angepriesene Sondermodell gibt’s hier nicht – schade. Und die Bilder sind so klein, dass ich kaum was erkennen kann. Da hilft auch keine 360 Grad Ansicht. Wenigstens habe ich jetzt eine gute Wunschliste und Endpreise. Aber was will ich denn überhaupt? Muss mein Auto schwarz sein, damit es zu mir passt? Oder doch lieber »Sunflower gelb«? Und wieso sieht das fast genauso aus wie »Exotic gelb«?

Hier zeigt sich die Schwäche vieler aktueller Konfiguratoren, ob für Autos, Küchen oder Schokolade. Entscheiden muss ich natürlich als Kunde immer noch selbst. Aber das für mich im Entscheidungsprozess wichtigste Hilfsmittel, die bildliche Darstellung des Endprodukts in der von mir gewünschten Ausführung, ist oft mangelhaft. Natürlich sind ein korrekter Preis und die genaue Produktbeschreibung auch wichtig, aber Autos und Wohnungseinrichtungen kauft man schließlich nicht nur nach ökonomischen Gesichtspunkten. Die Darstellungsmöglichkeiten werden nicht ausgeschöpft. Oft sind die Bilder zu klein, zeigen wenig repräsentative Ansichten oder geben die Oberflächeneigenschaften nicht überzeugend wider.

Reality Check

Also doch zum Händler – am besten am Samstag wenn alle Berufstätigen unterwegs sind. Da hinten steht ja schon unser Modell. Beinahe so wie wir ihn uns ausgesucht hatten, aber eben doch nur beinahe. Ist das wirklich »Mandel braun«? Und die Sitzbezüge sehen zum Davonlaufen aus. Da müssen unbedingt andere rein. Also doch schwarz. Aber die Felgen sind super, die hatte ich im Konfigurator gar nicht gesehen. Na gut, dann fragen wir doch mal einen Verkäufer.

Der ist im Kundengespräch.

Ach stimmt, es ist ja Samstag und andere Kunden haben nicht ganz so lange gefrühstückt. Dann warten wir eben. Die Kinder fangen an, das Autohaus zu erkunden. Mal sehen, was es sonst noch so gibt – nur den Verkäufer nicht aus dem Auge verlieren. Ob es das Rot hier wohl auch für unser Modell gibt? Na gut, dann suchen wir eben mal die Prospekte. Vielleicht gibt es ja hier auch einen Computer mit Internetanschluss, dann könnten wir gleich den Konfigurator befragen und gucken, ob der Preis noch passt.

Für den Händler hat ein Konfigurator auch Vorteile. Zum einen ergänzt er das klassische Prospektmaterial. Neue Optionen oder Sonder- und Aktionsmodelle können dem Kunden einfach ohne lange Wartezeit auf Drucksachen im elektronischen Katalog präsentiert werden. Zum anderen unterstützt der Konfigurator den Verkäufer im Kundengespräch. Vorschläge und Alternativen sind schneller visualisiert, der Kunde kann sich sicherer entscheiden, es gibt weniger Missverständnisse. Am wichtigsten aber ist – der Händler braucht nicht mehr so viele Fahrzeugvarianten auf dem Hof stehen zu haben, nur um den Kunden die ganze Produktpalette vorführen zu können. Immer in der Hoffnung, dass die Vorführwagen letztendlich auch wirklich einem Kunden gefallen und gekauft werden.

Virtual Reality

Bei unserer Suche nach einem Konfigurator im Autohaus stolpern wir über etwas ganz Unerwartetes: Es ist kein gewöhnlicher Computer, vielmehr sieht es aus wie einer von diesen neuen Riesenfernsehern mit einem kleinen Lenkrad davor und Kameras an der Seite. Eine Brille wie im 3-D-Kino liegt daneben, nur hat diese hier komische Kugeln drauf geklebt. Scheint so eine Art 3-D-Film zu sein? Oder ein Spielzeug für die wartende Kundschaft bzw. deren Kinder?

Kaum trägt meine Frau die Brille ist sie hin und weg. Das sei alles in 3-D und man könne das Auto da auf dem Schirm richtig räumlich sehen. Sogar den Kopf »reinstecken« und alles ganz genau unter die Lupe nehmen. Fast wie in echt: Sitzbezüge, Armaturenbrett. Und guck mal, wie gut der Lack rüber kommt. Dieser Glanz! Ja stimmt eigentlich. »Tango rot« wäre wirklich eine Alternative. Der Preis geht auch.

