Woran liegt es, dass sich zwar viele Firmen mit Künstlicher Intelligenz (KI) beschäftigen, sich aber trotzdem mit der Einführung schwertun? So viel sei verraten: Es liegt nicht an den Daten, die sind meistens im Überfluss vorhanden. Doch ein Unternehmen besteht aus weitaus mehr als nur Daten. Was braucht es also noch? Im Folgenden möchte ich Ihnen unsere Top 4 für eine erfolgreiche Einführung von KI in der Produktion vorstellen.

Eine konkrete Problemstellung finden

Eines der wichtigsten und essentiellsten Dinge, die Unternehmen bei der Einführung von KI beachten sollten, ist, dass man sich am Anfang auf eine konkrete Problemstellung fokussiert. Es gibt viele großartige Anwendungsfälle bei anderen Unternehmen und viele Anbieter mit spannenden Lösungen auf dem Markt. Aber nur, wenn ich ein konkretes Problem meiner Fertigung damit löse, bringt mir die KI einen wirklichen Mehrwert und Nutzen. Die Spannweite ist hier ebenso wit wie individuell: von der Verkürzung der Durchlaufzeiten bis hin zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit (siehe Abbildung 1). Hierfür eignet sich das gute alte, klassische Brainstorming oder eine Wertstromanalyse, um aktuelle Probleme zu identifizieren. Mit diesem Kniff haben Sie direkt zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sie haben Ihren ersten Anwendungsfall gefunden und zudem einen klaren Business Case definiert. Denn Ihr Management findet KI sicher auch toll, aber noch besser ist natürlich ein KI-Anwendungsfall, der sich auch rechnet und Ihnen einen Nutzen bringt – am besten messbar in Euros.

Abbildung 1: Stimmen aus dem Industrienetzwerk »KI in der Produktion« (Quelle: interne Befragung der Netzwerkteilnehmer des Fraunhofer IAO)

Abbildung 1: Stimmen aus dem Industrienetzwerk »KI in der Produktion« (Quelle: interne Befragung der Netzwerkteilnehmer des Fraunhofer IAO)

Die Mitarbeitenden qualifizieren

Wenn Sie ein Problem und damit auch einen Business Case gefunden haben, stehen Sie bereits vor der nächsten Frage: Wie finde ich nun heraus, ob dieses Problem mit KI überhaupt lösbar ist? Wie funktioniert KI eigentlich? Was trivial klingt, ist ein essenzieller Baustein für die erfolgreiche KI-Einführung. Nur mit einem grundlegenden Verständnis der Technologie und ihren Funktionsweisen können auch realistische Anwendungsfälle beschrieben werden. Hierfür benötigt es ein fundiertes Grundlagenwissen, welches am besten im gesamten Unternehmen vorhanden ist. Denn auch die späteren Nutzerinnen und Nutzer möchten wissen, was »die KI« nun genau macht. Fehlt ein gewisses Vertrauen in die Technologie, trifft man häufig auf Ablehnung in der Belegschaft und der Anwendungsfall wird nicht angenommen (siehe Abbildung 2). Achten Sie daher darauf, dass Ihre Mitarbeitenden die Grundlagen von KI kennen und verstehen, bspw. durch Schulungen, Workshops oder Seminare. Damit lassen sich auch weitere KI-Anwendungsfälle leichter finden und beschreiben.

Abbildung 2: Vertrautheit mit KI in der deutschen Bevölkerung auf Basis einer Umfrage von Personen ab 18 Jahren durch die Gesellschaft für innovative Marktforschung mbH im Auftrag der Robert Bosch GmbH, ausgeführt. (Quelle: Bosch KI-Zukunftskompass 2020)

Abbildung 2: Vertrautheit mit KI in der deutschen Bevölkerung auf Basis einer Umfrage von Personen ab 18 Jahren durch die Gesellschaft für innovative Marktforschung mbH im Auftrag der Robert Bosch GmbH, ausgeführt. (Quelle: Bosch KI-Zukunftskompass 2020)

Neben den ersten beiden Punkten spielt auch die Unternehmenskultur eine wichtige Rolle. Hier kommt es vor allem auf die Aspekte Vertrauenskultur, Kooperationskultur, Veränderungskultur und Innovationskultur an. Wie offen ist Ihr Unternehmen für Veränderungen und Innovationen? Wie eng kooperieren Abteilungen bereits, wenn es gilt, Probleme zu beseitigen? Und wie groß ist auch das Vertrauen untereinander bzw. zwischen dem Management und den Fachabteilungen? All das beeinträchtigt natürlich auch die erfolgreiche Einführung von KI. Unternehmen sollten offen für neue Ideen und Technologien sein und ihren Mitarbeitenden die Freiheit geben, diese Ideen umzusetzen. Zudem sollte die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen funktionieren bzw. entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen sein, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Das ist wichtig, um sicherzustellen, dass die KI-Lösungen die Bedürfnisse des Unternehmens erfüllen und die richtigen Probleme löst. Und natürlich benötigt es ein gewisses Vertrauen des Managements, dass man weitere Anwendungsfälle umsetzen darf, die mehr Erfolg bringen und man dafür die nötige Unterstützung erhält, die es braucht, auch wenn ein Anwendungsfall nicht direkt tausende von Euros spart.

Last but not least: Daten!

Natürlich dürfen Daten in den Top 4 nicht fehlen – jedoch bewusst an letzter Stelle. Die meisten Unternehmen besitzen eine ausreichende Datenmenge, um KI in der Produktion einzuführen. Maschinen besitzen unzählige Sensoren, Softwaresysteme bieten einen umfassenden Datenschatz und auch zusätzliche Prozessdaten können mit günstigen Mitteln erzeugt werden (Mikros, Kameras, zusätzliche Sensoren etc.). Häufig reicht ein initialer Abzug einer kleinen Datenmenge, um bereits einen Proof of Concept (PoC) herstellen zu können. Der konkrete Erfolgsfaktor ist hier eher die Speicherung und unmittelbare Verfügbarkeit von den benötigten Daten. Werden diese bereits strukturiert gespeichert und stehen sie überall dort zur Verfügung, wo man sie braucht? Oder muss erst noch eine Schnittstelle gebaut oder die Daten per Stick abgezogen werden? Umso leichter Daten nutzbar sind, desto schneller lässt sich der Anwendungsfall umsetzen. Auch hier wissen wir: Umso schneller ein erster Erfolg zu sehen ist, desto eher wird weitergemacht. Also worauf warten Sie? Los geht’s!

Diese vier Erfolgsfaktoren sind Erkenntnisse aus unserem Forschungsprojekt KI-ULTRA sowie dem Industrienetzwerk »KI in der Produktion« und wurden auch beim ersten Sprint unseres Industrienetzwerks »Im Sprint zur Fabrik 4.0« vorgestellt. Innerhalb dieses Formats diskutieren wir mit produzierenden Unternehmen regelmäßig aktuelle Herausforderungen und Themen rund um Industrie 4.0, stellen den Austausch untereinander her und präsentieren konkrete Methoden zur Beschleunigung der eigenen Umsetzungen.

Lassen auch Sie mich gerne wissen, wie bei Ihnen aktuell der Stand ist und ob Sie bereits an alle Top 4 gedacht haben. Ich freu mich auf den Austausch mit Ihnen!

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Johannes Wimmer

Johannes Wimmer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IAO. Besonders viel befasst er sich mit den Themebereichen Industrie 4.0, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI). Außerdem ist er Leiter der Demonstratorenwelt im »Future Work Lab« am Fraunhofer IAO in Stuttgart.

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Kategorien: Digitalisierung, Künstliche Intelligenz
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