Spontanhelfende sind bei Krisen unverzichtbar, doch um ihre Hilfe effektiv einzusetzen, müssen Einsatzkräfte und Behörden bestimmte Voraussetzungen schaffen. Durch gezielte Einbindung und effektive Kommunikation können ihre vielfältigen Fähigkeiten optimal genutzt werden, wie Projekte und Krisenerfahrungen zeigen.
Spontanhelfende schleppen Sandsäcke – für die meisten Einsatzkräfte im Bevölkerungsschutz ist dies eine typische Assoziation. Dabei gibt es deutlich mehr Tätigkeiten, die von Spontanhelfenden übernommen werden können – wenn sie effektiv eingesetzt werden. Dafür wurde im Projekt »KatHelfer-PRO« durch die Universität Stuttgart ein Tätigkeitenkatalog für eine Übersicht und eine Art Management Tool entwickelt.
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Krisenbewältigung nicht mehr ohne Spontanhelfende durchführbar ist. Im Einsatz fehlt es den Spontanhelfenden allerdings oft an Wissen welche Tätigkeiten durch sie abgedeckt werden können. Deswegen werden häufig nur die offensichtlichen Aufgaben, wie zum Beispiel das Sandsack-schleppen durch Spontanhelfende übernommen. Sie wurden meist nur als Ergänzung zu den professionellen Einsatzkräften eingesetzt und werden es zum Teil noch heute. Doch diese Mentalität ist angesichts klammer Kassen bei den berufsmäßigen Hilfsorganisationen, dem demografischen Umbruch und dem rückläufigen Engagement in Ehrenämtern nicht mehr zeitgemäß.
Lösungen für die Zukunft müssen Spontanhelfende aktiv integrieren und ihre Ressourcen möglichst effektiv einbinden. In bestimmten Situationen kann es dazu kommen, dass viele Einsatzkräfte selbst betroffen sind oder nicht an den Einsatzort anreisen können. In diesen Fällen können Spontanhelfende eine wertvolle Ressource sein, um die Krise dennoch zu bewältigen.
Im Forschungsprojekt »REBEKA« ist deshalb ein aktueller Tätigkeitenkatalog entwickelt worden.
Tätigkeitsbereiche für Spontanhelfende
Bei den Tätigkeitsbereichen müssen der kenntnisabhängige und der aufgabenabhängige Bereich voneinander unterschieden werden.
Beim kenntnisabhängigen Tätigkeitsbereich steht die Frage im Fokus: »Wer kann es tun?«. Dabei gibt es verschiedene Abstufungen. Bei einigen Tätigkeiten ist keine oder nur sehr wenig Einweisung notwendig. Andere Tätigkeiten benötigen allerdings spezifische Vorkenntnisse, die zum Beispiel eine Berufsausbildung mit sich bringt. Zum Schluss gibt es noch Tätigkeiten, die eine spezifische Ausbildung der Hilfsorganisationen vorsehen, da sie meist im direkten Gefahrenbereich liegen. Diese sind den Einsatzkräften vorbehalten. So können Feldbetten mit einer kurzen Einweisung von fast jedem Helfenden aufgebaut werden. Die Arbeit mit elektrischen Leitungen hingegen sollten von eingewiesenen Einsatzkräften oder Elektrikern vorgenommen werden. Im Gefahrenbereich arbeiten aus Sicherheitsgründen nur Einsatzkräfte.
Für eine schnelle Übersicht, in welche Kategorie die Tätigkeit fällt, arbeiten wir mit einem Ampelsystem.
Bei den aufgabenorientierten Tätigkeiten werden die Aufgaben den jeweiligen Fachdiensten im Bevölkerungsschutz zugeordnet. So gibt es Tätigkeiten für die Bereiche Bergrettung, Betreuungsdienst, Brandschutz, Führung, Rettungshundearbeit, Sanitätsdienst, Technische Hilfeleistung, Versorgung und Wasserrettung. Für die zuständigen Entscheidenden in den Hilfsorganisationen liegt am Ende des Tätigkeitenkatalog eine Liste mit den zugehörigen Tätigkeiten bereit. Dadurch ist eine schnelle Suche nach passenden Aufgaben möglich.
Welche Voraussetzungen müssen Spontanhelfende erfüllen?
Insgesamt gibt es vier Voraussetzungsbereiche, die im Tätigkeitenkatalog betrachtet werden. Für die jeweiligen Voraussetzungen gibt es verschiedene Abstufungen für eine spezifische Tätigkeit. Diese sollen eine Hilfestellung bieten und sind nicht statisch zu betrachten:
1: Die physische Konstitution: Hierbei gibt es Abstufungen von »keine« bis hin zu einer »sehr guten Konstitution«. Dadurch sollen Tätigkeiten auch für körperlich eingeschränkte Personen möglich sein und diese bewusst mitgedacht werden.
2. Die psychische Konstitution: Bei diesen Abstufungen werden die möglichen Situationen mit stressigen Alltagssituationen verglichen. Insbesondere der mögliche Kontakt mit Betroffenen und unmittelbarem Leid werden hier eingeschätzt. Allerdings ist die Betroffenheit der Spontanhelfenden hierbei sehr individuell abhängig.
3. Das Betreuungsverhältnis: Die dritte Voraussetzung beschreibt das Verhältnis zwischen der betreuenden Einsatzkraft und den Spontanhelfenden. Allerdings soll diese Kennzahl keine genaue Aussage über die Betreuung angeben, sondern eine vereinfachte Planung ermöglichen.
4. Das Substitutionsäquivalent – die Entlastung von Hilfskräften: Diese Kennzahl gibt eine Orientierung, wie viele Einsatzkräfte durch die Einbindung von Spontanhelfenden wieder frei werden und an anderen Stellen eingesetzt werden können.
In welchen Einsatzfällen können welche Aufgaben übernommen werden?
Für die meisten Einsatz- und Führungskräfte ist der Einsatz bei einem Hochwasser bereits bekannt. Doch gibt es noch einige andere mögliche Einsatzfälle, die sehr häufig vorkommen und auch von Spontanhelfenden übernommen werden können.
Neben dem Hochwasser können Spontanhelfende zum Beispiel bei einer Dürre, einem Waldbrand, einem Verkehrs- bzw. Eisenbahnunfall oder bei einem Stromausfall tätig werden. Für den Tätigkeitenkatalog wurden insgesamt 19 verschiedene Krisenszenarien untersucht und passende Tätigkeitsprofile und Einsatzgrundsätze zusammengestellt.
Leselinks:
- Blogreihe »Spontanhelfende im Bevölkerungsschutz«
- Projektwebseite »KatHelferPro«
- Einladung zum Runden Tisch Forschung im Bevölkerungsschutz
- Veröffentlichungen im Projekt »KatHelferPro«
Kategorien: Stadtentwicklung
Tags: Bevölkerungsschutz, Katastrophenschutz, Krisenmanagement, Resilienz, Spontanhelfende im Bevölkerungsschutz
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