Als drittgrößter Wirtschaftsbereich in Deutschland beschäftigt die Logistikbranche etwa 2,8 Millionen Menschen. Die Intralogistik bildet eine Infrastruktur für den ständig wachsenden Online-Handel und stellt die zuverlässige Versorgung des produzierenden Gewerbes sicher. Doch intralogistische Unternehmen sind nicht nur Nutznießer der wachsenden Digitalisierung – sie sind auch den steigenden Flexibilitäts-, Kosten- und Qualitätsanforderungen und dem Druck durch Mitbewerber ausgesetzt.

Das Dilemma zwischen Arbeitsflexibilisierung und Fachkräftemangel

Der digitale und gesellschaftliche Wandel sowie die Transformation ganzer Industrien verlangen von der Logistik vor allem die Steigerung der betrieblichen Flexibilität. Lange Zeit gelang es durch Einstellung von Leih- und Zeitarbeitern, kurzfristige Leistungsschwankungen auszugleichen. Doch hohe körperliche Belastungen, statische Haltearbeit, weite Laufstrecken und enge Zeitvorgaben prägen immer noch die Arbeitsweise im Warenlager und verursachen gesundheitliche Beschwerden und hohe Krankenfehlstände. Angesichts dieser Arbeitsbedingungen fällt es in der Logistikbranche immer schwerer, geeignete Beschäftigte zu finden und neu einzustellen. In Zeiten des sozio-demografischen Wandels schränkt das begrenzte Arbeitskräfteangebot eine personalwirtschaftliche Flexibilisierungsstrategie immer stärker ein. Deshalb muss sich die Gestaltung intralogistischer Systeme in Zukunft stärker an den Eigenschaften, Fähigkeiten und Bedürfnissen des arbeitenden Menschen orientieren, um Beschäftigte an das Unternehmen zu binden sowie die Wahl einer Tätigkeit in der Logistik attraktiver zu machen.

Prävention als betrieblicher Erfolgsfaktor

Als Lösungsweg erweist sich eine präventive Arbeitsgestaltung, die die Gesundheit des Menschen und die betriebliche Organisation als zwei gleichberechtigte Garanten der betrieblichen Flexibilität behandelt. Hier setzt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungs- und Transferprojekt „Präventive Prinzipien und Methoden der alterns- und marktgerechten Arbeitssystemgestaltung in der Intralogistik (PREVILOG)“ an. Um Arbeitsbedingungen attraktiver und Strukturen flexibler zu machen werden wirksame Maßnahmen aus den Feldern der Ergonomie, der Organisation und der Informatisierung identifiziert, erprobt und umgesetzt. PREVILOG ergänzt betriebswirtschaftliche Zielsysteme um situationsgerechte Kriterien zur Erhaltung und Förderung des menschlichen Leistungsvermögens.

PREVILOG entwickelt integrative Lösungsansätze

In zahlreichen Analysen identifizierten die PREVILOG-Partner aus Forschung und Praxis wieder-kehrende Erfolgsmuster gesunder Arbeit: Wirksame Präventionsmaßnahmen tragen zum Nutzen von Kunden, Mitarbeitenden und Unternehmen gleichermaßen bei. Nachhaltiger Nutzen entsteht, wenn alle drei in sich wechselseitig bedingenden Zieldimensionen gleichwertig integriert werden.

Ein weiteres Erfolgsprinzip der Prävention ist die Entwicklung individueller Fähigkeitspotenziale der arbeitenden Menschen in ihren Aufgabengebieten, damit diese sich im Interesse von Mensch, Kunde bzw. Unternehmen produktiv entfalten können. Nur so tragen Mitarbeitende auf unterschiedlichen Unternehmensebenen die präventiven Anstrengungen aus Überzeugung mit.

Wir stellen Ihnen die Ergebnisse von PREVILOG vor

Im Projektverlauf zeigte sich, dass eine präventive, kunden-, mitarbeiter- und unternehmens-orientierte Arbeitsgestaltung durchaus mit der etablierten Planungssystematik der Logistik kompatibel ist: Ausgewählte Wareneingangs- und Kommissionierarbeitsplätze wurden nach ergonomischen und informatorischen Kriterien beispielhaft optimiert. Eine partizipative Einbindung der Beschäftigten in den Analyse- und Gestaltungsprozess vertiefte nicht nur deren Verständnis für die Nutzenpotenziale der Prävention, sondern erhöhte auch die Akzeptanz für konkrete Gestaltungslösungen und half, erfahrene Mitarbeitende an das Unternehmen zu binden.

Diese Prinzipien sowie viele weitere Ergebnisse aus dem Projekt stellen wir der interessierten Fachöffentlichkeit auf unserer Projektabschlussveranstaltung am 27. Juni 2019 in Stuttgart vor. Gerne laden wir Sie ein, um sich mit Praktikern und Arbeitsforschern über die menschlichen Fähigkeitspotenziale, über Herausforderungen und Lösungsansätze in der Intralogistik auszutauschen.

Förderhinweis: »PREVILOG – Präventive Prinzipien und Methoden der alterns- und marktgerechten Arbeitssystemgestaltung in der Intralogistik«. Das Projekt wird vom BMBF unter dem Kennzeichen 01FA15104 gefördert und vom Projektträger Karlsruhe PTKA fachlich betreut. Laufzeit 1. August 2016 bis 31. Juli 2019.

Martin Braun

Experte für menschliche Arbeit. Aufgrund umfassender Projekterfahrungen ist er überzeugt, dass Kreativität und Initiative erfolgskritische Faktoren in Unternehmen sind. In seinen Beiträgen gibt er Denkanstöße zum Human Factors Engineering und zeigt Erfolgsgeschichten auf.

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Kategorien: Advanced Systems Engineering (ASE)
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