Industrielle Produktion ist im Ländle glücklicherweise noch ein wichtiges Standbein unserer Wertschöpfung. Doch das Konfliktpotenzial für innerstädtische Produktion ist hoch. Sie hat nur eine Zukunft, wenn wir den Widerspruch zwischen Lebens- und Arbeitsräumen lösen – fangen wir an.

Urbane Produktion: Geschichte einer Entfremdung

Früher hing für viele Familien die eigene Zukunft am Arbeitsplatz, meist mit hohem Produktionsbezug. Heute ist eine Mehrheit im Dienstleistungssektor beschäftigt. Die physische Herstellung von Produkten verliert für immer mehr Beschäftigte die persönliche Relevanz. Sogar innerhalb der Betriebe wird die Produktion immer mehr von anderen Unternehmensbereichen abgekoppelt. Ingenieure in der Produktentwicklung sitzen beispielsweise nur noch selten direkt im Produktionsgebäude.
Gleichzeitig wachsen die Anforderungen in puncto Nachhaltigkeit, Emissions- und Lärmschutz gerade im städtischen Umfeld weiter und stellen Unternehmen mit urbaner Produktion vor immer neue Herausforderungen.

Umdenken: Symbiotische Gestaltung der Industriegebiete

Wenn wir unsere attraktive Wirtschaftsstruktur im Ländle auch zukünftig erhalten wollen, muss der Graben zwischen Produktion und Lebensraum wieder überwunden werden. Vor allem der Aspekt der Nachhaltigkeit muss für die strategische Planung urbaner Produktionsstandorte Priorität werden. Hierfür ist ein Umdenken auf beiden Seiten nötig – und kluge städtische und unternehmerische Planung kann hierfür den Weg ebnen. Ein Kern ist der Ausgleich von Interessen und die Schaffung von Symbiosen zwischen den produzierenden Unternehmen, Dienstleistungsanbietern und Bewohnern des Umfelds. Die Verbreitung passender Technologien wie beispielsweise Abwärmerückführung und Additive Technologien ermöglichen es, andere Prozesse zu realisieren und neue Wege zu beschreiten. Die »Sharing Economy« und die »Virtualisierung von Wertschöpfungsaspekten« können auch für diesen Interessenausgleich eingesetzt werden.

Symbiotische Gestaltung der Industriegebiete
Symbiotische Gestaltung der Industriegebiete

 

Ich bin überzeugt davon, dass wir durch die geeignete Ausgestaltung der Kooperationen wir gemeinsam für jedes Industriegebiet die Themen Nachhaltigkeit, Effizienz und Effektivität verbinden können.

Neue Wege denken: Austausch zwischen Kommune, Industrie und Forschung

In vielen Vorarbeiten haben wir Aspekte einer symbiotischen urbanen Produktion herausarbeiten können. Unser Projekt »Ultraeffizienzfabrik – Ressourcenschonende Produktion im urbanen Umfeld« entwickelt eine ganzheitliche Betrachtung aus der Perspektive eines einzelnen Unternehmens. Da ein wichtiger Aspekt für die Landesregierung Baden-Württembergs einerseits die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ist, andererseits aber auch bewusst Umweltschädigungen reduziert werden sollen, wird das Vorhaben »Ultraeffizienzfabrik« auf Industriegebiete ausgeweitet. Zusammen mit Kommunen, Stadtentwicklern und andern Stakeholder wollen wir Best-Practices diskutieren, aufbereiten und damit die Basis für die Entwicklung von Nachhaltigkeitsperspektiven in Baden-Württemberg legen, ohne dabei durch blinden Aktionismus den Unternehmen Schaden zuzufügen.

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Michael Hertwig

Entwicklungsingenieur im Competence Team »Digital Engineering«. Er forscht daran, wie Prozesse durch digitale Unterstützung optimiert werden können und wie die Produktion in der Zukunft aussehen kann. In seiner Freizeit engagiert er sich als aktives Mitglied im Verein deutscher Ingenieure e.V.

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Kategorien: Advanced Systems Engineering (ASE), Stadtentwicklung
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