Teams werden immer vielfältiger. Damit gerade ein diverses Team seine Stärken optimal entfalten kann, braucht es das, was die Psychologie »partizipative Sicherheit« nennt: eine verankerte Kultur des Vertrauens, die jedes Mitglied unterstützt und befähigt. Dieser Beitrag gibt ein paar hemdsärmlige Empfehlungen, wie in größeren Organisationen ein inklusives Arbeitsklima für produktive Teams geschaffen werden kann und wie Sie Mobbing und Diskriminierung am Arbeitsplatz vorbeugen können.

Wenn es Organisationen nicht gelingt, ein inklusives Miteinander zu gestalten, stellt sich eine informelle soziale Ordnung ein – nicht immer im Sinne der Organisation. Im schlimmsten Fall versuchen Teams sogar, Vielfalt auszugrenzen und es kommt zu Mobbing und Diskriminierung. Dieses Phänomen haben meine Kollegin Professorin Martina Schraudner, mein Kollege Dr. Jörg Müller von der Open University of Catalonia und ich anhand zahlreicher empirischer Studien in der Wissenschaft untersucht und die Ergebnisse im Buch »Diversity and Discrimination in Research Organizations« veröffentlicht. Aus den lessons learned lassen sich Handlungsempfehlungen ableiten, wie eine inklusive, partizipative und fördernde Teamkultur entwickelt werden kann:

Problemlösungsfähigkeit und Kreativität als Stärken diverser Teams

Zahlreiche Studien belegen: das, was Teams brauchen, um effektiv zu arbeiten, ist die so genannte partizipative Sicherheit. Unter partizipativer Sicherheit verstehen Psychologinnen und Psychologen, wenn Menschen das Gefühl haben, ein aktiver Teil eines Teams zu sein und das Miteinander in diesem Team als vertrauensvoll und unterstützend wahrnehmen. Je vielfältiger die Sichtweisen in einem Team werden – zum Beispiel, weil unterschiedliche Herkünfte, Ausbildungen oder Geschlechter vertreten sind – desto anspruchsvoller wird es, partizipative Sicherheit zu erreichen. Wo der common sense zwischen den Menschen in einem Team verschwindet, weil nicht mehr alle aus derselben Region kommen oder dasselbe Lebensmodell haben, muss eine inklusives Miteinander aktiv gefördert werden. Und auch das ist hinreichend belegt: wenn die Voraussetzungen stimmen, performen vielfältige Teams im Hinblick auf Herausforderungen, die Kreativität und das Erfassen, Verstehen und Bewältigen komplexer Probleme erfordern, besser als homogene Teams.

Wie eine inklusive Arbeitskultur gelingt

Eine inklusive Arbeitskultur kann nicht einfach von heute auf morgen geschaffen werden. Oft ist unklar, welche Maßnahmen sich in einem Team in welcher Weise auswirken werden. Auch gibt es nicht »die eine« Maßnahme, die zu einer inklusiven Arbeitskultur führt. Viele unterschiedliche Maßnahmen müssen ausprobiert und kontinuierlich entwickelt werden, die jeweils ein paar Prozentpunkte für mehr Inklusivität beitragen. Anstatt einzelner Maßnahmen erscheint daher ein ganzes Paket von aufeinander abgestimmten Maßnahmen sinnvoll. In der Abbildung unten sehen Sie unseren Vorschlag.

Abbildung 1: Bausteine eines kohärenten und umfassenden Programms zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien und diversitätsfreundlichen Arbeitsplatzes (Striebing et al. 2022)

Abbildung 1: Bausteine eines kohärenten und umfassenden Programms zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien und diversitätsfreundlichen Arbeitsplatzes (Striebing et al. 2022)

Wie ein gelungenes Programm zur Schaffung einer inklusiven Arbeitskultur gelingen kann, diskutieren wir ausführlicher in unserem Buch. Wichtig sind aus unserer Sicht aber folgende Grundbausteine:

  • Eine inklusive Arbeitskultur lässt sich auch wie andere Aktivitäten in konkreten Zahlen erfassen. Wer es ernst meint mit Fortschritten, braucht ein regelmäßiges Monitoring.
  • Bevor Sie konkrete Maßnahmen umsetzen, formulieren Sie Ziele, die den gewünschten Zielzustand so konkret und greifbar wie möglich beschreiben. Spezifische Ziele ermöglichen eine effektive Planung, Bewertung und Evaluation der für die Umsetzung des Programms eingesetzten personellen und finanziellen Ressourcen. Mitarbeitende brauchen keine abstrakten Vorgaben. Bestimmen Sie, was konkret für ein Verhalten erwartet wird, welche Beschwerdekanäle bei Verstößen offenstehen und welche Konsequenzen eintreten können.
  • Passen Sie alle Maßnahmen an die Rahmenbedingungen Ihrer Organisation an. Einzelne Interventionen sollten zudem an die Anforderungen und Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen angepasst werden, wie in der Wissenschaft z. B. Forschungsleitung, Nachwuchsforschende, Verwaltungspersonal und andere. Bei den Maßnahmen sollten auch organisatorische Besonderheiten berücksichtigt werden: In einer Organisation mit geringer Personalfluktuation lassen sich beispielsweise Quotenziele nur langfristig und schwerfällig erreichen.

Erfahren Sie mehr

Um mehr über die Anforderungen an Maßnahmen für eine inklusive Arbeitskultur zu erfahren, lesen Sie gern die Zusammenfassung unseres Buchs. In dem Buch finden Sie zudem eine Mischung aus Studien, die das Ausmaß von Mobbing in Diskriminierung in deutschen Forschungsorganisationen und weltweit diskutieren, die sich mit der Rolle von Führungskräften befassen und die Erfahrungsberichte von Forschenden aufarbeiten. Ihnen ist das zu trocken? Wir freuen uns, wenn Sie direkt auf uns zukommen, um mit uns zu diskutieren!

Leselinks:

Clemens Striebing

Clemens forscht am Center for Responsible Research and Innovation des Fraunhofer IAO über Organisationskulturen und Diversity in Forschungs- und Entwicklungsprozessen. Er ist überzeugt, dass es die Reibungen zwischen unterschiedlichen Sichtweisen sind, die zu sozialen Innovationen führen.

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Kategorien: New Work / Connected Work
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