Ende letzten Jahres durften wir einen Workshop bei Südwestmetall und der Friedrich-Naumann-Stiftung moderieren. Gemeinsam mit Mitarbeitern, Führungskräften, Betriebsräten und (jungen) Praktikanten aus mehreren Unternehmen arbeiteten wir heraus, welche Rolle die Menschen zukünftig in ihrem Berufsleben übernehmen wollen. Die Ergebnisse widerlegen gleich mehrere Vorurteile über die jüngere Generation allgemein und die Bereitschaft der Arbeitnehmer für tiefgreifende Veränderungen im Besonderen:

Anforderungen des Menschen an die Zukunft der Arbeitswelt.
Anforderungen des Menschen an die Zukunft der Arbeitswelt.

 

Sinn, Spaß und Sicherheit sind die Grundlage für Innovation und Leistung

Es ist keineswegs so, dass die junge Generation nur Sinn, Spaß und individuelle Selbstverwirklichung in ihrem Arbeitsleben anstrebt. Auch die junge Generation will eine ausreichende soziale Absicherung und muss genügend Geld verdienen. Andererseits wünschen sich auch die älteren Generationen nicht nur Sicherheit, Geld und Karriere. Auch sie wollen als Menschen wertgeschätzt werden und sich persönlich weiterentwickeln.

Menschen wollen in schlagkräftigen, interdisziplinären Teams erfolgreich sein

Die Grundlage für Zufriedenheit und Motivation am Arbeitsplatz ist eine angstfreie und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Kollegen und Führungskräften. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen mit ihren Bedürfnissen und Potenzialen wahrgenommen werden und sich angemessen einbringen können. Das gelingt, wenn die Menschen Sinn in ihrem Tun erkennen, beispielsweise durch eine Werteorientierung im Unternehmen, wie Nachhaltigkeit oder soziales Engagement über betriebliche Ziele hinaus. Motivation braucht also mehr, als Anerkennung und Feedback.

Erfahrung, Gefühl und Problemlösungskompetenz unterscheidet Menschen von Maschinen

Die Automatisierung schafft neue Rollen und neue Freiräume für die Menschen. Deshalb werden zukünftig vor allem Kompetenzen wichtig, über die nur Menschen verfügen. Für Kreativität, Prozessverständnis und Problemlösung brauchen die Menschen aber Wissen und Informationen. Führungskräfte müssen passgenau qualifizieren, um ihre Teammitglieder zu aller Zufriedenheit zu entwickeln. Wissensvermittlung sollte nicht nur über Schulungen erfolgen, sondern auch über Patenmodelle, im Tagesgeschäft und durch Einbindung in kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP).

Die Menschen sind bereit für Veränderungen – wenn man sie mitnimmt

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen bei der Transformation mitwirken und sich dabei persönlich und fachlich weiterentwickeln. Doch auch hier muss die Kultur im Unternehmen stimmen, damit Menschen Verantwortung in Veränderungsprozessen übernehmen und zu zuversichtlichen Mit-Gestaltern werden. Vertrauen gegenüber der Führungskraft und eine funktionierende Fehlerkultur sind dafür unverzichtbar, ebenso wie die Aneignung neuer Fähigkeiten: Weiterbildung und ein hierarchieübergreifendes Wissensmanagement versetzen die Menschen in die Lage, bottom-up mit zu gestalten.

Mein Fazit

Drei Punkte zogen sich wie ein roter Faden durch den gesamten Workshop. Unabhängig vom Alter sind die Anforderungen der Menschen an die Arbeit der Zukunft sehr ähnlich.

  • Die Menschen wollen wesentlich mehr Sinn, Wertschätzung und Anerkennung in der Arbeit. Dann bringen sie gerne Leistung, sind flexibel und bereit zur Veränderung. Ängste dagegen hemmen und demotivieren in jedem Alter.
  • Die Menschen wollen wahrgenommen und eingebunden werden und sie wollen sich weiterentwickeln. Der Schlüssel hierzu sind einerseits Fehlerkultur und Vertrauen, und andererseits Information, Freiraum und Weiterbildung.
  • Die Menschen brauchen sowohl Sicherheit als auch Selbstständigkeit, wenn auch in unterschiedlicher Gewichtung, abhängig vom Alter.

Diese Anforderungen der arbeitenden Menschen decken sich mit zukunftsorientierten Organisationskonzepten wie Wissensarbeit, New Work und agile Organisation.

Viele Unternehmen kümmern sich bisher intensiv um Verdienst, Karriere und Arbeitsplatzsicherheit. Die Menschen wollen jedoch auch in der Arbeit Mensch sein. Diesbezüglich scheinen aber noch Defizite zu bestehen. Bei der Frage: »Entsprechen die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen den aktuellen und zukünftigen Erwartungen der Mitarbeiter?« klebten die meisten Punkte zwischen »geht so« und »gar nicht«. Für Unternehmen bestehen also noch beträchtliche Potenziale zur Steigerung ihrer Attraktivität als Arbeitgeber im Kampf um Nachwuchs und Fachkräfte. In Einklang mit den Menschen und zukunftsorientierten Organisationskonzepten sollten Unternehmen Sinn, Spaß und persönliche Weiterentwicklung stärker in den Mittelpunkt stellen, um ihre Leistungsfähigkeit weiter zu verbessern.

Neugierig geworden? Weitere Einsteigerformate für Transformationswillige

Beim kostenfreien Tagesworkshop »Zukunft der Arbeit in der digitalen Transformation« am 19. März 2020 beleuchten wir die Rolle der Mitarbeitenden und ihrer Qualifikationen in der digitalen Welt. Vor dem Hintergrund der neuen Herausforderungen, die Märkte und Gesellschaft an die Unternehmen stellen, untersuchen wir, wie die Organisations- und Personalentwicklung trotz schwindender Planungssicherheit gelingt.

Vorreiterunternehmen des New Work laden wir zum DEEP DIVE CIRCLE »Unternehmen gemeinsam neu denken« ein. Dieser Erfahrungskreis ermöglicht den regelmäßigen Austausch mit anderen Unternehmen mit wissenschaftlich fundierter Begleitung. Das Auftakttreffen findet am 23. April 2020 statt.

In der Blogreihe »Arbeitswelt 4.0« zeige ich auf, was sich verändert, welche Handlungsmöglichkeiten für Unternehmen resultieren und worauf sie im Veränderungsprozess achten sollten. In den bisherigen Beiträgen wurden Ergebnisse aus dem Projekt »DIALOG ARBEITSWELT 4.0 IN BADEN-WÜRTTEMBERG« vorgestellt. Die Blogreihe »Arbeitswelt 4.0« wird in losen Abständen mit weiteren interessanten Themen rund um die Arbeit der Zukunft fortgesetzt.

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Axel Korge

Axel Korge hat das Institut verlassen.

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Kategorien: Advanced Systems Engineering (ASE), Digitalisierung, New Work / Connected Work
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