Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie störanfällig die Liefer- und Wertschöpfungsketten unserer vernetzten Welt sind. Im Gemeinschaftsprojekt »ResiLike« (kurz für Resiliente Lieferketten) entwickeln die beiden Fraunhofer-Institute IAO und IFF Lösungsansätze für resiliente Liefer- und Wertschöpfungsketten. Ziel ist es, die Resilienz von Unternehmen zu steigern.
Täglich werden in der Automobilindustrie Rohmaterialien und Vorprodukte bis hin zu fertigen Fahrzeugteilen wie Getrieben und Motoren transportiert. Diese werden häufig »Just-In-Time« angeliefert, also genau zu dem Zeitpunkt, an dem sie in der Produktion benötigt werden. Verspätete oder ausgefallene Lieferungen können sich dadurch unmittelbar auf die Fahrzeugfertigung auswirken und schlimmstenfalls eine Unterbrechung der Produktion bedeuten. Neben dem Druck, termingerecht zu liefern, sind Transportunternehmen nun von der Politik ebenso angehalten, den Schadstoffausstoß ihrer Flotten zu reduzieren. Diese neue Herausforderung bringt die Lieferketten zusätzlich ins Wanken.
Es stellt sich deshalb die Frage, welche Vorkehrungen Verlader und Transportunternehmen in Form von Resilienzstrategien entwickeln müssen, damit batterieelektrische Fahrzeuge genauso zuverlässig eingesetzt werden können wie dieselbetriebene Lkw, ohne die Lieferketten zu gefährden. Mit dieser zentralen Frage beschäftigen wir uns zusammen mit dem Fraunhofer IFF im Projekt »ResiLike« (kurz für Resiliente Lieferketten) und haben dazu eine Lösung entwickelt.
Elektrifizierung zu Lasten der Transportdienstleistung?
Die Automobilindustrie zählt für den Wirtschafsstandort Deutschland mit Abstand zu einem der wichtigsten Industriezweige. Mit dem Klimaschutzplan 2050 hat die Bundesregierung eine Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor um 40 Prozent bis zum Jahr 2030 beschlossen. Transportunternehmen sind deshalb gefordert, schrittweise ihre dieselbetriebene Flotte auf emissionsfreie Technologien wie batterieelektrische Antriebe umzustellen. Allerdings stellen die immer noch beschränkte Reichweite, der längere Ladevorgang oder die niedrigere Nutzlast andere Anforderungen an die Einsatzplanung der Lkw. Insbesondere muss der Ladestand der Batterie laufend durch den Fahrer und Disponent überwacht werden, um bei Störfällen entsprechend in den Transportprozess eingreifen zu können. Diese Störfälle reichen von Verzögerungen durch Verkehrsbehinderungen, dem Ausfall von Ladeinfrastrukturen bis hin zu Fehlfunktionen an E-Fahrzeugen.
Je mehr Lademöglichkeiten, desto resilienter das Transportsystem – wo kommen diese her?
Beim Einsatz elektrischer Lkw stellt sich zunächst die Frage, wo diese überhaupt laden können und wie sich die Ladevorgänge möglichst so in bestehende Logistikprozesse integrieren lassen, damit sich die Transportzeiten nicht merklich verlängern. Eines steht nämlich fest: Die Elektrifizierung darf nicht zu Lasten der Leistungsfähigkeit und Resilienz der Transportdienstleistung gehen. Müssen Logistiker und verladende Unternehmen somit zukünftig eine betriebseigene Ladeinfrastruktur aufbauen, um auch während der Tour ein elektrisches Zwischenladen zu ermöglichen? Ebenso stellt sich die Frage, in welchem Umfang die öffentliche Hand einen schnellen und flächendeckenden Ausbau von Ladeinfrastrukturen an Autobahnen fördert, da diese insbesondere zur Elektrifizierung überregionaler Touren benötigt wird (siehe Leselinks).
Die Elektrifizierung steht schon vor der Tür
Um die Einsatzpotenziale batterieelektrischer Lkw mit ihren Reichweitenlimitationen in den Transportnetzwerken der Automobilindustrie aufzuzeigen, haben wir im Projekt ein Modell entwickelt, mit dessen Hilfe anfallende Energieverbräuche von Verkehren zwischen Zuliefererstandorten und Fahrzeugherstellern ermittelt und die damit verbundenen batterieelektrischen Ladevorgänge simuliert werden können. Basierend auf diesen Simulationsergebnissen können dann Auswirkungen von Störfällen dargestellt und Resilienzstrategien abgeleitet werden. Somit haben Unternehmen die Chance, mögliche Störfälle bereits im Voraus zu identifizieren und diesen beispielsweise durch den Aufbau eigener Ladeinfrastrukturen entgegenzuwirken. Auf jeden Fall ist sicher: die Gestaltung eines resilienten Transportsystems kann nur durch den Aufbau privater und öffentlicher Ladeinfrastrukturen gelingen. Erste Forschungs- und Umsetzungsprojekte zum Aufbau öffentlicher Hochleistungs-Ladepunkte für den Fernverkehr sind bereits angelaufen (siehe Leselinks). Im Gegenzug sind nunmehr Betreiber unternehmenseigener Flotten gefordert, sich frühzeitig mit der Thematik der Resilienz elektrifizierter Transporte auseinanderzusetzen.
Wenn Sie mehr zum Themenfeld der Elektrifizierung von Schwerlastverkehren erfahren möchten und wie Sie Ihre elektrifizierten Transportketten resilient gestalten können, freue ich mich auf Ihre Teilnahme an unserem kostenlosen Webinar »Resiliente Transportsysteme« am 3. Mai 2022.
Leselinks:
- Alle Blogbeiträge zum Gemeinschaftsprojekt »ResiLike«
- Resilike-Projektseite
- Webinarreihe: Eat, connect, innovate – Business Lunch zu Resilienz in der vernetzten Wertschöpfung
- Studie »Anforderungen an eine elektrische Lade- und Wasserstoffinfrastruktur für gewerbliche Nutzfahrzeuge mit dem Zeithorizont 2030«
- Pressemitteilung des BMVI über klimafreundliche Lkw-Antriebstechnologien
Kategorien: Advanced Systems Engineering (ASE)
Tags: Resiliente Wertschöpfung – Blogreihe zum Gemeinschaftsprojekt »ResiLike«