Wie sieht die Stadt der Zukunft aus?
IAO-Blogreihe zum Wissenschaftsjahr 2015 – Zukunftsstadt
Teil 3: Die gemeinschaftliche Stadt
Betrachtet man den aktuellen Trend der Urbanisierung, sind wir Menschen offenbar recht einfältige Herdentiere. Frei nach dem Motto »Einer voraus und alle hinterher!« ziehen wir wie Pinguine dorthin, wo die Masse Schutz und Geborgenheit bietet.
Wie in der Tierwelt, suchen auch wir Menschen dabei die Ballungszentren aus, die uns die attraktivsten Standortbedingungen bieten.
Übertragen auf unsere reale Lebenswelt bedeutet das:
Im harten Kampf um die Ansiedlung von Unternehmen und qualifizierten Arbeitskräften gewinnen die Städte, die trotz begrenzter Ressourcen ihre Standortattraktivität erhöhen und einen qualitativ hochwertigen Lebensraum für ihre »Kunden« schaffen können. Nach Darwins Evolutionstheorie »Survival of the fittest« müssen Städte:
- ihre teilweise starren Infrastrukturen lockern
- sich mit flexiblen Konzepten schnell an immer neue Gegebenheiten anpassen und
- mit den begrenzten Ressourcen effizient wirtschaften.
Wie das gelingen kann, möchte ich mit einem Ausflug in die Dienstleistungsforschung verdeutlichen. Als Forscher betrachten wir die Dinge gerne aus einer ganz anderen Perspektive, wenden funktionierende Ansätze aus einem Fachgebiet in einem völlig anderen fachfremden Bereich an – und kommen so nicht selten auf ganz neue Lösungswege.
Urbane Wertschöpfung als Gemeinschaftsprojekt
Betrachten wir also die Stadt und deren Akteure als eine Gemeinschaft aus Dienstleistern und Kunden. Unterschiedliche Stadtakteure haben spezifische Fähigkeiten und verfügen über individuelles Wissen. Diese Potenziale müssen wir effektiv und effizient ausschöpfen. Dass sich Kunden zunehmend von reinen Konsumenten in Prosumenten verwandeln, wird in der Dienstleistungsforschung bereits seit vielen Jahren diskutiert. Die aktivere Einbindung von Kunden in die Entwicklung und Erbringung von Dienstleistungen unterstützt Unternehmen dabei, deren Bedürfnisse besser zu verstehen und bei der Gestaltung ihrer Angebote zu berücksichtigen. Des Weiteren bringen die Kunden Ressourcen in Form von spezifischem Wissen und Fertigkeiten ein und tragen so zu einer effektiveren und effizienteren Leistungserstellung bei. Hinzu kommen neue und niederschwellige Möglichkeiten zur Kundenintegration, etwa durch die zunehmende Digitalisierung von Dienstleistungen. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch bei stadtbezogenen Dienstleistungsangeboten beobachten: Auch in den urbanen Räumen kommt es vermehrt zu Veränderungen in den klassischen Rollenbildern und Mustern der verschiedenen Stadtakteure.
Jeder ist ein Dienstleister
Hier setzt nun auch das Prinzip Sharing an: Die Bürger werden selbst zu Anbietern von Dienstleistungen. Nicht im klassischen Sinne, sondern ganz nebenbei z.B. in Form von Mitfahrgelegenheiten oder Urban Farming. So wird besonders im Bereich von privatwirtschaftlichen Leistungsangeboten versucht, Ressourcen besser in den Leistungsprozess zu integrieren, denn jeder einzelne von uns kann dadurch das große ganze Leistungsangebot verbessern.
Dazu brauchen wir neuartige Leistungssysteme und innovative Geschäftsmodelle für die neuen Dienstleistungen– schließlich unterscheiden sich diese bzgl. ihres Nutzenversprechens, der Kundenschnittstellen oder den Einnahmequellen von bisher existierenden Ansätzen wesentlich.
Leselinks:
- »Urban Services« – Studie zu Geschäftsmodellen für innovative Stadtdienstleistungen:
www.smart-urban-services.de/?page_id=39 - Smart Urban Services Projektseite:
www.smart-urban-services.de - INDiGeR – Innovative Netzwerke für Dienstleistungen und Gesundheit in Regionen von morgen:
www.indiger.net - Dienstleistungs- und Personalmanagement am Fraunhofer IAO
www.dienstleistung.iao.fraunhofer.de - Fraunhofer-Kongress »Urban Futures« – Innovationen, Strategien und Prozesse für die Stadt von morgen am 25. und 26. November 2015 in Berlin:
www.urban-futures.de
Kategorien: Digitalisierung, Innovation, Stadtentwicklung
Tags: Sharing, Stadt der Zukunft