Wie steht es eigentlich um 5G in Deutschland? Spätestens mit der Vorstellung des ersten 5G-fähigen iPhones am 13.09.2020 stellen sich – neben Unternehmen, die vielleicht schon länger über den Einsatz von 5G nachdenken – jetzt auch viele Verbraucher*innen hierzulande diese Frage. Nachfolgend möchte ich versuchen, diese Frage anhand der aktuellen 5G-Netzabdeckung in Deutschland, dem aktuellen Stand des 5G-Standardisierungsprozesses sowie den verfügbaren 5G-Endgeräten zu beantworten.
5G-Netzabdeckung in Deutschland
Etwas mehr als ein Jahr ist vergangen, seitdem das erste 5G-Netz für die Öffentlichkeit freigeschaltet wurde. Angefangen mit 20 Städten und Gemeinden, die das 5G-Zeitalter zusammen mit Vodafone eingeläutet haben, ist der 5G-Ausbau seitdem weiter vorangeschritten. Beim Vergleich zwischen der Vodafone- und der Telekom-5G-Verfügbarkeit, geht die Telekom aktuell als Sieger hervor. Während Telefónica (O2) sein 5G-Netz zum Tag der deutschen Einheit am 3.10.2020 in 15 deutschen Städten gestartet hat, schaltete 1&1 Drillisch sein 5G-Netz in den Städten Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt am Main frei. Alle vier Mobilfunkanbieter, die Mitte 2019 bei der 5G-Frequenzauktion teilgenommen haben, arbeiten somit weiterhin kontinuierlich an einer flächendeckenden 5G-Abdeckung in Deutschland. Auch in Sachen 5G-Standardisierung gibt es Fortschritte.
5G-Standardisierung
Wie ich in meinem letzten Blog-Beitrag beschrieben habe, steigt die Leistungsfähigkeit des neuen Mobilfunkstandards 5G mit jedem Release, das im Zuge des Standardisierungsprozesses fertiggestellt wird. So stand mit Release 15 vor allem die Realisierung des Enhanced-Mobile-Broadband-Szenarios (eMBB) im Vordergrund, bei dem der Fokus auf einer höheren Übertragungsgeschwindigkeit lag. Mit Release 16, das am 3.6.2020 fertiggestellt worden ist, lag der Fokus neben inkrementellen Verbesserungen in verschiedenen Bereichen (z. B. Positionierung oder MIMO) auf den anderen zwei 5G-Nutzungsszenarien: Ultra Reliable and Low Latency Communications (uRLLC) und Massive Machine Type Communications (mMTC). Während beim uRLLC-Szenario eine geringe Latenz im Mittelpunkt steht, umfasst das mMTC-Szenario Anwendungsfälle, bei denen eine sehr große Anzahl vernetzter Geräte essenziell ist.
Darüber hinaus wurde mit der Arbeit an Release 17 begonnen. Dieses Release konzentriert sich auf Verbesserungen in Bereichen wie der Energieeffizienz und der Positionierung sowie auf das Network Slicing und Edge Computing. Das Standardisierungskonsortium (3rd Generation Partnership Project [3GPP]) schließt jedoch nicht aus, dass aufgrund des erhöhten Abstimmungsaufwands durch virtuelle Treffen, die Fertigstellung verschoben werden muss. Eine Entscheidung darüber soll im Dezember getroffen werden.
5G-Endgeräte
5G-fähige Smartphones sind bereits seit 2019 verfügbar (z. B. Samsung Galaxy S10 5G). Für Unternehmen, die zum Beispiel ihre Maschinen mit 5G vernetzen möchten, sind Lösungen, die sich besser integrieren lassen, unter Umständen von größerem Interesse.
Im Verlauf dieses Jahres konnten die ersten kommerziellen 5G-Module auch in größerer Stückzahl erworben werden. Der überwiegende Teil der in Deutschland vertriebenen Module besteht aus den von Quectel produzierten Produkten 5G RM500Q-GL (M.2-Formfaktor) und 5G RG500Q (LGA-Formfaktor). Beide basieren auf dem Release 15, verwenden einen Qualcomm Snapdragon X55 und legen den Fokus auf IoT sowie das eMBB-Szenario, also auf eine höhere Übertragungsgeschwindigkeit. Die unterstützten Frequenzen sind die des Sub-6GHz-Bereichs, wobei dies auch den Frequenzbereich abdeckt, der bei der Frequenzauktion 2019 zur Versteigerung stand. Die nachfolgende Abbildung gibt eine Übersicht über die Mobilfunkspektren nach der Auktion.
