Auf dem Weg zu einer neuen Mobilität – werden unsere Autobauer in die Röhre schauen?

Um für die Zukunft der Mobilität gerüstet zu sein, lohnt sich manchmal ein Blick in deren Vergangenheit. Denn Geschichte ist nicht nur sehr lehrreich, sondern wiederholt sich bekanntermaßen auch. Daher möchte ich Sie zu einem kleine Ausflug in die Geschichte der Mobilität einladen: 1863 wurde in London die erste U-Bahnlinie der Welt eröffnet. Während der Überlandverkehr zur damaligen Zeit von dampfbetriebenen Eisenbahnen dominiert wurde, standen die stark wachsenden Metropolen vor scheinbar unlösbaren Verkehrsproblemen. Pferdekutschen waren Jahrhunderte lang die einzige Alternative zum Zu-Fuß-gehen und kamen nun an ihre Grenzen, da immer mehr Menschen in immer größer werdenden Stadtgebieten zunehmend mobil sein wollten. Mitte des 19. Jahrhunderts besagten Prognosen, dass die Straßen von Städten wie New York oder Frankfurt bei anhaltendem Wachstum eines Tages in meterhohem Pferdemist versinken werden.

Das neue Konzept der U-Bahn sah nun vor, Menschen durch eine unterirdische Röhre zu befördern. Die ersten U-Bahnlinien Londons wurden noch von Dampflokomotiven gezogen und dienten dazu, die im Außenbezirk gelegenen Fernbahnhöfe an das Stadtzentrum anzubinden. Als bereits 1890 dann aber auch die erste elektrisch betriebene U-Bahn eröffnet wurde, die hauptsächlich innerstädtisch verkehrte und allgemeinhin als die Urversion unserer heutigen U-Bahnen anerkannt wurde, sahen viele Metropolen darin auch die Lösung ihrer Verkehrsproblem. Ein weltweiter Bauboom setzte ein: Budapest eröffnete 1896, Paris 1900 und New York 1904 ihre ersten U-Bahnlinien. Das »Monopol« der Pferdekutschen war damit gebrochen.

Schneller, weiter, individueller: der Siegeszug des Automobils

Just zu der Zeit, als in London die Einführung der elektrischen U-Bahn die urbane Mobilität revolutionierte, hatte Carl Benz gerade das Automobil erfunden. Mobilität bekam eine neue Dimension: Sie wurde individuell verfüg- und nutzbar. Das Automobil entwickelte sich zu einer der wichtigsten Technologien der Menschheit und war grundlegender Treiber der Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Während sich in urbanen Gebieten die »gute alte U-Bahn« sowie weitere öffentliche Verkehrsangebote ausbreiten und schließlich behaupten konnten, wurde der Überlandverkehr zunehmend vom Automobil erobert – die Eisbahn, einst in einer Monopolstellung für Mobilität, ist heute nur noch ein zusätzliches Mobilitätsangebot. Oftmals überwiegt bei der Wahl des Transportmittels unser Wunsch nach individueller, spontaner Reiseplanung und Privatsphäre – Eigenschaften, die das Auto erfüllt und letztendlich ausschlaggebend für seinen Siegeszug wahren.

Monopolstellung wiegt Automobilhersteller in falscher Sicherheit

Die Geschichte der Eisenbahn sollte aber gerade der Automobilindustrie als warnendes Beispiel dienen: Monopolstellungen haben nicht auf ewig Bestand – Menschen werden zu neuen Angeboten wechseln, wenn diese ihre Wünsche und Bedürfnisse besser erfüllen können. Gerade in der über 125 Jahre kontinuierlich gewachsenen Automobilindustrie herrschte aber lange die Annahme, dass es neuen Wettbewerbern unmöglich ist, in den Markt einzutreten und alternative Produkte anzubieten, die die herausragende Stellung des etablierten konventionellen Automobils gefährden könnten. Die junge amerikanische Firma Tesla trat schrittweise den Gegenbeweis an:

  1. 1. Innovatoren als Vorreiter aktivieren:
    Zunächst zeigte man an einem puristischen, umgebauten Roadster, dass elektrisch betriebene Automobile so realisierbar sind, dass sie ausreichend Käufer ansprechen – die sogenannten Innovatoren.
  2. 2. Markteroberung durch größere Stückzahlen:
    Mit der Einführung des Model S demonstrierte man, dass dieser Erfolg auch in größeren Stückzahlen, zu marktüblichen Qualitätsanforderungen wiederholbar ist – die zahlungskräftige Käufergruppe der »Early Adopters« wurde erobert.
  3. 3. Massenproduktion und Marktdurchdringung:
    Als Tesla vor kurzem das Model 3 präsentierte, wurde schließlich auch die (frühe) Mehrheit der Kunden angesprochen – mit großem Erfolg: Innerhalb kürzester Zeit wurden bereits weit über 300 000 Fahrzeuge vorbestellt. Zum Vergleich: 2014 wurden weltweit 373 063 5er BMW ausgeliefert – ein Fahrzeug, das allgemein als recht erfolgreich und beliebt gilt.

Inzwischen haben sie meisten Automobilbauer anerkannt, dass mit Tesla binnen kürzester Zeit ein neuer Konkurrent entstanden ist, der in den kommenden Jahren die Automobilbranche mitbestimmen wird. Doch ist Tesla die einzige »Bedrohung«, der unsere etablierte Industrie gegenüber steht? Was können deutsche Automobilbauer aus der älteren und jüngeren Geschichte der Mobilität lernen? Ich behaupte, dass unsere bekannte (Auto-)Mobilwelt vor einem grundlegenden Wandel steht – lesen Sie in meinem nächsten Beitrag warum und wie sich die Automobilindustrie darauf vorbereiten kann. Ich freue mich auf Ihre Meinungen und Kommentare dazu!

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Kategorien: Future Mobility, Stadtentwicklung
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