Die Kinder entdecken, dass man um den Wagen herumfliegen und die Türen auf und zu machen kann, wenn man auf die Knöpfe hier unten drückt. Und mit dem kleinen Lenkrad lassen sich die unterschiedlichen Optionen auswählen. So ähnlich wie beim Konfigurator im Internet, nur, dass ich hier immer den Überblick behalte und perfekt sehen kann wie der Wagen im Ganzen aussieht. Keine popeligen Kontaktabzüge, sondern volle 160x90cm 3-D-Bild. Und ich kann genau in die Ecken gucken, die mich interessieren, und nicht nur in die, die die Marketingabteilung und der Werbephotograph für sehenswert hielten.

Was macht Virtual Reality aus?

Genau hier liegt der Unterschied zwischen den Bildern im Internet und dem beeindruckenden 3-D-Erlebnis in der Virtuellen Realität (Virtual Reality, VR). Räumlichkeit erzeugt unser Gehirn aus einer ganzen Reihe unterschiedlicher Sinneseindrücke – zwei davon simuliert VR mit Hilfe der Brille und der Kameras: Stereosicht und Bewegungsparallaxe.

Unsere beiden Augen blicken in dieselbe Richtung, haben aber einen kleine Abstand. Dadurch haben beiden Augen eine leicht versetzte Perspektive auf unsere Umwelt. Das Gehirn ermittelt aus den Unterschieden zwischen linkem und rechtem Bild die räumliche Tiefe, d.h. den Abstand von Gegenständen, in unserem Blickfeld. In VR erzeugt man nun über den Computer einfach zwei leicht versetzte Ansichten, z.B. des neuen Autos, und zeigt sie gleichzeitig auf dem Fernseher an. Die Brille sorgt dafür, dass das linke Auge auch nur das linke Bild zu sehen bekommt und umgekehrt für das rechte Auge. Schon funktioniert die ganz natürliche Stereosicht wieder weil das Gehirn aus den vormals flachen Bildern auf dem Schirm ein räumliches Bild eines Autos zusammensetzen kann – so als stünde es vor uns.

Und was passiert, wenn ich mich vor dem Fernseher bewege? Dann verfolgen die Kameras an dessen Seite die »komischen Kugeln« auf meiner 3-D-Brille. Aus den Kamerabildern ermittelt der Computer dann die exakte Lage der Brille, d.h. wo sich meine Augen genau befinden und wohin sie schauen. Und aufgrund dieser Information werden wiederum die beiden Ansichten für das linke und das rechte Auge angepasst. Das Auto wird also genau so gezeigt wie ich es aus meiner aktuellen Perspektive durch die Brille sehen würde.

Macht man das alles schnell genug, fällt dem Betrachter gar nicht auf, dass das Auto gar nicht wirklich da ist. Es ist eben nur scheinbar – »virtuell« – vorhanden. Hierin liegt die Ausdrucks- und Überzeugungskraft der Virtuellen Realität.

Back to the Future

Ja wirklich, so hatte ich mir unser neues Auto vorgestellt. Genau so! Oder doch in grün? Mutig, aber warum nicht? So ein Konfigurator ist wirklich nix für Entscheidungsschwache. Speichern wir das doch mal für später. Besser: Wir drucken uns schnell ein Photo davon aus. Mit allen Details auf der Rückseite vergessen wir nix wenn wir nachher mit dem Verkäufer sprechen.

Apropos, wo ist der eigentlich? Jetzt haben wir vor lauter Ausprobieren und Rumkonfigurieren ganz vergessen, unsere Warteposition im Auge zu behalten.

Halb so schlimm – wir wissen doch jetzt ganz genau, was wir wollen. Dann schreibe ich dem Händler eben heute Abend eine Mail. Die Daten stehen ja alle hinten auf den Photos. Ach, und eine Referenznummer für unsere Auswahl sowie der genaue Liefertermin stehen da auch? Prima, dann bleibt ja nur noch der Rabatt zu klären.

Jetzt mal ehrlich, Auto kaufen kann doch Spaß machen!

Zukunftsmusik? Im Forschungsprojekt CATER haben wir so einen 3-D-Konfigurator gebaut. Er steht bei uns im Labor und könnte morgen im Autohaus Ihres Vertrauens stehen. Fragen Sie doch mal Ihren Händler. Am nächsten Samstag.

Weiterführende Links

Film:

VR Film

Virtuelle Realität: Erlebe die Welt von morgen! (54 MB)
Willst du wissen, wie die Welt von morgen aussieht? Willst du heute schon Gebäude auskundschaften, die es noch gar nicht gibt? Kein Problem! Unsere Nachwuchsforscherin Elli hat sich für dich schlau gemacht und nimmt dich mit auf eine spannende Reise in die Zukunft.



Kategorien: Digitalisierung, Future Mobility, Mensch-Technik-Interaktion
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