Da die Campusnetze, die Unternehmen bei der Bundesnetzagentur für den eigenständigen Betrieb von 5G-Netzen – z. B. für ihr Werksgelände – beantragen können, den Frequenzbereich von 3,7 GHz – 3,8 GHz nutzen, spielt mmWave in Deutschland noch keine Rolle. Nichtsdestotrotz wird evaluiert, ob Frequenzen im Bereich von 26 GHz für lokale Zuteilungen zur Verfügung gestellt werden sollen.
Nachdem dieses Release 2018 fertiggestellt worden war, dauerte es rund 18 Monate, bis die ersten Geräte kommerziell erhältlich waren. Demnach ist mit ersten Geräten, die auf den Spezifikationen von Release 16 beruhen, nicht vor 2022 zu rechnen. Zudem ist es weiterhin fraglich, inwieweit 5G-Endgeräte neue Funktionen durch Software- bzw. Firmware Upgrades erhalten können. So ist es z. B. nicht ersichtlich, ob das Quectel-Modul 5G RG500Q, das auf dem Release 15 basiert, Funktionen, die mit Release 16 eingeführt werden, per Software- oder Firmware Upgrade erhalten kann. Zur Upgrade-Fähigkeit der Hardware, die in der Campusnetz-Infrastruktur verbaut ist, müsste das jeweilige Betreiberunternehmen Auskunft geben können, da die Hardwarezusammensetzung individuell auf das Unternehmen, dass das Campusnetz auf seinem Gelände betreiben möchte, zugeschnitten ist.
Mit dem Transferzentrum 5G4KMU zur industriellen Nutzung
Der neue Mobilfunkstandard kommt langsam, aber sicher in Deutschland an. Die allgemeine Verfügbarkeit von 5G-Netzen nimmt permanent zu und die 5G-Standardisierung hat mit der Fertigstellung von Release 16 im Juni dieses Jahres einen weiteren Meilenstein erreicht. Für Unternehmen, die an der Verwendung von 5G interessiert sind, könnte jedoch die erstmalige Verfügbarkeit von 5G-Modulen wichtiger sein. Seit längerem können Campusnetze beantragt und bewilligt werden. Es ist also absehbar, dass 5G auch für industrielle Anwendungsfälle in den nächsten Monaten zur Verfügung stehen wird. Interessierte Unternehmen stehen nun vor der Frage, ob 5G für sie infrage kommt und wenn ja, wie sie sich das Potenzial von 5G zunutze machen können. Eine kleine Checkliste gebe ich dazu im nächsten Blogbeitrag an die Hand.
Neben der Vermittlung von 5G-Grundlagen in Webinaren mit unterschiedlichen Schwerpunkten oder Sprechstunden zum Thema 5G, bietet das Transferzentrum 5G4KMU vor allem Kooperationsmöglichkeiten in Form von Quick Checks und Exploring Projects an, die die Unternehmen bei der Konzeption, Umsetzung und Erprobung ihrer 5G-Ideen unterstützen. Während die Quick Checks eine Machbarkeitsanalyse eines 5G-Anwendungsfalls darstellen, geht es bei den Exploring Projects um eine prototypische 5G-Umsetzung eines solchen Anwendungsfalls, die auch in den jeweiligen 5G-Laboren der verschiedenen Transferzentren unter Realbedingungen getestet werden kann. Interessierte Unternehmen können sich direkt bei uns oder einem anderen Transferzentrum melden und einen kostenfreien Termin für einen ersten Austausch vereinbaren.
Leselinks:
- Blogbeitrag „5G-Mobilfunk – Ist der Hype gerechtfertigt?“
- Blogbeitrag „Lohnt sich 5G für Ihr Unternehmen?“
- 5G-Sprechstunde
- Transferzentrum 5GKMU
- Übersicht der regionalen und lokalen Netze von der Bundesnetzagentur
Kategorien: Digitalisierung
Tags: Digitalisierung, Innovative Technologien